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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ständig seinem Onkel um den Bart geht.«
    Marys Neugier war endgültig geweckt, und sie stellte Fragen bezüglich des jungen Mannes, die Lore so gut beantwortete, wie sie es vermochte. Dabei kam sie noch einmal auf den Vorfall auf Klingenfeld zu sprechen, als der betrunkene Verwalter auf sie geschossen hatte. »Jürgen Göde hat kaltblütig und ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben gehandelt, um Nathalia und mich zu schützen«, setzte sie wie eine Trumpfkarte hinzu.
    Mary sah sich kurz zu Nathalia um, die wie eine Amazone auf ihrem Pferd saß. »Du meinst, der junge Mann könnte mit dieser mutigen Tat das Herz unserer Freundin gewonnen haben?«
    »Ob gleich das Herz, vermag ich nicht zu sagen, aber auf jeden Fall ihre Dankbarkeit. Allerdings weiß ich nicht, ob das ausreichen wird, um Natis Interesse an Leutnant Bukow zu beenden. Wünschen würde ich es mir!«
    Da Lore den jungen Offizier nicht besonders mochte, wusste Mary nicht, ob dieser Wunsch dieser Abneigung geschuldet war oder doch einer gewissen Sympathie für Jürgen Göde. Umso gespannter war sie daher, diesen ungewöhnlichen jungen Mann kennenzulernen.

V.
    E twa auf halben Weg legten sie im Schatten eines kleinen Wäldchens eine Pause ein, um den Pferden ein wenig Erholung zu verschaffen, und rückten den Vorräten zu Leibe, die die Köchin von Steenbrook so sorgsam eingepackt hatte. Als es weiterging, schliefen Doro und Prudence auf den Schößen von Agathe und Tinke ein, während Wolfi und Jonny abwechselnd zu Drewes auf den Bock steigen und die Zügel in die Hand nehmen durften. Der Kutscher machte dies so geschickt, dass keiner der beiden sich benachteiligt fühlte und die Jungen auch nicht übermütig wurden. Zudem hielt er noch ein Auge auf Lore, die mit dem leichten Einspänner jedoch gut zurechtkam.
    Als sie schließlich auf Nehlen einfuhren, fühlte Lore sich weitaus sicherer als zu Beginn des Ausflugs. Lachend meinte sie zu Nathalia, dass sie ohne Bedenken bis nach Klingenfeld hätte weiterfahren können.
    »Das wirst du auch, allerdings erst morgen, und auch erst dann, wenn das Gut vom Feind geräumt ist. Oder meinst du, ich will noch einmal eine Kugel an mir vorbeipfeifen hören?«, antwortete Nathalia gut gelaunt und blickte dem Empfangskomitee, das eben aus der Tür trat, mit leichtem Spott entgegen.
    Rodegard von Philippstein und deren Tochter vermochten ihren Ärger, die Ankömmlinge als Gäste hier zu sehen, kaum zu verhehlen, und Leutnant Bukow, der Nathalia in Berlin engagiert den Hof gemacht hatte, blieb ebenso wie sein Vetter Gademer hinter den beiden Frauen stehen. Nur Jürgen und Grimbert von Nehlen zeigten offen ihre Freude.
    »Willkommen, Komtess, Gräfin …« Nehlen sah Mary fragend an, denn deren Kleidung wies sie als wohlhabende Bürgerliche aus. Bevor Nathalia oder Lore ihre Freundin vorstellen konnten, hörten sie aus dem Hintergrund Rodegard von Philippsteins bissige Bemerkung: »Ich würde mich schämen, mit meiner Schneiderin im selben Wagen zu sitzen, geschweige denn, diese auch noch zu kutschieren.« In ihrer Erregung hatte die Dame lauter gesprochen als beabsichtigt.
    Mary wurde blass und wollte rasch aussteigen, doch Lore hielt sie fest. Mit einem gefährlichen Lächeln wandte sie sich Rodegard von Philippstein zu. »Ah, meine Liebe, Sie sind ja immer noch hier. Dabei dachte ich, eine Dame wie Sie fühlt sich nur im pulsierenden Berlin wohl und nicht auf einer – wie nannten Sie es doch letztens? – elenden Klitsche auf dem Land!«
    Der Hieb saß. Frau von Philippstein wurde weiß vor Zorn, während Grimbert von Nehlen aussah, als wolle er seinem Vornamen alle Ehre machen und seine Verwandte auf der Stelle des Gutes verweisen.
    Rodegard versuchte zu retten, was zu retten war, und fuhr Lore erregt an. »Sie wissen genau, dass ich damit nicht den herrlichen Besitz meines lieben Onkels gemeint habe, sondern das jämmerliche Gut eines Herrn, der es gewagt hatte, sich um Gottlobine zu bewerben!«
    »Wenn das so ist, muss ich mich wohl verhört haben«, spottete Lore. »Und jetzt wünsche ich Ihnen einen guten Tag! Graf Nehlen, ich hoffe, Sie verzeihen mir meine unbedachten Worte, doch aus einem Wald schallt es nun einmal so heraus, wie hineingerufen wird.«
    »Das tut es fürwahr!«, antwortete der Gutsherr trocken und streckte Mary freundlich den Arm entgegen. »Darf ich Ihnen vom Wagen helfen?«
    Mary zögerte, doch Lore versetzte ihr einen leichten Stoß. »Du solltest dich bei Graf Nehlen bedanken. Er ist ein

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