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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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können.«
    »Ich beteilige mich übrigens auch an dieser Spendenaktion«, erklärte Nathalia lachend, »und zwar mit den Möbeln des Schlafzimmers, das in meinem Palais in Bremen für euch bereitsteht. Bis es neu eingerichtet ist, werdet ihr, du und Fridolin, wenn ihr Bremen besucht, in einem Gästezimmer oder bei Dorothea und Onkel Thomas schlafen müssen.«
    »Nati, du bist ein Schatz!« Ein Schlafzimmer schien Lore das Wichtigste zu sein. Alles andere konnte improvisiert werden. Graf Nehlen hatte ihnen versprochen, die Möbel für das Frühstückszimmer zur Verfügung zu stellen, und Kowalczyk war nach Berlin gefahren, um den Transport einiger Möbel in die Wege zu leiten, die dort nicht dringend gebraucht wurden.
    »Irgendwie bekommen wir das hin. Es wird ein lustiger Mischmasch aus verschiedensten Stilen und Zeiten werden. Doch bin ich all den Leuten, die uns nun helfen, sehr dankbar!« Lore umarmte Nathalia und forderte sie auf, weiter mit ihr das Herrenhaus zu erforschen.
    Wie Fridolin ihr erklärt hatte, waren die Räume bis auf den Gesindetrakt leer geräumt. Doch als sie die hölzerne Treppe zum Speicher hinaufstiegen, erwartete sie eine Überraschung. Hinter alten Kisten entdeckten sie mit Planen zugedeckte Möbel aus dem Barock, die offenbar schon seit vielen Jahren unberührt waren.
    »Baron Anno hat diesen staubigen Speicher wohl ebenso wenig betreten wie die halbfertigen Bauten der Fabrik«, rief Nathalia lachend und wischte sich eine Spinnwebe aus dem Gesicht.
    »Vorsicht, auf den Haaren sitzt auch noch etwas.«
    »Danke!« Nathalia versuchte, das klebrige Zeug zu entfernen, während Lore trotz der aufstiebenden Staubwolke die Planen noch weiter zurückzog und verblüfft auf die zierlichen Möbel starrte.
    »Anno von Klingenfeld kann als Kind hier nicht gespielt haben, sonst hätte er gewusst, was für ein Schatz hier verborgen ist!«
    »Auf jeden Fall kannst du die Prachträume des Herrenhauses so einrichten, wie es zu Zeiten Augusts des Starken üblich war. Das mag zwar jetzt nicht in Mode sein, aber es wird Eindruck auf die Nachbarschaft machen. Etliche haben doch gesehen, in welchem Zustand der Betrügerbaron das Gut hinterlassen hat.«
    Nathalia klang überaus zufrieden, denn zum einen besaß ihre Freundin nun Möbel, mit denen sie ihre Gäste in Staunen versetzen konnte, und zum anderen hatte Anno von Klingenfeld sich durch eigene Unachtsamkeit um eine nicht gerade geringe Summe gebracht, die ein Sammler gewiss gerne für die Barockmöbel bezahlt hätte.
    »Bevor wir die Stühle und Tische vorzeigen können, müssen sie poliert werden. Außerdem müssen wir die Polster ausklopfen lassen und nachsehen, ob sie Löcher haben. Notfalls bestellst du einen Polsterer, der sie repariert.«
    Lore entdeckte nun sogar ein großes Bett, das Platz genug für zwei bot. Es hatte einen Dachhimmel, dessen rechte Pfosten von je einer unbekleideten vergoldeten Nymphe, die linken von zwei ebenfalls nackten und vergoldeten Satyrn gekrönt wurden. Damit verfügten sie und Fridolin nun sogar über ein Ehebett. Allerdings fragte sie sich kichernd, was ihr Mann zu diesem Prachtstück sagen würde.
    Nathalia betrachtete das Bett und sah Lore dann verwundert an. »In so etwas haben die Leute damals geschlafen?«
    »Ich denke schon. Aber kannst du dir das vorstellen? Der Herr des Hauses liegt, in einen Morgenmantel gehüllt, in seinem Bett und empfängt dort seine Gäste!«
    »Das wäre aber sehr ungehörig«, stieß Nathalia in einem Ton hervor, als wäre sie selbst stets ein Vorbild an guten Manieren gewesen.
    Lore musste niesen, weil ihr der Staub in die Nase drang, und wich bis zur Treppe zurück. Von dort wies sie noch einmal auf das Bett. »Damals galt das nicht als ungehörig. Man erzählt, der französische König Ludwig IV ., den man auch den Sonnenkönig nennt, hätte vom Bett aus sein Reich regiert.«
    »Bei den vielen Mätressen, die er hatte, kann er ja auch kaum mal aus dem Bett herausgekommen sein«, antwortete Nathalia amüsiert.
    »Du verwechselst ihn mit seinem Urenkel Ludwig XV ., der nicht zu Unrecht den Beinamen ›der Vielgeliebte‹ trug. Damals empfingen aber nicht nur die Herren der Schöpfung, sondern auch die Damen ihre Gäste im Bett.«
    Kaum hatte sie es gesagt, fand Lore ihren Ausspruch doch zu anzüglich und erklärte, dass die Damen selbstverständlich mit Negligé und Morgenrock bekleidet gewesen wären und nichts Ungehöriges getan hätten.
    »Meist nicht, aber gelegentlich doch.«

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