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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Mann dazu überreden lassen. Jetzt trage ich denselben Stempel auf der Stirn wie …«
    »… ich, meinst du wohl. Damit hast du recht. Für die Gesellschaft sind wir gefallene Frauen, und man zeigt mit Fingern auf uns. Dabei geraten die wenigsten von uns von selbst auf diese Bahn, sondern fallen auf Kerle wie meinen Ehemann herein oder auf ach so feine Damen, die angeblich eine neue Zofe suchen. Für die meisten, die als Huren arbeiten, endet ihr Weg in Krankheit und Suff. Daher solltest du den Alkohol nach Möglichkeit meiden. Trinke einen Schluck, wenn die Gäste ein ganzes Glas leeren, und nippe nur am Cognac und anderen starken Getränken. Vor allem aber halte dich stets sauber und wasche dich, wenn ein Mann bei dir war, bevor du den nächsten in dein Séparée lässt.«
    Wer bin ich, dass ich diesem kleinen Miststück Ratschläge erteile?, fragte sich Hede, als sie sich reden hörte. Doch sie konnte nicht anders. Dela tat ihr leid, und da ihre Liebe zu ihrem Mann gänzlich erloschen war, fühlte sie nicht einmal mehr Eifersucht auf das junge, blühende Ding.
    »Setz dich auf den Stuhl dort. Du wirst in dieser Nacht noch nicht arbeiten. Erzähle mir alles, was in deinem Heimatdorf geschehen ist, und zwar besonders in Bezug auf Baron Anno Klingenfeld. Ich habe sagen hören, dieser Mann habe seine Gläubiger betrogen.«
    Jetzt kommt es darauf an, dachte Hede. Sagte Dela die Wahrheit, würde sie ihr helfen, doch wenn das Mädchen log, würde sie in diesem Bordell die unterste Hure in der Hierarchie bleiben.
    Dela musterte die Frau, unsicher, ob sie ihr vertrauen konnte. Sie hatte einige von Laabs Freunden kennengelernt und ahnte, dass darunter kaum einer zögern würde, sie in der Spree zu ertränken. Was war, wenn die Chefin dieses Bordells mit jenen Kerlen unter einer Decke steckte und dies alles nur ein Trick war, um herauszufinden, wie viel sie wusste? Dann aber schüttelte sie den Kopf. Diese Frau hatte den Zorn über ihren Mann nicht gespielt. Sie atmete noch einmal durch, zog sich an und begann zu erzählen.
    Ein paar Türen weiter befand sich Manfred Laabs in Gesellschaft einer Dirne, war aber mit seinen Gedanken ganz und gar nicht bei der Sache. Wie es aussah, verfolgte Ottwald von Trettin große Pläne, die diesem viel Geld bringen würden. Dafür benötigte er seinen Worten zufolge ein Zimmer in einem Bordell. Doch Hede würde das wohl nicht zulassen, dachte er. Dieses Hindernis machte ihn so wütend, dass er einen Fluch ausstieß.
    Die Hure unter ihm zuckte erschrocken zusammen. »Was ist los?«
    »Nichts!«, gab Laabs zur Antwort und beschloss, sich diesmal durchzusetzen. Immerhin war er Hedes Ehemann, und sie hatte zu tun, was er wollte.

XIV.
    L ore betrachtete das Zimmer mit einer Miene, die zwischen Lachen und Entsetzen schwankte. »Hast du so etwas schon gesehen, Nati? Anno von Klingenfeld hat buchstäblich alles verkauft, was er irgendwie zu Geld machen konnte. Ich glaube, wenn er für den Fußboden etwas bekommen hätte, lägen die Dielen ebenfalls nicht mehr hier.«
    »Du musst das Ganze positiv sehen. Nun kannst du das Herrenhaus so einrichten, wie es dir gefällt«, versuchte Nathalia ihre Freundin aufzurichten.
    »Es wird unendlich lange dauern, bis wir das Geld dafür haben. Fridolin muss alles in die Fabrik stecken, und da bleibt für Möbel kaum etwas übrig.«
    Lore überlegte, ob sie ihren Mann nicht wenigstens um ein paar hundert Mark bitten sollte, verneinte es aber sofort. Fridolins Situation – und damit auch die ihre – glich derzeit einem Tanz auf einer scharfen Klinge. Er würde die Fabrik nur dann fertigstellen können, wenn sie eisern sparten. Und selbst dann würde es mindestens ein, zwei Jahre dauern, bis diese genug Gewinn abwarf, um an andere Ausgaben denken zu können.
    »Jetzt gib dich keinen trüben Gedanken hin. Es hätte ja noch weitaus schlimmer kommen können. Stell dir vor, Baron Anno hätte die für die Fabrik geplanten Maschinen auch noch zu Geld gemacht! Aber zum Glück hat er an die nicht gedacht. Vielleicht war er nie drüben auf der Baustelle und wusste gar nichts von dem Schatz, der dort zu finden ist.«
    Nathalia kicherte, denn durch sein Desinteresse an den Vorgängen auf dem Gut hatte der betrügerische Baron Fridolin Investitionen erspart, die in die Zehntausende gegangen wären.
    Lores Laune hob sich. »Du hast recht, Nati! Wir wollen nicht klagen. Außerdem haben uns die Nachbarn Möbel versprochen, mit denen wir die wichtigsten Räume einrichten

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