Juliregen
frisches Gesicht um sich sieht, habe ich gedacht, Dela wäre gerade richtig für ihn. Er verlangt ja nie etwas Ungewöhnliches von seinen Mädchen, und das, was er erwartet, kann sie gut.«
Hilma zwinkerte Dela zu und verriet Hede damit, dass die beiden sich bereits angefreundet hatten. Das war gut für den Frieden in ihrem Bordell, doch die Erwähnung des Namens Grünfelder erinnerte sie wieder an den falschen Schmuck, mit dem Klingenfeld den Bankier betrogen hatte, und Fridolins Fragen. Jetzt lebte das Mädchen bereits seit Tagen in ihrem Haus, und sie wagte immer noch nicht, dies ihrem Freund zu bekennen.
Hilma durchbrach ihren Gedankengang. »Verzeihen Sie, Madame, aber Ihr Ehemann hat vor seiner Abreise davon gesprochen, dass er bei seiner Rückkehr einen Raum in der ersten Etage benötigt, weil er dort Fotografien anfertigen lassen will. Einige von uns glauben, er will Nacktbilder machen, und sie möchten auf keinen Fall, dass jeder, der die paar Mark übrig hat, sie ohne Kleider sehen kann. Ihnen geht es auch um die Herren, die als Stammkunden zu uns kommen. Diese würde es gewiss nicht freuen, wenn jeder Lümmel den Anblick, für den sie teuer bezahlen müssen, für ein paar Groschen kaufen kann.«
Hede sah Hilma verwundert an. »Mein Mann will Fotografien machen lassen? Davon weiß ich nichts.«
»Es ist ihm vorgestern herausgerutscht und war ihm sichtlich peinlich. Er hat mich und Dela beschworen, nichts zu sagen, aber es haben auch andere Mädchen gehört, und seitdem sind wir in Sorge.«
»Das braucht ihr nicht zu sein. Keine von euch wird gezwungen, sich nackt fotografieren zu lassen, es sei denn, sie will es selbst, um die Bilder ihren Stammkunden zu schenken.«
Da einige Herren dies wünschten, ließ Hede von Zeit zu Zeit einen Fotografen kommen, der bereit war, solche Aufnahmen zu machen. Es empörte sie jedoch, dass ihr Mann das Gleiche vorhatte, ohne mit ihr darüber gesprochen zu haben.
»Ich werde es nicht zulassen«, setzte sie leise hinzu und sah ein weiteres Problem vor sich, denn wenn sie ihrem Mann die Sache verbot, würde es mit Sicherheit wieder zum Streit kommen. Mit einer müden Bewegung wandte sie sich ab. »Wenn etwas ist – ich bin in meinem Büro.«
Kaum hatte Hede den Salon verlassen, reckte Dela sich und sah ihre Kollegin fragend an. »Rendlinger und Grünfelder kommen doch erst später. Da hätten wir uns vorher schon noch ein wenig Geld verdienen können. In dem Puff, in dem ich war, hätte die Chefin es nicht geduldet, dass zwei Mädchen nutzlos herumsitzen.«
»Darum ist das dort auch, wie du richtig sagtest, ein Puff und unser
Le Plaisir
ein Edelbordell. Hier geht es nicht darum, möglichst viele Kerle in möglichst kurzer Zeit zu befriedigen, sondern ausgesuchten Gästen zu Willen zu sein. Der Bankier von Grünfelder zum Beispiel ekelt sich davor, wenn er bei einem Mädchen riecht, dass es gerade von einem anderen Mann gekommen ist. Aus diesem Grund besteht Madame darauf, dass wir uns ausgiebig waschen und stets Parfüm auftragen. Außerdem …« Hilma setzte die Lektion noch eine ganze Weile fort, bis draußen ein Wagen anhielt und die beiden Herren erschienen.
II.
A nton öffnete Rendlinger und Grünfelder die Tür und deutete einen militärischen Gruß an, obwohl die beiden Herren während ihrer Dienstzeit bei der Armee nicht über den Stand eines gemeinen Soldaten hinausgekommen waren. Mittlerweile konnten sie über die Offiziere lachen, die zumeist mit ihrem kargen Sold nicht auskamen. Ihr eigener Reichtum bot ihnen im neuen Deutschen Reich mehr Möglichkeiten als jenen Herren mit alten adeligen Namen, welche nicht durch ein nennenswertes Vermögen unterfüttert waren.
Dieses Selbstbewusstsein strahlte Rendlinger aus, als er ins
Le Plaisir
trat. Sein Blick glitt über Anton hinweg wie über einen Gegenstand, der zwar dazugehört, aber den man selbst nicht mehr wahrnimmt. Als er in den Empfangssalon kam, krauste sich seine Stirn, da er nur die beiden Mädchen sah. Bevor er jedoch seinen Unmut äußern konnte, knickste Hilma vor ihm und gönnte ihm einen tiefen Einblick in ihr Dekolleté.
»Willkommen, Herr Baron. Ich habe bereits alles für Sie vorbereitet. Wenn Sie mir bitte folgen wollen!«
Rendlinger sträubte sein Gefieder, als er das hörte. »Warum glaubst du, dass ich dich auswählen würde? Ich kann mir jede Hure in diesem Bordell leisten. Wenn es sein muss, auch alle zusammen!«
»Wenn Sie das wünschen, werde ich Madame sagen, dass sie dies in
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