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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Auch wenn sie eine Hure war, wirkte sie doch auf eine seltsame Weise unschuldig.
    »Wie bist du hierhergekommen?«, wollte Grünfelder wissen.
    Dela hätte nun alle möglichen Ausreden anbieten können, doch sie beschloss, sich möglichst nahe an der Wahrheit zu halten. »Ich bin die Tochter guter Bauersleute und habe gelegentlich auf einem Gut ausgeholfen. Einer der Gäste, die dort verkehrten, machte sich an mich heran, und ich Närrin glaubte ihm, als er sagte, er würde mich in die Stadt mitnehmen und dort heiraten.«
    »Und das hat er nicht getan.«
    »Natürlich nicht, sonst wäre ich nicht hier. Ich wusste nicht, dass er dumme junge Mädchen für Berliner Bordelle suchte und mich deswegen dazu überredet hat, mit ihm zu kommen. Hier hat er mich in einem angeblichen Gasthof untergebracht, der sich später als Bordell entpuppte, mich betrunken gemacht und dann an die anwesenden Gäste verkauft.«
    »So ein Schuft!«, stieß Grünfelder hervor.
    »Ich weiß nicht, wie viele Männer an jenem Abend dafür bezahlt haben, um mit mir Verkehr zu haben. Doch als ich am nächsten Tag mit schwerem Kopf erwachte, befand ich mich im Puff, und die Chefin erklärte, ich hätte für sie anzuschaffen, da sie mich für eine hübsche Prämie von meinem feinen Galan abgekauft hätte. Ich war verzweifelt und wusste nicht, was ich tun sollte. Meine Papiere hatte man mir genauso weggenommen wie meine Kleider, so dass ich nur ein Flitterkleid besaß, das nicht einmal den Busen verhüllte. So konnte ich wirklich nicht auf die Straße hinaus. Außerdem gab es da den Türhüter, einen früheren Preisboxer, den die Chefin rief, wenn sie sich über eines der Mädchen geärgert hatte. Was der Kerl mit denen gemacht hat, kann ich nicht genau sagen, da es hinter verschlossenen Türen geschah. Doch wenn die Mädchen zurückkamen, waren sie kleinlaut und gehorchten von da an aufs Wort. Es war schrecklich!«
    Dela fasste Grünfelders Arm, als müsse sie sich daran festhalten, und bekannte, dass sie nach drei Wochen in diesem Bordell beschlossen hätte, eher ihrem Leben ein Ende zu setzen, als weiterhin dort tätig zu sein.
    »Bevor ich das aber tun konnte, hat meine Chefin mich wegen irgendwelcher Schulden an die Besitzerin des
Le Plaisir
weitergereicht, und die ist gut zu uns Mädchen, sofern wir sie nicht verärgern. Wir haben das Recht, einen Kunden zurückzuweisen, wenn wir uns vor ihm ekeln. Sie schlägt uns auch nicht, wenn wir ein Glas Wein verschütten oder …«
    »Ein Glas Wein wäre eine gute Idee«, unterbrach Grünfelder sie, fasziniert von der noch immer vorhandenen ländlichen Unschuld und dem ländlich-derben Vokabular des Mädchens. Dazu war Dela ausnehmend hübsch und erinnerte ihn an Lenka, das erste Mädchen, das er hier im
Le Plaisir
kennengelernt hatte.
    »Verzeihen Sie, daran hätte ich gleich denken sollen!« Dela wollte aufspringen, doch der Bankier hielt sie auf.
    »Ich würde den Wein gerne in einem intimeren Rahmen genießen. Du hast doch gewiss ein eigenes Séparée?«
    Dela nickte verschämt. »Das schon, nur habe ich es bis jetzt noch nicht benützen müssen, da Madame mir Zeit geben wollte, mich hier einzuleben.«
    »Du warst also heute noch mit keinem Mann zusammen?« Grünfelder klang erwartungsvoll.
    Dela machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich war die ganze Woche noch nicht mit einem Mann zusammen. Wie ich schon sagte, wollte Madame mir Zeit geben, mich einzugewöhnen und zu lernen. Wissen Sie, für so ein vornehmes Haus wie das
Le Plaisir
bin ich noch ein wenig zu bäuerlich und soll daher etwas mehr Schliff bekommen.«
    »Ich finde dich entzückend, so wie du bist!«, rief Grünfelder aus.
    Anders als Rendlinger erwartete er im
Le Plaisir
keine exotischen Genüsse, sondern eine junge Frau, bei der er sich als Mann beweisen konnte, seit die eheliche Gemeinschaft mit seiner Frau Juliane an der Tür ihres Schlafzimmers endete.
    »Es freut mich, dass ich Ihnen gefalle, Herr von Grünfelder. Sie sind nämlich ein besonders erlesener Kunde unseres Etabli…bli…«
    »Etablissements«, half der Bankier aus.
    »Ja, genau das wollte ich sagen!« Dela strahlte ihn so dankbar an, dass ihm schier das Herz aufging.
    »Wollten wir nicht Wein trinken?«, fragte er lächelnd.
    »Aber natürlich! Entschuldigung, ich kenne mich noch nicht so gut aus. Kommen Sie bitte mit.« Dela fasste nach Grünfelders Hand und führte ihn in eines der kleinen Séparées, in denen neben dem Bett nur ein kleines Tischchen und ein Stuhl

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