Juliregen
den Schmuck kopiert, doch um die echten Stücke durch Falsifikate ersetzen zu können, brauchte Anno von Klingenfeld weitere Helfer. Ich wüsste gerne deren Namen und wo ich sie finde.«
»Wenn ich Ihnen das sage, bringen die Kerle mich um«, rief der Juwelier entsetzt.
»Ich muss ihnen ja nicht auf die Nase binden, woher ich die Informationen habe.« Es war ein Spiel, bei dem es darum ging, wer über die besseren Nerven verfügte. Maruhn hatte es schon einige Male mit Gaunern gespielt und meist gewonnen.
Auch diesmal knickte sein Gegenüber ein. »Es waren drei. Einer ist der Hehler Rudi Pielke, der in einem Hinterzimmer der Gaststätte Roter Ochse sein Quartier aufgeschlagen hat. Er soll irgendwo in der Stadt eine Lagerhalle besitzen, doch wo die liegt, weiß ich nicht.«
»Pielke also! Ich glaube, den Namen habe ich schon gehört«, sagte Maruhn nachdenklich. »Und die anderen?«
»Von einem weiß ich den Namen nicht. Es handelt sich um einen Droschkenkutscher, der für Pielke oft Fahrten unternimmt. Dieser hat Klingenfeld auch geholfen, den Schmuck zu vertauschen. Der Dritte ist ein Einsteigdieb, der Maxe genannt wird.« Der Juwelier schwieg und fügte nach einer Weile hinzu: »Ach ja, einen Mann kann ich Ihnen noch nennen. Es handelt sich um einen Zuhälter, der ebenfalls krumme Geschäfte mit Pielke macht. Er heißt Manfred Laabs und ist der Besitzer des Bordells
Le Plaisir.
«
So ganz kann das nicht der Wahrheit entsprechen, dachte Maruhn, denn das
Le Plaisir
gehörte einer Frau. Der Name Laabs stimmte jedoch. Handelte es sich etwa um den Ehemann der Besitzerin, die er vor kurzem aufgesucht hatte? Er stellte noch ein paar Fragen, merkte aber rasch, dass der Schnauzbärtige nicht mehr wusste, als er bereits gesagt hatte.
Nun begann der Juwelier zu betteln. »Sie versprechen mir doch, mich nicht der Polizei zu verraten?«
»Ich habe bekommen, was ich wollte, und habe kein weiteres Interesse an Ihnen. Daher kann ich es versprechen.« Es fiel Maruhn nicht leicht, das zu sagen.
Doch wenn er die Polizei in die Sache hineinzog, würde diese den Schmuck beschlagnahmen, und ob Grünfelder dann je sein Geld sah, erschien ihm fraglich. Außerdem, so sagte er sich, war der Juwelier noch lange nicht aus dem Schneider. Sobald Rudi Pielke oder dessen Kumpan Maxe gefasst wurden, würden sie den Namen des Mannes preisgeben.
Mit dieser Überlegung verabschiedete er sich und war froh, als er kurz darauf in einem Pferdeomnibus saß, der ihn nach Hause brachte.
XI.
W ährend Dirk Maruhn der Spur des Schmucks folgte, betrat die Frau, die ihm im Pferdeomnibus aufgefallen war, das Haus in der Palisadenstraße. Das alte Dienstmädchen der Besitzerin ließ sie ein und musterte sie tadelnd. »Sie hätten uns Ihre Ankunft telegrafisch mitteilen sollen, Fräulein Philomena!«
»Das habe ich aus gutem Grund vermieden«, antwortete Philomena in bitterem Tonfall. »Ich wollte nicht, dass die Klampt-Sippe zu früh von meiner Ankunft erfährt. Jetzt führe mich zu meiner Großtante, und zwar so, dass weder dieser unsägliche Gerhard Klampt noch seine ebenso unerträglichen weiblichen Anverwandten mich sehen.«
»Dazu müssen wir das hintere Treppenhaus benutzen. Dessen Tür ist auf der Etage, in der die Familie Klampt untergebracht ist, abgeschlossen.« Das alte Dienstmädchen wandte sich um und wackelte Philomena voraus. Diese folgte ihr mit einem Gesichtsausdruck, als stünde ihr ein Besuch in Luzifers persönlichen Gemächern bevor.
Die Hausherrin wohnte im dritten Stock, und den Aufstieg über die steilen, ausgetretenen Stufen, die früher von einem vielköpfigen Personal benutzt worden waren, vermochte das Dienstmädchen nur mit Mühe zu bewältigen. Der Besucherin ging es zu langsam, und sie erwog schon, die Alte zu überholen und sich selbst bei ihrer Verwandten anzumelden. Da sie jedoch deren Ansichten über einzuhaltende Umgangsformen kannte, bezähmte sie sich und wartete, bis die Greisin schwer atmend den oberen Treppenabsatz erreicht hatte und einen Augenblick nach Atem rang.
Immer noch keuchend führte die Alte sie zum Zimmer ihrer Herrin und öffnete die Tür. »Ihre Großnichte Philomena ist erschienen, gnädige Frau!«
Die Besucherin trat ein. Friederike Fabarius saß, ganz in Schwarz gehüllt, in einem wuchtigen Lehnsessel. Da die Vorhänge zugezogen waren, wirkte sie mit ihrem bleichen Gesicht, über dem ein altmodischer Hut thronte, und einem voluminösen Kleid, welches einer längst entschwundenen Epoche
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