Juliregen
lagen billige Ringe und einfache Halsketten.
Als er das Geschäft betrat, sah er sich einem kleinen Männchen gegenüber, das ihn mit kurzsichtigen Augen anblinzelte. »Der Herr wünschen?«
In dem Augenblick beschloss Maruhn, Frida ein kleines Schmuckstück zu kaufen. Er sah sich um, entdeckte eine Brosche, die ihr gefallen konnte, und zeigte darauf. »Wie viel kostet die?«
»Fünf Mark.«
»Ich nehme sie!« Während Maruhn bezahlte, schämte er sich ein wenig, denn das Ding war wirklich nichts Besonderes. Gerne hätte er Frida ein wertvolleres Schmuckstück geschenkt, doch dazu bedurfte er der Belohnung, die der Bankier Grünfelder ihm versprochen, aber noch nicht ausgezahlt hatte.
»Können Sie mir eine Rechnung ausstellen?«, forderte er den Ladenbesitzer auf, da ihm dies als die beste Möglichkeit erschien, herauszufinden, ob der ominöse Rechnungsfetzen von hier stammte oder nicht. Dies war jedoch nicht der Fall, denn die Rechnung, die der Juwelier auf einen bereits vergilbten Block schrieb, sah anders aus als das Fragment in seiner Tasche.
Damit hieß es für ihn weitersuchen. Da der nächste Juwelier in erreichbarer Nähe lag, verzichtete er darauf, einen Pferdebus oder eine Pferdetrambahn zu benutzen, und ging zu Fuß. Allerdings tat ihm das verkrüppelte Bein bereits höllisch weh, als er den zweiten Laden betrat. Drinnen musste er nicht einmal nach einer Rechnung fragen, denn der Block lag offen auf dem Ladentisch, und er sah auf Anhieb, dass dies nicht das Geschäft sein konnte, das er suchte. Um sein Kommen zu rechtfertigen, fragte er nach einer Taschenuhr und wurde von dem Besitzer belehrt, dass solche hier nicht geführt würden.
Der letzte Laden lag in einer nicht besonders gut beleumundeten Straße, und im Schaufenster lagen nur einige billige, schon recht verstaubte Schmuckstücke, von denen Maruhn niemals eines für Frida gekauft hätte. Als er eintrat, fand er seinen ersten Eindruck bestätigt. Es gab keine richtige Auslage, sondern lediglich ein Regal an der Wand sowie einen alten Schreibtisch, der als Theke diente. Daran saß ein Mann mit einem traurig herabhängenden Schnauzbart und bearbeitete den mit Rubinen und Perlen besetzten Anhänger einer Kette, der ganz im Gegensatz zu dem Plunder stand, den Maruhn sonst im Laden entdeckte. Das Schmuckstück glich überdies einem der Falsifikate, die Baron Klingenfeld Grünfelder und den anderen Bankiers untergeschoben hatte.
Maruhn spürte, dass er kurz vor der Auflösung des Rätsels stand, und streckte sich, um den Rechnungsblock, der ganz hinten im Regal lag, betrachten zu können. Tatsächlich war es genau der, von dem die Rechnung stammen musste, die ihn hierhergeführt hatte.
Da der Mann hinter dem Tisch sich nicht in seiner Arbeit stören ließ, räusperte sich Maruhn und sprach ihn an. »Sind Sie der Besitzer dieses Ladens?«
»Ja«, klang es einsilbig zurück.
»Darf ich das Schmuckstück, an dem Sie gerade arbeiten, mal sehen?«, fragte Maruhn weiter.
»Wie käme ich dazu?« Der Schnauzbart wollte das Stück in ein Schubfach legen, doch da hielt der Detektiv ihm seine Visitenkarte vor die Nase. »Der Bankier von Grünfelder hat mich beauftragt, den Schmuck aufzutreiben, den Baron Anno Klingenfeld durch Imitate ersetzt hat. Entweder Sie reden mit mir, oder ich hole die Polizei!«
»Ich habe nichts Unrechtes getan!«, rief der Juwelier etwas zu rasch und zu laut.
»Sie haben den Schmuck für Klingenfeld kopiert«, stellte der Detektiv fest.
Der andere schüttelte den Kopf. »Natürlich habe ich das nicht getan!«
»Mit Lügen sollten Sie mir nicht kommen. Ich müsste sonst doch die Polizei einschalten.« Maruhn lächelte freundlich und nahm ihm das Schmuckstück aus der Hand. »Sie haben den Anhänger zwar verändert. Dennoch ist er gut zu identifizieren.«
Während er dies sagte, wurde ihm bewusst, dass er tatsächlich ein echtes Schmuckstück aus dem Besitz des Baron von Klingenfeld in den Händen hielt, auch wenn er dies noch nicht ganz begriff. Denn seines Wissens war Anno von Klingenfeld mit der
Aller
nach New York aufgebrochen und hatte sein gesamtes ergaunertes Geld und auch die Preziosen mitgenommen. Doch das Ding hier ließ vermuten, dass der Betrüger selbst betrogen worden war. Auch dieses Rätsel wollte Maruhn lösen.
Im Gesicht des Juweliers mischten sich Wut und Angst, und er versuchte vorsichtig, ein Schubfach mit dem Fuß zuzuschieben.
Maruhn bemerkte es, packte den Mann und zog ihn von dem Schubfach weg.
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