Juliregen
zusammen mit dem Titel des Grafen Nehlen auf meinen dritten Großneffen Jürgen über, dem ich mitteilen kann, dass Großherzog Peter II . von Oldenburg meinem Wunsch entsprochen hat, ihn in den Stand eines Barons Göde zu erheben. Diesen Titel wird er tragen, bis er den meinen nach meinem Ableben erbt!«
Es war, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Die Gäste riefen durcheinander, während Jürgen auf seinem Stuhl saß, als begreife er weder die Worte seines Großonkels noch die Glückwünsche Lores, Dorotheas und Fridolins. Vorne aber kreischte Gottlobine von Philippstein ihre Enttäuschung lauthals heraus.
Ihre Mutter fuhr Graf Nehlen mit zornroter Miene an. »Das soll wohl ein Scherz sein?«
Der alte Herr schüttelte den Kopf. »Es ist mein Ernst!«
»Sie haben uns alle zum Narren gehalten! Oh mein armes Kind! Wir bleiben keine Minute länger in diesem Haus!« Frau von Philippsteins Stimme wurde bei jedem Wort lauter, und zu guter Letzt übertönte sie sogar das Weinen und Jammern ihrer Tochter.
»Wenn Sie es wünschen, lasse ich einspannen und Sie zum Bahnhof bringen«, bot Graf Nehlen ihr ungerührt an.
»Ich wollte, wir wären schon dort«, stieß Frau Rodegard hervor und fasste nach Gottlobines Arm. »Komm, mein Kind, wir verlassen diesen Ort, an dem wir so betrogen worden sind.«
»Betrogen habt ihr beide euch höchstens selbst«, kommentierte Graf Nehlen trocken und forderte seine Gäste auf, wieder Platz zu nehmen.
»Dies gilt auch für euch beide!«, sagte er zu Gademer und Bukow, die so aussahen, als wollten sie dem Beispiel der Damen Philippstein folgen.
Die beiden setzten sich wieder, zogen jedoch Gesichter, als hätte man ihnen statt Wein Jauche in die Gläser gefüllt. Nehlen betrachtete sie über den Rand seines Glases hinweg, gab aber keinen Kommentar mehr ab, bis Rodegard von Philippstein samt ihrer Tochter ohne Abschied das Haus verlassen hatten.
Als draußen die Peitsche des Kutschers aufklang, lachte der alte Herr wie befreit auf. »Die sind wir los! Euch beiden sollte das eine Lehre sein, nicht auf berechnende Weiber hereinzufallen. Rodegard und Gottlobine wollten nur Gut Nehlen heiraten. Ihr habt ja gesehen, wie wenig sie euch beachtet haben, nachdem ich meine Entscheidung bekanntgegeben habe.«
Gademer, der nicht wusste, ob ihn Gottlobines Verhalten mehr ärgern sollte als der Verlust des Erbes, nickte seufzend. »Da haben Sie recht, Oheim.«
»Ich werde wohl meinen Urlaub beenden und zu meinem Regiment zurückkehren.« Leutnant von Bukow vermochte seine Enttäuschung nicht zu verbergen, auch wenn er sich zuletzt kaum noch Chancen ausgerechnet hatte. Doch es war etwas anderes, gegen einen ausgezeichneten Landwirt wie Gademer zu verlieren als gegen einen krassen Außenseiter wie Jürgen.
»Ich werde Nehlen ebenfalls verlassen«, meldete sich Gademer mit knirschender Stimme. Für ihn war es weitaus schlimmer als für Bukow, der wieder in seine Kaserne einrücken konnte, denn im Vorgefühl seines sicheren Sieges hatte er seinen gutdotierten Posten bei Großherzog Peter II . aufgegeben und würde mitten im Jahr nichts Vergleichbares mehr finden.
Dies war Graf Nehlen ebenfalls klar, und so hob er die Hand. »Ich habe euch beiden noch etwas zu sagen. Es war nicht meine Absicht, euch hierherzuholen und dann ohne Dank wieder davonzujagen. Das hätte ich nur getan, wenn sich einer von euch als unehrlich erwiesen hätte. Doch das seid ihr nicht. Im Grunde halte ich euch für prächtige Burschen und will es euch im Leben leichter machen. Daher wirst du, Edgar, eine Summe erhalten, die es dir zusammen mit deinen eigenen Ersparnissen ermöglicht, dich um die Erbin eines passenden Landguts zu bewerben. Ich werde dir dabei helfen, die Richtige zu finden.«
Gademer atmete sichtlich auf, und der Leutnant wirkte auf einmal sehr interessiert.
»Für dich, Adolar, habe ich für die gleiche Summe, die dein Vetter erhält, Staatsanleihen erstanden, die dir jedes Jahr einen hübschen Gewinn einbringen werden, so dass du als Offizier nicht auf deinen Sold angewiesen bist. Du wirst sogar in der Lage sein, eine Familie zu ernähren. Heirate aber kein Mädchen wie Gottlobine von Philippstein, die ihren Vornamen wahrlich nicht verdient. Raffzahnine wäre passender für sie, doch dieser Name gebührt bereits ihrer Mutter.«
Graf Nehlen lachte und reichte den beiden jungen Männern nacheinander die Hand. Diese ergriffen sie und drückten sie erleichtert. Auch wenn keiner von ihnen der neue Herr auf
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