Juliregen
arrangieren. Dieses Angebot kann sie nicht ablehnen.«
»Ich freue mich darauf, deine Mutter und deine Schwestern kennenzulernen«, warf Nathalia ein.
Ihre Augen glitzerten, und Lore begriff, dass ihre Freundin Jürgens weibliche Verwandte wahrscheinlich bald ebenso tyrannisieren würde wie diesen selbst. Doch wusste sie auch, dies würde so liebevoll geschehen, dass ihre neuen Familienangehörigen sie dennoch lieben würden – falls sie es überhaupt bemerkten.
Mit einem erleichterten Seufzer drehte Lore sich zu Fridolin um. »Was bin ich froh, Nathalia so gut unter die Haube gebracht zu haben.«
An seiner Stelle antwortete Dorothea. »Da kann ich dir nur zustimmen, meine Liebe! Wie oft habe ich befürchtet, Nati könnte einen für uns völlig inakzeptablen Ehemann wählen. Doch zum Glück hatte sie nicht weniger Verstand als du damals, als ich dir und Fridolin die Heirat angeraten habe. Ich hoffe, die beiden werden ebenso glücklich wie ihr beide oder wie Thomas und ich.«
»Das wünsche ich Nati auch!« Lore spürte, dass ihr ebenfalls die Augen feucht wurden, und nahm rasch ein Glas Champagner, um ihre Rührung zu verbergen.
IV.
H ede ließ den Blick durch den Empfangssalon des
Le Plaisir
schweifen und seufzte. Ganz so leicht, wie sie es sich vorgestellt hatte, fiel ihr der Abschied nun doch nicht. Fast siebzehn Jahre lang hatte sie dieses Bordell geführt und dabei angenehme und weniger angenehme Stunden erlebt. Diese Zeit war nun mit einem Schlag vorbei. Selbst in ihren Papieren gab es sie nicht mehr. Hochrangige Gönner hatten dafür gesorgt, dass sämtliche Akteneinträge, die ihr Gewerbe betrafen, gelöscht oder so abgefasst worden waren, als beträfen sie eine andere Frau. Ihr war bewusst, dass dies nicht nur eine Gefälligkeitsleistung war. Die Herren wollten vorsorgen, dass sie nicht irgendwann über deren Besuche im
Le Plaisir
und ihre speziellen Vorlieben berichten konnte. Da sie offiziell kein Bordell besessen hatte, war man nun in der Lage, Äußerungen dieser Art als üble Verleumdungen abzutun.
Das war Hede gleichgültig, denn sie hatte nicht vor, in der Vergangenheit herumzurühren. Solange das
Le Plaisir
ihr Eigentum gewesen war, hatte sie es mit äußerster Diskretion geführt, und davon würde sie auch jetzt nicht abgehen. Immerhin war sie selbst nur mit viel Glück den Nachstellungen der Behörden entgangen. Da die Entführung von Lore, Nathalia und Dorothea nicht angezeigt worden war, wäre auch ihr Mann einer Strafverfolgung entgangen. Laabs hätte sogar aus dem Klingenfeld-Betrug mit halbwegs heiler Haut davonkommen können, denn Rudi Pielke und dessen Kumpane Maxe und Klaas hatten ihren Anteil daran kleingeredet und die gesamte Schuld Baron Anno in die Schuhe geschoben. Dies hatte ihnen zwar nicht geholfen, denn sie waren wegen etlicher anderer Delikte zu vielen Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Der Name Manfred Laabs aber war nicht gefallen.
Um ihres Sohnes willen war Hede froh darüber, denn nun konnte Fritz unbelastet von der Schuld des Vaters aufwachsen. Bei dem Gedanken lächelte sie, und mit einem Mal fiel ihr der Abschied leichter. Sie nickte den Mädchen zu, die, von Dela beaufsichtigt, zu dieser Morgenstunde sauber machten. Die junge Frau war nun eine der beiden neuen Prinzipalinnen des
Le Plaisir.
Die andere war Hilma, die jedoch noch in jenem Zimmer im ersten Obergeschoss weilte, das bei Lores und Nathalias Entführung eine unheilvolle Rolle gespielt hatte. Baron Rendlinger war bei ihr und kostete sein Privileg, einer der heimlichen Eigentümer des Bordells zu sein, weidlich aus. Auch August von Grünfelder hatte einen stattlichen Betrag eingesetzt, um Dela ganz für sich allein zu haben.
Hede war mit der Abstandssumme, die man ihr bezahlt hatte, hochzufrieden, denn die beiden Herren hatten sich großzügig gezeigt. Auch wollten sie die Renovierung des
Le Plaisir
nach ihren eigenen Vorstellungen finanzieren. Hede fand ihre Pläne ebenso schwülstig und pompös wie die Bronzestatue einer nackten Frau, die Rendlinger am Vorabend in den Empfangssalon hatte stellen lassen. Doch so war nun einmal die neue Zeit, die in Deutschland Einzug gehalten hatte.
Naserümpfend warf Hede einen letzten Blick auf die kitschige Statue und durchquerte den Saal so schnell, als befände sie sich auf der Flucht. Im Flur blieb sie stehen. »Ich wünsche euch allen Glück«, rief sie Dela und den putzenden Mädchen zu.
»Wir dir auch!«, antwortete die neue Mitbesitzerin des
Le Plaisir
und
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