Juliregen
produzieren. Ich habe genug Abnehmer gefunden, um sie noch weiter ausbauen zu können. Wir werden bald reich sein, meine Liebe, und können dann sogar über einen Rendlinger lächeln.«
»Ich glaube nicht, dass du das tust. Der Mann mag ein Emporkömmling sein, doch er hat ein Firmenimperium geschaffen.«
»Da hast du recht! Im Grunde sind mir Männer vom Schlage Rendlingers lieber als all die Herren von Adel, deren Verstand nicht über ihre Pferde hinausreicht. Nun aber kommt! Ihr wolltet doch aufbrechen.«
Etwas stimmte nicht mit Fridolin, das spürte Lore deutlich. Doch als sie weiter in ihn zu dringen versuchte, hob er beschwichtigend die Hand. »Wir werden später darüber reden, meine Liebe. Mach dir keine Sorgen, es ist nichts Schlimmes, zumindest nicht für uns.«
Damit musste Lore sich vorerst zufriedengeben.
Ihr Landauer war das erste Gespann, das sich auf den Weg nach Nehlen machte. Nathalia, Dorothea und Jürgen saßen im zweiten Wagen, der von Drewes gefahren wurde. In der dritten Karosse saßen Lores Zofe Nele, Nathalias Zofe Christa und Krysztof Kowalczyk, einstiger Wachtmeister bei den Ulanen und nun Fridolins Kammerdiener. Gerne hätte Lore auch Mary und Konrad bei sich gehabt, doch Erstere befand sich wieder in Berlin, und Konrad war in Fridolins Auftrag auf Reisen.
Nachdem Lore mehrmals vergeblich versucht hatte, ein unverfängliches Gespräch zu beginnen, unternahm sie doch noch einen Versuch, Fridolin zum Reden zu bringen. »Willst du mir nicht endlich sagen, was dich bedrückt?«
Er atmete tief durch. »Also gut! Ich erzähle es dir, sonst fragst du mir bis Nehlen noch Löcher in den Bauch. Als ich vorgestern in Berlin war, lag ein amtliches Schreiben für mich vor. Es ging um Ottwald von Trettin.«
Lore fasste sich erschrocken ans Herz. »Mein Gott!«
»Keine Angst! Ottwald kann uns nichts mehr anhaben. Er ist in jener Julinacht, in der du und Herr Göde Nathalia befreit habt, von einem anfahrenden Eisenbahnwaggon gefallen und unter die Räder geraten. Das hat er nicht überlebt.«
»Er ist tot?« Obwohl Lore Fridolins Neffen seit dem Anschlag auf sie und Nathalia hasste, war sie doch erschüttert.
»Wahrscheinlich wollte er euch verfolgen und ist leichtsinnig geworden. Manchmal straft der Himmel schneller, als die irdischen Gerichte es könnten.« Fridolin fasste nach Lores Händen. »In dem gerichtlichen Schreiben steht, dass ich nach Ottwald von Trettins Tod der neue Majoratsherr bin.«
Zunächst begriff Lore nicht, was dies heißen sollte, dann aber warf sie ihm einen überraschten Blick zu. »Soll das heißen, Trettin gehört jetzt dir?«
»Uns, mein Schatz! Immerhin bist du die Enkelin des alten Herrn auf Trettin. Ich glaube, ihm da oben wird es gefallen, wie es gekommen ist. Er hat nie etwas von Ottokar und seiner Familie gehalten.«
»Aber wir haben doch hier und in Berlin unsere Heimat«, wandte Lore ein. »Außerdem will ich nicht nach Trettin zurück. Dort gibt es zu viele quälende Erinnerungen für mich.«
»Es zwingt dich auch keiner, zurückzugehen. Ich werde mich wohl oder übel hinbegeben müssen, um alles in rechte Bahnen zu lenken. Allerdings werde ich die Leitung des Gutes einem Verwalter überlassen. Und nun lass uns lieber von angenehmeren Dingen sprechen.«
Lore war jedoch noch nicht bereit, dieses Thema aufzugeben, bevor auch die letzte Frage beantwortet war. »Was ist mit Malwine? Sie wird uns weiterhin hassen und alles tun, um uns zu schaden!«
»Das ist zwar möglich, aber was kann sie noch unternehmen?« Fridolin seufzte. »Leider genießt sie als Ottokars Ehefrau und Ottwalds Mutter ein lebenslanges Wohnrecht auf Trettin. Auch das ist ein Grund, warum ich die Gegend dort nach Kräften meiden will. Aber zum Glück haben wir, wie du so schön gesagt hast, hier in Klingenfeld unser Heim gefunden und sind nicht darauf angewiesen, nach Ostpreußen zu ziehen.«
»Was ist eigentlich aus Anno von Klingenfeld geworden?«, fragte Lore, die nun selbst des Gesprächs über die ostpreußischen Verwandten überdrüssig wurde.
»Ich habe in Berlin erfahren, dass er zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden ist. Wahrscheinlich wird man ihn nach drei Jahren entlassen und ihm ans Herz legen, in die Kolonien auszuwandern, mit denen uns die Herren Lüderitz, Peters und Nachtigal so reichlich versehen haben. In diesem Landstrich wird man ihn gewiss nicht wiedersehen.«
»Es wird ihn so schnell auch keiner vermissen, ausgenommen vielleicht der Wirt von Sikkos Krug,
Weitere Kostenlose Bücher