Juliregen
Bordell meines Freundes Laabs, den ich immer in Hoppegarten treffe. Er wettet ebenfalls, hat aber weitaus weniger Glück als ich, und er verliert meistens.«
Bisher hatte Ottwald von Trettin gelegentlich ein Bordell in Königsberg aufgesucht und es wenig anregend gefunden. Allerdings sollten die Freudenhäuser in Berlin ganz anderes ausgestattet sein als die in der Provinz. Daher nickte er und hatte auch nichts mehr dagegen, dass Klampt ihm den Arm um die Schulter legte und ihn seinen besten Freund nannte.
Um seinen eigenen Vorteil nicht aus den Augen zu verlieren, sah er sein Gegenüber forschend an. »Wissen Sie, dass ich Sie beneide? Sie werden mit Ihrer Heirat Millionär werden.«
»Vielleicht nicht ganz, aber viel wird daran nicht fehlen«, erklärte Klampt selbstzufrieden.
»Ich würde auch gerne Geld heiraten, und zwar möglichst sehr viel Geld. Vielleicht können Sie mir einen Rat geben. Immerhin kennen Sie die bessere Gesellschaft in der Reichshauptstadt.«
Das war übertrieben, denn trotz der angeheirateten adeligen Verwandtschaft und einer großbürgerlichen Erbtante zählten die Klampts höchstens zum Rand der feineren Gesellschaft, und die meisten Haustüren blieben ihnen verschlossen. Ottwald von Trettin hatte jedoch bereits als Kind gelernt, welch starke Waffe Schmeichelei sein kann, und strich Gerhard Klampt genug Sahne um den Bart, um diesen bei guter Laune zu halten.
»Wenn Sie echtes Vermögen erheiraten wollen, müssten Sie Komtess Nathalia von Retzmann nehmen, meine Nichte dritten Grades. Die hat so viel Geld, dass es jeden Tag umgeschaufelt werden muss, damit es nicht zu schimmeln beginnt!« Klampt lachte wiehernd und verlangte das nächste Bier.
»Sie trinken doch auch noch eines?«, fragte er den Gutsherrn.
Dieser wies auf sein noch halbvolles Glas, aus dem er in der letzten halben Stunde nichts mehr getrunken hatte. »Es tut mir leid, bei mir geht es nicht so schnell.«
»Sie sind noch jung und müssen erst lernen, ein richtiger Mann zu sein. Heute zeige ich Ihnen, wie das geht!« Feixend nahm Klampt seinen Bierkrug entgegen und stieß mit Ottwald von Trettin an.
»Prost!« Klampt trank, stellte seinen Krug wieder auf den Tisch und blickte den jungen Gutsherrn auffordernd an. »Meine Nichte Nathalia wäre das Richtige für Sie. Ich würde sie selber heiraten, wenn es möglich wäre, obwohl sie ein elendes Biest ist. Aber das würde ich ihr schon austreiben, jawohl, das würde ich! Aber da ist diese Gräfin Lore davor – und dieser verdammte Simmern aus Bremen, der sich den Posten von Nathalias Vormund erschlichen hat. Meine Mutter wollte ihn damals zum Teufel jagen. Ging aber nicht. Dabei sind wir ihre nächsten Verwandten. Immerhin war meine Mutter mit ihrem Großonkel verheiratet. Hat sich erschossen, soviel ich gehört habe – oder ist er in einem Duell umgekommen? Weiß ich nicht, ist auch egal! Auf alle Fälle war es eine Dummheit von ihm. Ich wäre sonst Graf Retzmann und meine Schwester eine Komtess. So aber sind wir schlichte Klampts ohne Titel und Würden. Das Leben ist ja so ungerecht!«
Ottwald von Trettin war längst klar geworden, dass er für seinen Plan, eine reiche Braut zu finden, einen anderen Protektor gebraucht hätte als einen Herrn Klampt ohne Würden und Adel, und er beschloss, die Unterstützung seines Onkels Fridolin auch in dieser Angelegenheit einzufordern.
Erneut beklagte Klampt sich wortreich darüber, dass er nicht mit der Vormundschaft der Komtess und der Verwaltung ihres Vermögens beauftragt worden war. »Meine Mutter ärgert sich heute noch fürchterlich darüber. Ich wäre dann längst verheiratet und meine Schwester auch. Natürlich nur in den höchsten Kreisen! So aber muss ich mich mit einem späten Fräulein wie Philomena begnügen, die irgendwo in der Provinz als Gesellschafterin bei einer alten Dame angestellt ist. Habe ein Bild von ihr gesehen. Fad, muss ich sagen! Wenn ich erst einmal verheiratet bin und das Geld unserer Erbtante in Händen halte, werde ich Stammgast im
Le Plaisir.
«
»Le Plaisir?«
, fragte Ottwald von Trettin. »Gab es dort nicht vor etlichen Jahren einen fürchterlichen Skandal, in den mein Onkel verwickelt war? Aus unerfindlichen Gründen ist er verdammt gut dabei weggekommen und kurz darauf sogar zum Grafen ernannt worden.«
Darüber konnte Gerhard Klampt ihm keine Auskunft geben, denn zu jener Zeit hatte er noch in Bremen gelebt und von dem Skandal um den Mord an dem russischen Fürsten Tirassow in diesem
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