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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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nicht hierhergekommen, um Wein zu trinken.«
    »Natürlich nicht! Das könnten Sie auch in einer Gaststätte tun. Sie sind der Mädchen wegen gekommen. Was wollen Sie für eine? Eine Blonde, eine Schwarze? Dick oder dünn? Wir haben für jeden Herrn das Richtige.« Dabei zeigte Manfred Laabs auf ein paar Frauen, die bereits neugierig zu ihnen blickten.
    »Ich wüsste schon, welche ich nehmen würde. Aber ich lasse Ihnen die erste Wahl, Trettin!« Gerhard Klampt gab sich großzügig, verärgerte seinen Begleiter mit dieser Vertraulichkeit jedoch noch mehr.
    Ohne die Mädchen richtig anzusehen, deutete Ottwald auf eines. »Die könnte mir gefallen.«
    »Aber natürlich! Hilma ist eine Spitzenkraft. Ich habe sie selbst ausprobiert. Komm, Hilma, zeige dem Herrn, wo dein Paradies liegt!« Laabs lachte, brach aber ab, als er Ottwald von Trettins empörten Blick bemerkte.
    »Viel Vergnügen!«, sagte er noch und wartete, bis Hilma mit dem Gutsherrn in Richtung der Séparées verschwunden war. Dann wandte er sich stirnrunzelnd an Gerhard Klampt. »Dieser Herr scheint nicht sehr umgänglich zu sein.«
    »Er ist von uraltem Adel und besitzt ein reiches Rittergut in Ostpreußen. Solche Leute mögen es nicht, wenn man zu persönlich wird«, erklärte Klampt und unterschlug dabei wohlweislich, dass er mit Ottwald von Trettin bereits den ganzen Abend vertraulich verkehrt hatte.
    In seinen Augen bestand jedoch ein himmelweiter Unterschied zwischen einem Zuhälter und Bordellwirt und ihm selbst, insbesondere, da er nur durch einen dummen Zufall nicht als Sohn eines Grafen geboren worden war. Nun war ihm weniger zum Reden zumute als vielmehr, es Ottwald von Trettin gleichzutun und mit einem Mädchen im Séparée zu verschwinden. Er winkte eine dralle Blonde zu sich, steckte mehrere blitzende Markstücke in deren Dekolleté und folgte dem kichernden Ding zu den Séparées. Kurz vor dem Torbogen drehte er sich noch einmal zu Laabs um.
    »Sorgen Sie dafür, dass eine Flasche Wein und Gebäck bereitgestellt wird.« Damit hatte er dem anderen den Stand eines Bediensteten zugewiesen und klargemacht, dass er selbst ein Herr war.
    Manfred Laabs nahm ihm die kleine Spitze nicht krumm, sondern wies eines der Mädchen an, das Verlangte zu bringen. Daraufhin betrat er einen anderen Flur, öffnete eine Tür und ging in den dahinter liegenden Raum. Darin saß an einem kleinen Sekretär eine Frau zwischen dreißig und vierzig Jahren, deren Schönheit auch von dem schlichten, hochgeschlossenen Kleid aus dunkelblauem Samt und der strengen Frisur nicht beeinträchtigt wurde.
    Sie blickte auf. »Gibt es Schwierigkeiten, Manfred?«
    »Oh nein, ganz im Gegenteil! Das Haus ist voller Gäste. Nur drei Mädchen haben noch nichts zu tun. Aber das wird sich bald ändern«, erklärte Laabs fröhlich.
    Über das Gesicht der Frau huschte ein Schatten. Das kann ich mir denken, dachte sie. Spätestens nach Mitternacht wirst du dir eines davon oder auch zwei aussuchen und ausprobieren – wie du es nennst –, ob sie noch taugen. Sie sagte jedoch nichts, sondern beugte sich wieder über ihr Rechnungsbuch.
    »Freut es dich nicht?«, fragte Laabs verwundert.
    »Doch!«, kam es kühl zurück. »Schließlich muss das Geld erst verdient werden, bevor du es ausgibst.«
    »Da du gerade von Geld sprichst, Hede: Ich könnte ein paar Scheine gebrauchen. Hatte letztens Pech beim Pferderennen. Die Gäule sind nicht so gelaufen, wie ich es erwartet habe.« Laabs legte seiner Frau die linke Hand auf die Schulter, während seine Rechte drohend durch die Luft schwang.
    Hede wusste aus leidvoller Erfahrung, dass er jederzeit ohne Vorwarnung zuschlagen konnte. Trotzdem gab sie nicht sogleich nach. »Sagtest du nicht letztens, du würdest bald so viel Geld verdienen, dass du mich und meinen Puff, wie du es nanntest, nicht mehr brauchst?«
    Manfred Laabs juckte es in den Fingern, seine Frau zu verprügeln. Doch er hielt sich zurück. Nach dem letzten Mal hatte sie ihm zwar ein paar hundert Mark gegeben, ihn dann aber tagelang ignoriert und sich auch von dem Blumenstrauß, den er schließlich gekauft hatte, nicht versöhnen lassen. Sie zu schlagen, bis sie ihren Widerstand aufgab, wagte er nicht. Auch wenn er nach außen hin als Besitzer des
Le Plaisir
auftrat, so gehörte es doch seiner Frau, und er hatte nur das Anrecht auf einen Teil des Verdienstes. Diesen Ehevertrag hatte Hede vor der Heirat aufsetzen lassen, und er ärgerte sich immer noch, dass er darauf eingegangen war.

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