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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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selbst damit einschränkten. Doch sobald das große Geschäft, an dem er sich beteiligt hatte, gelaufen war, würde er über genug Geld verfügen, um ein zweites Bordell aufzumachen. Mit der Unmoral der Menschen ließ sich nun einmal mehr verdienen als mit deren Durst in einer schlichten Bierhalle.
    Da ihn bei dem Gedanken das Begehren nach einem der Mädchen erfasste, verabschiedete er sich von Hede und kehrte beschwingt in den Empfangssalon zurück.

XIV.
    L ore und Fridolin hatten in Hannover übernachtet und näherten sich am Mittag des zweiten Tages ihrem Ziel. Als der Zug in den kleinen Bahnhof einfuhr und schließlich neben dem aus Klinkersteinen errichteten Bahnhofsgebäude hielt, konnten sie durch das Fenster bereits die Kutschen und den Frachtwagen sehen, die von Nathalias Gut Steenbrook gekommen waren, um sie abzuholen.
    »Na, wer sagt es denn? Meine Leute sind wie immer auf Zack!«, sagte die Komtess lachend.
    »Du solltest dir einen etwas weniger burschikosen Wortschatz aneignen«, mahnte Lore in dem Wissen, dass sie genauso gut ihrem Koffer hätte predigen können.
    Sie wandte sich an Fridolin, der bereits aufgestanden war und die beiden Dienstmänner, die in den Wagen der ersten Klasse kamen, anwies, ihr Gepäck nach draußen zu bringen. »Kommst du nun noch mit zu Natis Gut oder fährst du gleich weiter?«
    Fridolin wischte sich kurz über die Stirn und lächelte. »Ich bin zu dem Entschluss gekommen, Nathalias Ratschlag zu befolgen und erst in der Nachbarschaft von Klingenfeld Auskunft einzuholen.«
    »Wenn du denen sagst, dass du von der Bank kommst, der dieses Gut zugefallen ist, werden sie es möglicherweise schlechtreden, weil sie hoffen, es selbst billig kaufen zu können«, wandte Lore ein.
    »Da magst du recht haben! Doch ich brauche Informationen, bevor ich das Gut selbst aufsuche. Außerdem möchte ich wissen, wie weit es tatsächlich von Natis Besitz entfernt liegt.«
    »Du sagtest doch gestern, es wären etwa zwanzig Kilometer«, sagte Lore verwundert.
    »Diese Angabe stammt von Dohnke, und du glaubst doch nicht, dass ich mich blindlings auf seine Auskunft verlasse. Er will unbedingt, dass ich dieses Anwesen erstehe, und redet es daher schön. Deshalb ist mir die Meinung der Gutsbesitzer im Umkreis so wichtig. Doch nun steigt aus! Sonst fährt der Zug weiter, und ihr müsst bis Bremen im Abteil bleiben.«
    »Bis Bremen gewiss nicht. Wir würden am nächsten Bahnhof aussteigen und uns ein Fuhrwerk besorgen, das uns an unser Ziel bringt«, sagte Nathalia lachend und ergriff Schirm und Täschchen.
    »Wie du siehst, wissen wir Frauen uns zu helfen!« Lore lief lachend aus dem Abteil und stand kurz darauf auf dem Bahnsteig.
    Kopfschüttelnd sah Fridolin ihr nach, klemmte sich den Sonnenschirm, den sie vergessen hatte, unter den Arm und folgte ihr mit einem Schmunzeln auf den Lippen. »Was würdest du tun, wenn du mich nicht hättest? Dein Schirm würde ganz alleine nach Bremen weiterfahren, und du wärst Regen und Sonne gleichermaßen hilflos ausgeliefert.«
    »Ganz so hilflos auch nicht, denn ich würde meinen Schirm mit Lore teilen.« Nathalia hakte sich bei ihrer Freundin unter.
    »Was meinst du? Sollen wir gleich nach Steenbrook fahren oder vorher noch eine Konditorei aufsuchen?«, fragte Lore gut gelaunt.
    »Da die Köchin auf dem Gut mit Gewissheit mehrere riesige Kuchen gebacken hat, die wir in den nächsten Tagen aufessen müssen, sollten wir die Konditorei meiden«, erklärte Nathalia und führte sie auf den Bahnhofsvorplatz zu den bereitstehenden Wagen.
    Es war ein schöner warmer Sommertag. In einem hellen Blau spannte sich der Himmel über das Firmament, ein leichter Wind ließ die Blätter der Pappeln in der Bahnhofsallee tanzen, und in der Luft schwebte der Geruch nach Heu und Kräutern. Beides erinnerte Lore an ihre Jugend, die sie im fernen Ostpreußen verbracht hatte. Zwar war die Gegend südöstlich von Bremen nicht mit der Provinz im Osten zu vergleichen, dennoch fühlte sie sich hier wohl. Mit einem Mal hoffte sie, dass Fridolin das ihm angebotene Gut in Besitz nehmen würde. Zwar war sie auf Nathalias Steenbrook stets willkommen, doch die Aussicht auf ein Stückchen Erde, das ihr selbst gehörte, und auf Bäume, von denen sie ihr eigenes Obst pflücken konnte, war verlockend.
    »He, was ist denn los mit dir? Du läufst ja an den Wagen vorbei!«
    Nathalias Ausruf brachte Lore in die Gegenwart zurück, und sie lachte über sich selbst. »Das tut mir leid. Ich war eben in

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