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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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durchatmend folgte Lore der Freundin ins Haus und stieg die Treppe hoch. Als sie in ihr Zimmer trat, sah sie, dass bereits Wasser zum Waschen, Seife und ein Handtuch für sie bereitlagen.
    Nele, die gerade dabei war, ihre Koffer auszuräumen, hielt inne und sah sie fragend an. »Welches Kleid wünschen Sie heute Nachmittag zu tragen, gnädige Frau?«
    »Das mit den blauen Blumen«, antwortete Lore und stellte sich so hin, dass die Zofe ihr aus ihrem Reisekleid helfen konnte. Dabei wanderten ihre Gedanken zu Fridolin und dem Gutsverwalter, und sie fragte sich, was ihr Mann über Klingenfeld erfahren mochte.

II.
    F ridolin folgte Volkmar Zeeb in dessen Haus, das seitlich des Hauptgebäudes stand, und wurde in das beste Zimmer geführt. Dort beobachtete er schmunzelnd, wie der Verwalter einen kleinen Hängeschrank öffnete, eine Steingutflasche und zwei silberne Schnapsbecher herausnahm und auf den Tisch stellte.
    »Ich darf Ihnen doch einen Korn anbieten, Herr Graf, oder sind Sie von Berlin her so verwöhnt, dass Sie nur noch französischen Cognac trinken?«, fragte Zeeb.
    »Ich habe nichts gegen einen guten Korn.« Fridolin nahm das volle Becherchen entgegen und stieß mit dem Verwalter an. »Auf Ihr Wohl, Herr Zeeb!«
    »Und das Ihre, Herr Graf.«
    Als der Verwalter seinen Becher abgestellt hatte, sah er Fridolin auffordernd an. »Ich habe so das Gefühl, dass Sie etwas Wichtiges mit mir besprechen wollen, Herr Graf. Ist irgendetwas mit Steenbrook?«
    Fridolin las Zeeb die Sorge von der Stirn ab und schüttelte den Kopf. »Gott sei Dank nein! Ich hätte gerne eine Auskunft von Ihnen, bitte Sie aber, diese Sache vertraulich zu behandeln. Kennen Sie das Gut Klingenfeld?«
    »Kennen direkt nicht. Aber gehört habe ich davon.«
    »Genau das, was Sie über dieses Gut und seinen Besitzer gehört haben, würde mich interessieren. Klingenfeld ist an unsere Bank verpfändet worden, und wir überlegen, was wir damit anfangen sollen.«
    Der Verwalter kratzte sich am Kopf und stöhnte theatralisch. »Puh! Da bringen Sie mich in Kalamitäten. Bislang habe ich mich nicht um die Sache gekümmert, und ich will nichts sagen, was sich hinterher als falsch herausstellen könnte.«
    »Sie sagen: die Sache. Worum handelt es sich?«, bohrte Fridolin nach.
    »Na ja, um die Fabrik, die der Vater des jetzigen Herrn von Klingenfeld errichten wollte. Die Landwirte hier in der Gegend waren alle dafür, denn sie haben sich besseren Absatz für ihre Produkte und damit auch höhere Erträge erhofft.« Der Verwalter schenkte sich einen zweiten Korn ein und trank diesen. Dann erst erinnerte er sich daran, dass er seinen Gast hätte fragen sollen, ob dieser auch noch einen Schnaps wollte.
    Fridolin wehrte ab. »Später vielleicht! Jetzt würde ich gerne mehr über das Gut Klingenfeld und dessen vormaligen Besitzer erfahren.«
    »Na ja …«, begann der Verwalter zögernd. »Der alte Herr – Richard von Klingenfeld – war schon immer etwas eigen gewesen, und es gab Streit, der die Fertigstellung der Fabrik verzögerte. Wissen Sie, Herr Graf, der Baron konnte die Gebäude und die Maschinen nicht aus seinem eigenen Vermögen finanzieren, sondern brauchte Leute, die Anteile zeichneten. Das taten auch einige umliegende Gutsbesitzer, und die wollten natürlich mitreden. Das war dem alten Klingenfeld nicht recht, und so zerfiel die Gesellschaft, die er gegründet hatte, bald wieder. Die Landwirte zogen ihre Anteile zurück, und er blieb auf einem Haufen Schulden sitzen. Damit konnte er nicht leben. Später hieß es, es habe einen Jagdunfall gegeben, doch nach Ansicht der Leute hat er sich erschossen. Ich selbst halte mich mit meinem Urteil zurück.«
    Der Verwalter schenkte sich und Fridolin erneut ein und stellte die Flasche in den Schrank. »Ich muss heute noch auf die Felder! Da darf ich nicht zu viel trinken. Die Knechte haben keine Achtung vor einem Vorgesetzten, der betrunken vom Pferd fällt.«
    Er lachte und kam dann wieder auf Klingenfeld zu sprechen. »Der Sohn – Anno von Klingenfeld – hat den ganzen Kladderadatsch geerbt, und die Leute haben natürlich gehofft, er wäre vernünftiger als der Vater, vor allem, als es hieß, er habe neue Kredite erhalten. Dadurch wäre es ihm möglich gewesen, das Gut wieder auf die Beine zu bringen und die Fabrik mit Unterstützung anderer Gutsbesitzer zu errichten. Aber es geschah gar nichts. Baron Anno hielt sich meist in Berlin auf, und das, was von dort hierherdrang, hat den Leuten nicht besonders

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