Julius Lawhead 2 - Flammenmond
dass sie den Mann nie zuvor hatte sprechen hören. Er war derjenige gewesen, der mit Conway Brandon ausgegraben hatte, der Dinge holte, wenn Coe rief, und der den Vampiren als Vorspeise diente. Dieser Mann war der Diener des schwarzen Vampirs Darren und war es doch wieder nicht, denn Coe hatte absolute Macht über beide.
»Es gibt Schlimmeres als den Tod durch eine Kugel«, sagte er.
»Sind Sie Benjamin?«, fragte sie und bemühte sich, nicht auf den Boden zu Conway zu blicken.
Der Schwarze nickte. »Der bin ich. Kann ich die Hände runternehmen?«
»Nein!«, rief Amber. »Nein. Wer ist noch alles hier?«, setzte sie dann ruhiger hinzu.
»Ich bin die einzige lebende Seele. Melanie, die Dienerin der Herrin, ist einkaufen gefahren und hat unseren Wächter mitgenommen. Sie haben sich einen guten Zeitpunkt ausgesucht, was auch immer Sie vorhaben«, antwortete er vorsichtig.
Amber fiel ein Stein vom Herzen.
»Warum stehen Sie einfach dort? Sollten Sie mich nicht angreifen und versuchen, mich aufzuhalten?«
»Warum? Ich fürchte Coe, aber Darren hat keinen Eid geleistet und damit gilt auch für mich kein Treuegelöbnis. Im Moment ruht der Meister. Sein Diener ist so gut wie tot und der Tag ist noch jung. Ich halte Sie nicht auf, ganz im Gegenteil.«
»Umdrehen und die Hände hinter dem Rücken verschränken«, wies Amber ihn an. Ihr war Benjamins Verhalten unheimlich. Was, wenn alles nur ein Trick war, um sie in Sicherheit zu wiegen? Der Diener folgte lächelnd ihrem Befehl.
Amber zog Handschellen aus der Hosentasche. Dazu musste sie die Pistole in die andere Hand wechseln. Es wäre für Benjamin ein Leichtes gewesen, sie jetzt zu entwaffnen, aber er wartete mit engelsgleicher Geduld ab, bis sie ihm die Handschellen angelegt und ihn nach Waffen abgesucht hatte. Sie fand ein Messer und eine Handfeuerwaffe.
»Ist das alles?«
»Ja, Sie waren sehr gründlich.«
Amber verschloss die Eingangstür und überlegte, was sie jetzt mit ihrem Gefangenen anstellen sollte. Er war zwar gefesselt, aber er konnte noch immer herumlaufen und mit einigem Umstand wahrscheinlich auch nach Hilfe rufen. Es wäre sicherlich das Einfachste gewesen, ihn bewusstlos zu schlagen, aber einem Mann, der ihr nichts getan und der sein Leben lang unter Coe gelitten hatte, die Pistole über den Kopf zu ziehen, brachte sie nicht über sich.
Plötzlich durchlief ein Zittern seinen Körper. Amber fühlte Magie, kalte, böse Magie, und sprang ein Stück zurück.
»Was ist das?«, schrie sie und war sich schlagartig nicht mehr sicher, ob sie Benjamin nicht doch einfach erschießen sollte. Der Diener fiel ächzend auf die Knie und zerrte wie ein Wahnsinniger an den Handschellen.
»Meister Coe, er ist wach«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Wenn Sie etwas tun wollen, tun Sie es schnell.«
Dann hatte Coe die vollständige Kontrolle übernommen. Benjamins Körper gab den Widerstand auf und erhob sich in einer einzigen fließenden Bewegung. Der Blick, mit dem er Amber ansah, war nicht mehr der gleiche, er war brennend und tödlich.
»Nicht bewegen!« Ihre Stimme stolperte schon über diese beiden Worte. Eine fremde Angst gesellte sich zu ihrer eigenen. Brandons Erinnerungen drängten sich auf, doch sie trieb sie energisch zurück.
»Ich kann deine Angst riechen, Mädchen!«, zischte Benjamin mit Coes Stimme und kam auf sie zu.
Amber wich zurück und hielt die Waffe mit beiden Händen auf den Diener gerichtet. »Keinen Schritt weiter!«
Benjamin stürzte sich auf sie. Amber schoss. Die Kugel traf ihn in die Schulter und nahm die Wucht aus seinem Angriff, doch er stürmte weiter vor. Seine Stirn schlug mit einem gewaltigen Krachen gegen Ambers Schläfe, und sie fielen gemeinsam zu Boden. Amber verlor die Waffe, vor ihren Augen tanzten helle Lichtpunkte. Benjamin lag auf ihr und klemmte ihre Beine zwischen seinen fest. Hätte er ihr noch einen Schlag mit dem Kopf verpasst, wäre es vermutlich aus gewesen, doch was da kämpfte, war kein Mensch mehr, sondern ein Vampir.
Benjamin riss den Kopf zurück, dann bohrte er seine Zähne in Ambers Schulter. Sie schrie und schlug mit beiden Händen nach ihm. Der Diener riss und zerrte an ihrem Fleisch, doch seine Zähne waren die eines geschwächten Menschen, und das war Ambers Glück. Sie konnte noch immer nichts sehen, also tastete sie mit den Händen nach Benjamins Augen. Als sie die zuckenden Lider spürte, begann sie zu drücken. Benjamin riss den Kopf zur Seite und
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