Julius Lawhead 2 - Flammenmond
bis an die Wasserlinie. Ein weiter weißer Sandstrand zog sich am Ufer entlang. Der Dodge kämpfte sich durch eine kleine Verwehung, dann ging es einfacher vorwärts.
Sie wählte einen Platz, der nicht allzu weit von zwei anderen Wohnmobilen entfernt war, und koppelte den Airstream mit den schlafenden Vampiren ab.
Hier waren sie verhältnismäßig sicher.
Amber hatte noch immer keinen genauen Plan, wie sie vorgehen wollte. Vor allem Conway konnte ihr gefährlich werden. Mit Sicherheit teilte er viele Fähigkeiten seines Meisters. In einem fairen Kampf war ihr Scheitern vorprogrammiert. Sie musste ihn also überraschen, nur wie?
Während Amber überlegte, packte sie einen kleinen Rucksack. Zum ersten Mal war sie froh darüber, dass Julius nie ohne seine Waffen reiste. Waffen.
Bei Vampiren fielen darunter auch Petroleum und Silberkreuze.
Amber befestigte ein langes Messer mit Lederriemen an ihrem linken Arm und ein weiteres an ihrem Unterschenkel. Eine schwarze Jeans und eine leichte Jacke würden später beides zuverlässig verdecken.
Amber wunderte sich selbst, wie kaltblütig sie Coes Ende plante, aber die Bilder aus Brandons Erinnerungen hatten etwas in ihr zerstört, etwas, das sie bislang von den Vampiren unterschieden hatte. Wurde sie jetzt ebenso kalt und blutgierig? Nein. Amber hatte Steven nicht diesem Monster zum Fraß vorgeworfen, das waren Julius und Curtis gewesen. Julius, der sonst so schnell mit der Waffe zur Hand war, hatte einen Freund geopfert und nicht einmal versucht, Brandon auf andere Weise zu helfen. Würde er auch Amber als Pfand einsetzen, wenn hoch genug gespielt wurde? Sie wollte nicht lange genug bei den Vampiren bleiben, um das herauszufinden.
Im Gegensatz zu einer Beziehung mit einem sterblichen Mann war sie sich Julius’ Liebe sicher gewesen. Die Siegel machten jeden Zweifel überflüssig. Aber nun würde es keine geteilte Ewigkeit mit ihm geben.
Schlimm war nur, dass Amber Julius liebte, und diese Liebe sich nicht darum zu kümmern schien, ob er ein Vampir war oder gar seine Freunde verriet. Sie liebte ihn und allein der Gedanke an eine Trennung war unerträglich. Aber erst einmal gab es etwas anderes zu erledigen. Steven musste frei kommen, und Amber würde tun, wozu Julius offensichtlich zu feige war.
Entschlossen packte sie alles zusammen, griff nach dem Rucksack und stand auf.
Wenn sie sich so umblickte, verriet nichts, dass in diesem Wohnwagen drei Särge versteckt waren. Amber war unwohl bei dem Gedanken, die Vampire in der brütenden Hitze und ohne jemanden, der über sie wachte, zurückzulassen.
Noch einmal kontrollierte sie alle Fenster. Die Luken waren geschlossen, aber die Scheiben standen offen, damit es nicht allzu heiß wurde. Plötzlich machte sich in Amber der Gedanke breit, dass sie den Airstream und auch Julius vielleicht zum letzten Mal sah. Mit klopfendem Herzen sank sie in die Knie und öffnete sein Versteck. Julius’ Locken ringelten sich in alle Richtungen auf dem blutroten Kissen.
Sie strich ihm über die Wange. Die Haut war kalt und fest, und die Haare irgendwo zwischen kratzig und weich. Die Augenlider schimmerten bläulich und ließen die Iris erahnen. Julius’ Lippen standen ein Stückchen auseinander. Die Reißzähne schimmerten wie Perlmutt.
Sollte sie? Kurzentschlossen drückte sie die Kuppe ihres Zeigefingers gegen eine Spitze. Der Stich brannte. Ein einzelner Tropfen quoll hervor, glänzend rot wie Rubin. Amber ließ ihn auf Julius’ geöffnete Lippen fallen. Ihr letztes Geschenk. Eine süße Erinnerung an sie, falls sie nicht mehr wiederkommen sollte.
Wenige Minuten später steuerte Amber den Geländewagen über die Sanddüne zurück auf die Piste. Die Sonne stand hoch und brennend am Himmel.
Im Wagen war es brütend heiß. Amber hatte alle Fenster geschlossen und die Klimaanlage auf Höchstleistung geschaltet. Ein klebriger Schweißfilm bildete sich auf ihrer Haut und schmiegte den Stoff des T-Shirts an ihren Körper.
Der Wagen schaukelte durch die gefährlich tiefen Schlaglöcher, und Amber musste das Tempo drosseln, dann ratterten die Reifen auch schon über ein Viehgatter. Im Rückspiegel schrumpfte das Wärterhäuschen des Parkeingangs zu einem dunkelgrünen Flecken.
Amber erreichte die Hauptstraße und setzte den Blinker. Spiegelseen aus Licht flirrten auf dem Asphalt. Wenn sie jetzt fuhr, gab es kein Zurück. Dies war der Punkt, an dem sie sich selbst versprochen hatte, noch ein letztes Mal nachzudenken.
Amber lauschte dem
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