Julius Lawhead 2 - Flammenmond
sechst. Zwei der jungen Männer begleiteten uns und ritten voran durch die Dunkelheit. Einer von ihnen war Yiska, der Christina am ersten Abend von seinem Blut gegeben hatte. Er sang etwas oder spielte auf seiner Flöte, und ich ließ mich mit der Melodie treiben. Die Nacht war erstaunlich hell, sogar für eine Wüstennacht. Der Mond schien so stark, dass es meine empfindlichen Augen beinahe schmerzte, wenn ich direkt hinaufsah.
In zwei Stunden würden wir Red Deers Hütte erreichen und am frühen Morgen Phoenix. Dort sollte Ann zu uns stoßen, die als Friedgeisel bei Kangra geblieben war, und Amber konnte, vorausgesetzt, sie war nicht zu müde, den Airstream zurück nach L.A. steuern.
Ein kühler Wind kam auf, doch die knorrigen Äste der Steineichen bewegten sich nicht, nicht einmal das Gras regte sich.
Yiskas Gesang brach ab, als in der Ferne ein Pferd wieherte. Unsere Tiere gaben Antwort.
»Dort ist jemand«, klang es von vorne. »Zwei Reiter.«
Ich ließ mein Pferd antraben und schloss auf. Noch ehe ich Yiska erreicht hatte, fühlte ich die Magie. Es waren Vampire! Zumindest einer von beiden. Im hellen Mondlicht waren sie gut zu erkennen und sie gaben sich keinerlei Mühe, sich zu verstecken. Wollten sie uns so offen angreifen?
»Einer oder beide sind wie wir«, sagte ich leise.
»Was könnten sie wollen?«, fragte Yiska.
»Keine Ahnung, finden wir es heraus. Falls es zu einem Kampf kommt, reitet davon, so schnell es geht. Vampire sind keine Gegner für Menschen und seien es noch so tapfere, verstanden?«
Die beiden jungen Männer zögerten, dann nickten sie.
In diesem Moment hob einer der fremden Reiter grüßend die Hand. Er war blond und eine Frau. In meinem Bauch machte sich ein ungutes Gefühl breit. Ich kannte sie, nur woher? Ich hob ebenfalls die Hand zum Gruß und setzte mich an die Spitze unserer kleinen Gruppe.
Wir hatten noch ein kurzes, steiles Stück Weg vor uns. Mein Pferd setzte die Hinterbeine auf und rutschte durch das feine Geröll vorwärts. Ich konzentrierte mich ganz auf die Unsterbliche. Mittlerweile war ich mir sicher, dass ihre Begleiterin kein junger Vampir, sondern ihre Dienerin war. Die beiden warteten in der Ebene auf uns und ganz offensichtlich fühlten sie sich sicher. So benahm sich niemand, der es auf einen Kampf abgesehen hatte. Ich wartete, bis alle sechs Pferde festen Grund erreicht hatten, erst dann trabte ich auf die Fremden zu. Dann wusste ich, wen ich vor mir hatte, und meine Neugier wich kalter Angst.
»Claudine Galow«, rief die Fremde ihren Namen, »Jägerin des Hohen Rates von Phoenix.«
»Julius Lawhead, Clan Leonhardt«, entgegnete ich und zog die Zügel an. Mein Pferd stand und schlug unruhig mit dem Schweif.
Die anderen hielten ebenfalls. Brandon schloss zu mir auf. Amber hielt ihr Pferd ein wenig hinter mir zur Rechten an.
»Wir haben lange nach Ihnen gesucht, Meister Lawhead.«
»Weshalb? Wir reisen mit Genehmigung des Rates.« Die Situation wurde mir immer unheimlicher. War die Jägerin wegen Amber gekommen, weil sie Coe getötet hatte? Das konnte nicht sein. Der Meister war verurteilt worden.
Plötzlich trieb Brandon sein Pferd an und ritt an mir vorbei. »Sie ist wegen mir hier, Julius.«
»Brandon, halt!« Doch er war bereits bei der Jägerin, stieg ab und kniete vor ihr nieder. Sein Pferd trottete davon und begann zu grasen.
Die Jägerin zog ein Schwert und sprang aus dem Sattel. Das ging alles zu schnell, viel zu schnell. »Halt, warten Sie!«, schrie ich.
Claudine Galow senkte ihr Schwert. Ihre Dienerin, die sich bislang kaum gerührt hatte, hob eine Pistole, die sie zuvor unter ihrem Oberschenkel verborgen hatte, und richtete sie auf Amber.
Oh, die beiden verstanden ihr Handwerk.
»Julius, was ist hier los?«, fragte Amber schockiert.
»Ein Missverständnis.«
»Kein Missverständnis«, antwortete die Jägerin. »Brandon Flying Crow ist in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Die Beweise sind eindeutig, Mr Lawhead. Coes Clan ist zerschlagen, alle Vampire von seiner Camarilla sind tot, bis auf ihn.«
Ich stieg vorsichtig vom Pferd. »Brandon gehört zu mir, der Rat weiß, dass ich Anspruch auf ihn erhebe.«
»Es ist unerheblich, zu wem er gehört. Er hat einen Menschen getötet.«
Die Jägerin hatte mich näher treten lassen. Jetzt standen wir uns direkt gegenüber. Brandon kniete mit gesenktem Kopf im Gras und rührte sich nicht.
»Ist das wahr, Brandon?«
»Ja, Meister, und ich bin bereit, meine Strafe zu
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