Julius Lawhead 2 - Flammenmond
wollte, und wartete geduldig ab. Kurz bevor sie gegen Nachmittag die Stadtgrenze von Phoenix erreichten, räusperte er sich.
»Amber, denkst du, Julius oder einer seiner Freunde könnten mich gebrauchen? Ich würde gerne für sie arbeiten.«
»Was? Warum?« Amber glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. »Warum willst du für Vampire arbeiten, wenn du nicht musst?«
»Im Reservat zu leben ist verdammt hart und rauszukommen fast noch schwieriger. Ich wollte immer schon nach L.A. Wenn ich einen Job dort hätte, wäre der erste Schritt gemacht.«
»Frag Julius. Der Clan beschäftigt Wachleute. Soweit ich weiß, stammen sie alle aus einem bestimmten Kreis von ungarischen Familien. Falls sie auch Außenstehende aufnehmen, klar, warum nicht?«
Yiska nickte ernst. Er schwieg die letzten Meilen, während Beth Amber den Weg zur Zuflucht ihres Meisters Dominik Kangra beschrieb.
Das Anwesen lag etwas außerhalb der Stadt, versteckt in einem Tal. Ein italienischer Palast in der Wüste war kein alltäglicher Anblick. Die Marmorsäulen warfen gleißend helles Licht zurück.
Auf den ersten Blick schien alles verlassen. Doch die aufmerksamen Augen der Kameras an der Toreinfahrt richteten sich alsbald auf die Neuankömmlinge. Beth meldete sie an, und das Gitter summte zur Seite.
Sobald es sich wieder hinter ihnen geschlossen hatte, wurden sie von schwerbewaffneten Männern umringt.
Amber entfuhr ein Fluch.
»Scheiße, was machen wir jetzt«, stöhnte Yiska und umklammerte seine Pistole.
»Abwarten und tief durchatmen, der Wagen ist kugelsicher«, erwiderte Amber, bemüht, ihrem eigenen Vorschlag Folge zu leisten.
»Sofort aussteigen!«, kommandierte einer der Wachleute und presste die Mündung seiner halbautomatischen Waffe direkt auf das Glas neben Ambers Kopf. Bevor sie den Gedanken zu Ende führen konnte, ob die Scheiben auch einem Schuss aus dieser Nähe widerstehen würden, kam plötzlich Leben in ihre Geisel. Amber fuhr herum, doch da war es Beth schon gelungen, die Autotür zu öffnen, und sie ließ sich hinausfallen.
Als ich wach wurde, war mir sofort klar, dass etwas nicht stimmte. Das Gespann stand, Amber war fort und in der Luft hing der Geruch ihrer Furcht. Ich öffnete die Siegel. Vielleicht war alles nur ein Missverständnis. »Amber? Was ist passiert? Wo bist du?«
Sie reagierte sofort. »Wir sind Gefangene, Yiska und ich, und sie haben Claudine und Beth geholt.«
»Zeig mir, was geschehen ist.«
Amber hatte mittlerweile gelernt, in Erinnerungsbildern zu sprechen. Ich sah, wie sie Dominik Kangras Haus erreichten.
Man hatte sie eingelassen, doch dann war der Wagen plötzlich von Wachleuten umstellt gewesen. Sie nahmen Amber den Schlüssel des Wohnwagens ab und durchsuchten ihn, bis Beth ihnen zurief, wo Claudine untergebracht war. Als die Männer auch nach mir und Brandon suchen wollten, wäre es beinahe zum Eklat gekommen. Yiska geriet mit einem Bewaffneten aneinander und war schnell außer Gefecht gesetzt. Amber rief schließlich, dass sie sie an meiner Stelle mitnehmen sollten, und so geschah es dann auch.
»Seitdem sitzen wir hier.«
»Wie geht es euch?«
»Yiska hat ein paar Beulen, ansonsten geht es. Wir sind in einer Art Büro. Die Tür ist abgeschlossen und draußen steht eine Wache. Zum ersten Mal wünsche ich mir wirklich, Curtis wäre schon da.«
»Du hast mit dem Meister gesprochen?«
»Ja, und er war nicht glücklich, als er hörte, was gestern passiert ist. Er kommt her.«
Diese Nachricht erleichterte mich und rief zugleich eine unbestimmte Angst hervor. Ich hatte Curtis schließlich versprochen, mich an das geltende Gesetz zu halten. Und jetzt? Wie viel Verständnis würde er für die Situation aufbringen? Oder würde er erneut öffentlich gegen mich vorgehen? Kalter Schweiß trat auf meine Haut und die Seide meines kleinen Gefängnisses klebte an mir. Ich sah mich schon wieder in den Sarg mit den Ketten zurückkehren. Diesmal würde Curtis es nicht dabei belassen. Ich bezweifelte, dass ich meinen Meistertitel behielt. Er würde mir meine Vampire wegnehmen, Christina und auch Brandon, sofern er nicht hingerichtet wurde.
Energisch schüttelte ich die quälenden Gedanken ab. Ich würde kämpfen, solange es noch ging! Heute war körperliche Stärke nebensächlich, das war mein Glück. Mit meinem Bewusstsein war auch das Empfinden zurückgekehrt. Mein Unterleib war ein einziger dumpfer Schmerz. Ein Pochen und Brennen, als sei in meinem Körper ein zweites Wesen erwacht, eines, das meine
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