Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)
»nur« neun 80-Jährige an den Start gingen, waren es 2009 in Wien bereits 20 Teilnehmer dieses eher hohen Alterssegmentes. Einer von ihnen, Charles Eugster, ein bei Zürich lebender Engländer, war sogar 90 Jahre alt. Ein echter Star der Altersfitness-Szene, immer noch Bodybuilder und Ruder-Weltmeister in seiner Altersklasse. Zwar hat er (zu seinem eigenen Bedauern) mit 82 das Skifahren eingestellt, aber das hat ihn nicht davon abgehalten, mit 87 Jahren noch das Fahren auf einem Wakeboard zu erlernen (ein Wassersportgerät in Form eines Brettes, das an die Füße geschnallt wird, um damit auf dem Wasser zu gleiten; der Fahrer steht dabei seitlich, und so mancher Jugendliche scheitert am Erlernen dieser komplexen Sportart). Eugster hat erst im Alter von 85 das Krafttraining entdeckt, und zwar mit einem eigens entwickelten Trainingsprogramm. Hier verfolgt er nicht nur sportliche Ziele, sondern er sieht das Krafttraining als eine wichtige Möglichkeit, dem altersbedingten Muskelschwund entgegenzuwirken – eine Maßnahme, die mittlerweile von vielen medizinischen Studien bestätigt wird. In jedem Fall hat Eugster es im Alter von 85 Jahren dank des Krafttrainings geschafft, seine Leistung auf dem Ergometer, die – welch Wunder – ab dem 80. Lebensjahr abgenommen hatte, noch einmal deutlich zu steigern … Neben dem Krafttraining hält er vor allem das Ausdauertraining für extrem wichtig, um Alterungserscheinungen der Gefäße und des Gehirns entgegenzuwirken. Auch die Ernährung muss für ihn stimmen – also wenig Fett, viel Obst, Gemüse, kein Koffein, kein Alkohol.
Erstaunlich ist auch das Arbeitsleben von Herrn Eugster, der nicht nur bis zum 75. Lebensjahr als Zahnarzt praktiziert und dann bis zu seinem 82. Lebensjahr eine medizinische Fachzeitschrift herausgegeben hat; jetzt soll er als Model für eine Fitnesskette tätig werden.
Auf die Frage, was er bedauere, gibt er an, dass er sehr bereut habe, mit 82 Lebensjahren das Skifahren aufgegeben zu haben, und dass es keine Lehrstellen für 60-Jährige gebe. Weiter führt der mittlerweile über 90-Jährige aus: »Wissen Sie, alten Menschen wird vieles eingeredet, man soll das nicht tun und jenes nicht, das Erste sei unvorsichtig, das Zweite gefährlich und das Dritte weiß der Teufel was.« Eugster hat sich nie um solche Warnungen geschert.
Wer sich die ersten Wakeboard-Versuche des damals 87-Jährigen ansehen will, kann dies im Internet tun und dabei staunen: www.youtube.com/watch, Suchwort: Eugster, wakeboard
KAPITEL 9
Rezepte für eine alternde Gesellschaft – ein Plädoyer
Der alte Großvater und der Enkel
Es war einmal ein steinalter Mann, dem waren die Augen trüb geworden, die Ohren taub, und die Knie zitterten ihm. Wenn er nun bei Tische saß und den Löffel kaum halten konnte, schüttete er Suppe auf das Tischtuch, und es floß ihm auch etwas wieder aus dem Mund. Sein Sohn und dessen Frau ekelten sich davor, und deswegen mußte sich der alte Großvater endlich hinter den Ofen in die Ecke setzen, und sie gaben ihm sein Essen in ein irdenes Schüsselchen und noch dazu nicht einmal satt; da sah er betrübt nach dem Tisch, und die Augen wurden ihm naß. Einmal auch konnten seine zitterigen Hände das Schüsselchen nicht festhalten, es fiel zur Erde und zerbrach. Die junge Frau schalt, er sagte aber nichts und seufzte nur. Da kauften sie ihm ein hölzernes Schüsselchen für ein paar Heller, daraus mußte er nun essen. Wie sie da so sitzen, so trägt der kleine Enkel von vier Jahren auf der Erde kleine Brettlein zusammen. »Was machst du da?« fragte der Vater. »Ich mache ein Tröglein«, antwortete das Kind, »daraus sollen Vater und Mutter essen, wenn ich groß bin.« Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu weinen, holten alsofort den alten Großvater an den Tisch und ließen ihn von nun an immer mitessen, sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschüttete.
Jacob und Wilhelm Grimm
Die Kraft des Alterns
Das Alter ist jung, jedenfalls dann, wenn man es als gesellschaftliches Phänomen betrachtet. Es ist eine Errungenschaft des 20. Jahrhunderts – bedingt durch eine bessere Ernährung, bessere Arbeitsbedingungen und vor allem den biomedizinischen Fortschritt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung wird mittlerweile über 70 Jahre alt. Dass einzelne Menschen alt werden können, ist bekannt, darüber wird geschrieben, seit es eine Schriftkultur gibt. Aber dass eine ganze Gesellschaft altert, ist eine neue Entwicklung. Und
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