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Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Titel: Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Korte
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glaubte man, die Gehirnreifung sei im Wesentlichen nach den ersten drei Lebensjahren abgeschlossen. Ob dem wirklich so ist, hat der Neurologe Jay Giedd von den National Institutes of Health in den USA mit Hilfe eines bildgebenden Verfahrens (der funktionalen Kernspintomographie) an 150 Jugendlichen untersucht, die er von der Kindheit an bis in das Erwachsenenalter hinein beobachtete. Dabei stellte er fest, dass das jugendliche Gehirn ungefähr mit Beginn der Pubertät einen regelrechten Wachstumsschub erlebt. Von Stabilität konnte keine Rede sein, denn nach dem Wachstumsschub kam es genauso massiv zu einer Reduktion in der Größe einiger Stirnlappengebiete. Dieser Prozess betrifft innerhalb des Stirnlappens vor allem den präfrontalen Cortex, der für die Hemmung und Steuerung von Gefühlen zuständig ist. Er reguliert und kontrolliert die spontanen Impulse und ist eine Art Planungszentrale für zukünftige Handlungen. Er ist z. B. dann aktiv, wenn es einem gelingt, erst bis zehn zu zählen, bevor man seinen Chef oder seine Eltern wüst beschimpft. Und es ist auch dieses Areal, das einem erlaubt, trotz mannigfaltiger Ablenkung konzentriert bei einer Sache zu bleiben und nicht jeder Störung (seien es Gedanken, Geräusche oder eingehende E-Mails) sofort nachzugehen. Der präfrontale Cortex – wenn er voll entwickelt ist – wägt mögliche Handlungsausgänge ab und nimmt entsprechend Einfluss auf andere Gehirnzentren, um den vorhergesagten Konsequenzen Rechnung zu tragen. Erwachsene fällen so ihre täglichen Entscheidungen – wichtige und unwichtige. Unabhängig davon, ob sich die Entscheidungen im Nachhinein als richtig herausstellen, findet hier in Sekundenschnelle eine Nutzen-Risiko-Abwägung statt, derer wir uns selten konkret bewusst sind. Bei Teenagern ist der Einfluss des präfrontalen Cortex vorübergehend eingeschränkt. Ihre Impulsivität lässt sie entsprechend häufig die Konsequenzen ihres Handelns nicht richtig durchdenken.
    Das Gehirn wird erwachsen
    Der kurzfristige Wachstumsschub im präfrontalen Cortex mit Beginn der Pubertät hängt mit dem enormen Auswachsen von bestehenden Nervenzellen zusammen. Durch dieses Wachstum werden neue Synapsen in Milliardenhöhe gebildet, um in einem zweiten Selektionsprozess an anderer Stelle in noch größerer Zahl wieder abgebaut zu werden. Es scheint fast so, als ob eine Unternehmensberatung dem Gehirn zu größeren Umstrukturierungen, in einigen Bereichen zu Neueinstellungen, in anderen zu massiven Entlassungen geraten hätte. Genau in diese Umbruchphase fällt die Pubertät, was nahelegt, dass das wenig kontrollierte und unstete Verhalten von Teenagern sowie ihre Entscheidungsschwierigkeiten auf diese »Umstrukturierungsprozesse« des präfrontalen Cortex zurückgeführt werden können. Dieser Bauabschnitt des menschlichen Gehirns ist erst nach dem 20. Lebensjahr abgeschlossen, und genau genommen hört der Umbauprozess in dieser Etage des Gehirns nie richtig auf. Etwa mit dem 20. Lebensjahr ist auch die isolierende Ummantelung (Myelinisierung) der Axone endgültig beendet, die maßgeblich die Verarbeitungsgeschwindigkeit von Nervenzellen bestimmt. Allein zwischen dem zwölften und 20. Lebensjahr hat sich die Myelinmenge im Gehirn verdoppelt. Dies bewirkt eine effektivere Verarbeitungsgeschwindigkeit. So werden auch die Verbindungen zwischen den beiden Großhirnhälften verbessert, mit dem Ergebnis, dass sich die muttersprachlichen Fähigkeiten steigern. Zwar arbeiten die von Myelin umgebenen Neuronen effektiver, aber sie sind starrer, was es uns ab dem Beginn der Pubertät erschwert, Fremdsprachen zu lernen – daher auch die Redewendung: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Die Spezies Mensch beweist aber das Gegenteil: Sie zeichnet sich bis in das hohe Alter dadurch aus, lernen zu können. Was abnimmt, ist die Bereitschaft der Nervenzellen, sich plastisch zu ändern, was eine der Voraussetzungen für Lernvorgänge ist. Diese Abnahme in der Plastizität erklärt, warum Lernvorgänge häufig länger brauchen und mühsamer sind, allerdings beginnt dieser Prozess bereits im frühen Erwachsenenalter. Vor allem die Großhirnrinde verändert sich durch plastische Lernvorgänge noch bis zum 25. Lebensjahr hin makroskopisch sichtbar, insbesondere im Stirnlappengebiet, was unter anderem dazu führt, dass wir mit ca. 25 Jahren die größte Kapazität unseres Arbeitsgedächtnisses erreichen. Danach lässt sie, wie bereits weiter oben ausgeführt,

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