Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)
Emotionen bedingt, sind bei Alzheimer-Patienten – neben dem Kurzzeitgedächtnis – diese Fähigkeiten stark beeinträchtigt (Abb. 34).
Abbildung 34: Krankheitsverlauf der Alzheimer-Demenz
Dargestellt ist der symptomatische Verlauf einer Alzheimer-Demenz, wie er auftreten könnte. Im Detail verläuft jede Demenz aber anders und ist einzigartig.
Des Weiteren werden vor allem im Hippocampus und im Stirnlappen die Aufnahme und Freisetzung von Glutamat nicht mehr korrekt reguliert. Anders als beim Acetylcholin, das bei Alzheimer-Erkrankten vermindert produziert wird, wird zu viel Glutamat ausgeschüttet bzw. zu wenig durch Wiederaufnahme in Zellen inaktiviert; und auch das bringt das fein austarierte Gleichgewicht der chemischen Synapsen durcheinander.
Neben den cholinergen Neuronen, also den Nervenzellen, die als Botenstoff Acetylcholin ausschütten, sind noradrenerge Nervenzellen, die als Botenstoff Noradrenalin benutzen, vom neuronalen Kahlschlag betroffen. Das Neurotransmittersystem, welches Noradrenalin benutzt, ist entscheidend an der Stimmungsregulation beteiligt, der generellen Aufmerksamkeit (Wachheit, englisch: arousal ) und an der Modulation unseres Lernvermögens, vor allem wenn es um den Übergang vom Kurz- zum Langzeitgedächtnis geht. Man sieht, die Symptomatik der Alzheimer-Erkrankung kann bis in die biochemischen Details hinein aufgeklärt werden, aber die alles entscheidende wissenschaftliche Einsicht über Ursache und Auslöser, vor allem darüber, welche Maßnahmen das Auftreten verhindern können und wo eine effektive Therapie ansetzen sollte, fehlt noch immer. Alles, was die jahrelange Forschung bisher herausgefunden hat, beschränkt sich darauf, Symptome zu lindern.
Risikofaktoren und Therapieansätze
Demenzen haben die verschiedensten Ursachen, und entsprechend unterscheiden sich auch die vermuteten Risikofaktoren und Therapieansätze. Hier seien jetzt nur die beiden häufigsten Demenzen, die vaskuläre Demenz und die Alzheimer-Demenz, beschrieben.
Wie wir gesehen haben, machen vaskuläre Demenzen etwa 20 % aller Demenzen aus. Risikofaktoren sind Rauchen, Übergewicht und Fettstoffwechselstörung, die jeweils die Wahrscheinlichkeit, an dieser Demenzform zu erkranken, um den Faktor 2 erhöhen. Mit anderen Worten: Ein Mensch, der regelmäßig raucht oder stark übergewichtig ist, geht ein doppelt so hohes Risiko ein, an einer vaskulären Demenz zu erkranken. Noch größer wird das Risiko bei chronischem Alkoholmissbrauch, Diabetes, (2- bis 3-fach erhöhtes Risiko), koronarer Herzerkrankung (2-bis 4-fach erhöhtes Risiko) oder Bluthochduck (5-fach höheres Risiko). Das stärkste Risiko haben Menschen mit Herzrhythmusstörungen (6-bis 18-fach höheres Risiko).
Nachdem 30 % der über 85-Jährigen an Alzheimer erkranken, liegt es nahe zu glauben, dass der Krankheitsbeginn auch in diese Lebensspanne fällt. Allerdings haben Studien gezeigt, dass der Beginn der Krankheit häufig schon vor dem 50. Geburtstag liegt. Das heißt aber auch, dass man ihren Ausbruch deutlich nach hinten schieben kann, vorausgesetzt, man kennt und beachtet die Risikofaktoren. Auch wenn die Ursachen der Alzheimer-Erkrankung noch nicht im Detail aufgeklärt sind, so lassen sich doch eine Reihe von Risikofaktoren identifizieren: Ähnlich wie bei der vaskulären Demenz erhöht Rauchen die Wahrscheinlichkeit, an einer Alzheimer-Demenz zu erkranken, wie eine Studie des Kaiser-Permanente-Medical-Care-Programmes in Nordkalifornien belegt. Dafür hat man in den Jahren 1978 bis 1985 21.000 Personen im Alter von 50 bis 60 Jahren einem freiwilligen Gesundheitscheck unterzogen und befragt. 25 Jahre später hat man die Versuchsteilnehmer abermals untersucht. Dabei zeigte sich, dass bei den Teilnehmern, die zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr zwei Päckchen Zigaretten am Tag geraucht hatten, das Risiko, an einer Alzheimer-Demenz zu erkranken, um den Faktor 2 größer war als bei denjenigen, die Nichtraucher waren. Wie sich herausstellte, war dieser Risikoeffekt sogar dosisabhängig: Bei denjenigen, die nur ein Päckchen Zigaretten pro Tag konsumierten, war das Risiko lediglich 1,5-fach so groß. Fest steht aber, dass Rauchen im Alter von 50 das Risiko, ein Vierteljahrhundert später an Alzheimer zu erkranken, erhöht! Wer übrigens weniger als zehn Zigaretten pro Tag rauchte oder nur in jungen Jahren diesem Laster nachging, musste kein erhöhtes Risiko fürchten.
Neben dem Rauchen erhöht Übergewicht das Alzheimer-Risiko, vor allem
Weitere Kostenlose Bücher