Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)
Mechanismen, die für Lern- und Gedächtnisprozesse verantwortlich sind, auch bei der Reorganisation der Großhirnrinde nach einem Schlaganfall beteiligt sind.
Außerdem versuchen Physio- und Ergotherapeuten, mit Rehabilitation die Körperwahrnehmung des Patienten zu verbessern, z. B. seine Gehfähigkeit zu reaktivieren, Gangmuster einzuüben oder sensomotorische Fähigkeiten zu trainieren; Logopäden nehmen sich der Aufgabe an, die Sprachfähigkeiten wiederherzustellen. Das alles mit erstaunlichem und oft unterschätztem Erfolg.
Neuere Therapie-Ansätze versuchen, durch den Infarkt sekundär veränderte Hirnaktivitäten zu korrigieren. So zeigen einige Patienten eine vermehrte Aktivität der nicht geschädigten Großhirnhemisphäre, welche die motorischen Funktionen der vom Schlaganfall betroffenen Hirnhälfte stört. Eine Reduktion der Überaktivität, z. B. mit Hilfe der transkraniellen Magnetstimulation ( TMS ), die den neuronalen Aktivitätsfluss durch an den Kopf angelegte Magnetfelder stoppt, kann dazu führen, dass der Patient z. B. die gelähmte Hand wieder gebrauchen kann.
Eine spannende, neue Variante verbindet Grundlagenforschung mit einer originellen Therapieidee, nämlich die Patienten vor allem durch Nachahmung Bewegungen neu erlernen zu lassen. Für eine solche Art des Lernens gibt es in unseren Köpfen ein faszinierendes System an Spiegelneuronen, die bei zielgerichteten Aktionen aktiv werden, und zwar egal ob wir sie selbst ausführen oder nur an anderen beobachten. Entsprechend sind Spiegelneuronen vor allem in jenen Regionen des menschlichen Gehirns verbreitet, die Handlungen planen und initiieren: neben dem motorischen Cortex, der Bewegungsimpulse an die Muskeln schickt, vor allem das prämotorische sowie das supplementär-motorische Areal. Die Frage der Wissenschaftler ist, ob sich dieses Spiegelneuronensystem nicht auch zur Therapie von Schlaganfallpatienten nutzen lässt.
Dieser Idee folgend, entwickelte das Universitätsklinikum in Lübeck ein Reha-Programm für Schlaganfallpatienten, deren motorische Rindenareale durch eine Hirnblutung geschädigt worden waren. Die Probanden sahen dabei zunächst Filmaufnahmen mit einer Folge von Bewegungen – z. B. Arm ausstrecken, Hand öffnen, nach einem Apfel greifen und diesen zum Mund führen, um davon abzubeißen. Gleich darauf versuchten die Patienten, das Gesehene selbst aktiv zu imitieren, um die Repräsentation des Ablaufs im Gehirn zu festigen. Das simple Versuchsprogramm erwies sich als erfolgreich: Die motorischen Fähigkeiten der Probanden verbesserten sich im Verlauf eines sechswöchigen Trainingsprogramms deutlich schneller als in der Vergleichsgruppe, die keine Videotherapie erhielt und ein normales Trainingsprogramm durchlief (dieses führte zwar auch zu Verbesserungen, sie blieben aber hinter denen der Videotherapie zurück).
Risikofaktoren
Die Hauptrisikofaktoren für einen Schlaganfall sind Bluthochdruck und Rauchen, Herzerkrankungen (instabile Angina pectoris, Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Herzklappenfehler) und Stoffwechselstörungen (erhöhte Blutfettwerte, Diabetes mellitus). Da sie zum Teil etwas mit unserem Lebensstil zu tun haben, können wir sie auch beeinflussen: Aufs Rauchen kann man verzichten, und Bluthochdruck sowie Herzerkrankungen werden durch Übergewicht begünstigt, dem man durch viel Bewegung und eine Ernährungsumstellung entgegenwirken kann. Die Wissenschaft hält weitere gute Nachrichten bereit: Neuere Untersuchungen belegen nämlich, dass sich das Schlaganfallrisiko durch geringe Mengen Alkohol (weniger als 10 g Ethanol pro Woche – das sind etwa 0,5 Liter Bier pro Woche) sowie regelmäßige körperliche Aktivität, die wiederum zur Reduktion von erhöhtem Blutdruck führt, senken lässt. Daneben hat sich bei entsprechender Indikation der Einsatz von Medikamenten bewährt, die einen bestimmten Typ von Blutzellen, die die Blutgerinnung fördern (Thrombocyten), hemmen. Vor allem Acetylsalicylsäure und Ticlopidin werden in der Schlaganfallprophylaxe eingesetzt, da mit ihrer Hilfe das Risiko von Arterienverschlüssen vermindert werden kann.
Wer ungesund lebt oder eine genetische Disposition hat, läuft im Alter Gefahr, einen Schlagfall zu bekommen. Dass dies aber erst in dieser Lebensphase und nicht schon mit 40 Jahren oder noch früher geschieht, hat mit der Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems zu tun, welches effektiv die Bildung von kleinen Thromben zu verhindern weiß, eine Fähigkeit,
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