Jungs sind keine Hamster
ein dummes Mädchen wie mich überfordern würden. Erst hatte ich noch ein schlechtes Gewissen und dachte darüber nach, mich bei ihm zu entschuldigen, aber nur zwei Tage später erfuhr ich dann, dass er in der Schule rumerzählte, er wolle nichts mehr mit mir zu tun haben, da er mich endlich rumgekriegt hätte. Was für ein Arsch! Damit hätte ich niemals gerechnet.
Als ich wieder daran dachte, fragte ich mich, warum es eigentlich etliche Bücher gab, die einem erklärten, wie man mit einem popeligen Hamster umgehen musste, aber keines, das uns Mädchen dabei half, sich stressfrei einen Jungen zu halten. Was sollten wir bei der Auswahl beachten? Gerade beim allerallerersten Freund? Wenn man selber noch ganz grün hinter den Ohren war und total überfordert mit allem, was eine Beziehung anging?
Ich kam zu dem Schluss, dass alle Mädchen wissen sollten, was Jungs dachten – konnte ja nicht viel sein. Warum sie so häufig müffelten oder komplett öde Dinge wie Ballerspiele oder von Brücken rotzen cool und extrem lustig fanden.
Lore hatte Recht! Ein Ratgeber über Jungs musste her.
Ich klappte meinen Laptop zu und versuchte einzuschlafen, starrte aber nur ewig an die Decke, während meine Katze das Bett nach dem perfekten Plätzchen zum Dösen absuchte. Irgendwann piepte mein Handy. Eine SMS von Lore.
Muss was besorgen! Heimlich. Darf nicht gesehen werden. Kann also morgen nicht zur Schule kommen. Lass dich überraschen. :)
Morgens weckte mich erst der klingelnde Wecker (6:45 Uhr), dann die hungrige Katze (7:04 Uhr) und dann zweimal meine Mutter, indem sie gegen die Tür klopfte und irgendwas brüllte (7:12 Uhr und 7:23 Uhr). Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und blinzelte aus dem Fenster. Es regnete immer noch. Um acht musste ich in der Schule sein. Als Erstes stand Mathe auf dem Stundenplan und da sollte ich besser pünktlich sein, denn unsere Lehrerin Frau Vogel verstand bei Verspätungen keinen Spaß. Aber immerhin konnte ich in Mathe noch etwas weiterdösen. Solange man keinen Unfug anstellte, ruhig dasaß und den Unterricht nicht störte, war es Frau Vogel egal, ob man aufpasste, schlief oder einen Ratgeber über Jungs verfasste. Hauptsache, man hielt die Klappe. Schnell packte ich frische Klamotten in eine Tüte, schulterte meinen Rucksack mit den Schulsachen und Lores Hamsterbuch, steckte meinen Haustürschlüssel ein und kletterte den Baum runter. Auf dem Weg zur Haustür sammelte ich noch das Katzenkotze-T-Shirt ein und entsorgte es im Mülleimer, der dank Einzug von Jette und Co. bereits aus allen Nähten platzte.
Dann schloss ich die Haustür auf und schlich durch den Flur, um bloß niemandem über den Weg zu laufen. Ich hatte keinen Bock auf Reden. Aber darauf nahm, welch Wunder, Jette keine Rücksicht. Die sang hinter der geschlossenen Badezimmertür irgendeinen Popsong. Genervt klopfte ich an und rief: „Beeil dich! Ich muss auch noch duschen. Danke.“
„Reib dich im Garten doch einfach mit Sand ab, du Troll!“, rief sie zurück, lachte und sang weiter.
Ich musste mehrmals tief durchatmen, um nicht die Fassung zu verlieren. Unser Haus war recht groß, verfügte aber nur über ein richtiges Badezimmer mit Dusche und Wanne. Ansonsten gab es nur noch zwei Gästetoiletten. Kleine Dinger mit Klo und Waschbecken und vor allem unbeheizt.
„Mach jetzt endlich auf!“ Ich schlug gegen die Tür.
„Jetzt weißt du mal, wie es ist, vor einer verschlossenen Tür zu stehen“, antwortete Jette süß.
Gerade als ich darüber nachdachte, so lange gegen die Tür zu treten, bis sie aus den Angeln flog, mischte sich Hannes ein.
„Was ist los?“
Ich fuhr herum.
„Was los ist? Deine Tochter blockiert das Badezimmer und will mich nicht reinlassen. Das ist los!“
Hannes sagte nichts, sondern klopfte nur dreimal gegen die Tür. Und schon öffnete Prinzessin Jette – mit perfekter Frisur, perfekt geschminkt und chic gekleidet. Im Vergleich zu ihr sah ich wirklich aus wie etwas Grausliches, das im Moor lebt.
Miss Perfect flötete nur: „Kein Problem, Daddy“, und schwebte an uns vorbei. Natürlich ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Hannes lächelte mich an und hielt mir die Badezimmertür auf.
„Danke“, grummelte ich, schlüpfte ins Bad und schloss die Tür hinter mir. Die Luft war feucht und warm wie in einer Dampfsauna. Nasse Handtücher lagen überall auf dem Boden rum. Wie konnte jemand, der immer so perfekt aussah, so ein Chaos hinterlassen? War sich die Prinzessin zu
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