Jungs sind keine Hamster
absetzen sollte. Aber das ging ja nicht. Ich gab auf, drehte mich um und rannte fast den Gorilla über den Haufen.
„Hey, hey!“, rief der. „Nicht so stürmisch.“
Oh Gott, wie peinlich.
„Du stehst wohl auf stark behaarte Typen, was?“
„Schon immer!“, schrie ich. „Das Krümelmonster war meine erste große Liebe!“
Der Gorilla warf seinen Kopf in den Nacken und lachte.
Und zwar total süß. Am liebsten hätte ich ihm gleich ein Leckerchen gegeben. Ein Stück Zucker, Weintrauben oder einen Schokoriegel. Irgendwas, was männlichen Primaten besonders gut schmeckt.
Als er sich wieder beruhigt hatte, ging er zur Theke.
„Willst du auch eine Cola?“
Ich nickte heftig.
Er winkte den Barkeeper herbei und zog seine Maske hoch. Allerdings nur bis knapp über den Mund, sodass ich ihn nicht erkennen konnte. Mist, verdammter. Aber er hatte schöne Lippen. Der Barkeeper stellte zwei kleine Flaschen Cola auf den Tresen, öffnete sie und steckte jeweils einen Strohhalm rein. Der Gorilla bezahlte, zog seine Maske wieder runter, drehte sich um und überreichte mir eine Flasche.
„Was kriegst du?“
„Was?“
„Was muss ich zahlen?“, schrie ich.
„Schon gut. Geht auf mich. Prost!“ Er hielt mir die Cola vors Gesicht und ich stieß mit ihm an. Vorsichtig fädelte ich den Strohhalm durch den Helm hindurch. Es dauerte etwas, bis der Strohhalm endlich gegen meine Lippen stieß und ich einen Schluck trinken konnte. Dem Gorilla war es offensichtlich auch ordentlich heiß unter seinem Kostüm. Er leerte die Cola in einem Zug.
„Ah! Das tat gut!“, seufzte er und stellte die Flasche ab.
„Absolut!“, schrie ich. „Ist ja auch eine Affenhitze hier drin.“
Wieder lachte der Gorilla. Er hatte wirklich Humor. Einen guten sogar. Schließlich beömmelte er sich über meine Witze. Mein Gehirn ratterte.
Ich wollte unbedingt noch einen drauflegen. Beweisen, dass ich wirklich unfassbar witzig und schlagfertig war.
„Was macht dein Kopf?“, fragte er.
„Er ist nicht kaputter als vorher.“
„Und? Wie heißt du?“, fragte er amüsiert.
„Darth Vader.“
„Klar. Und wenn du nicht gerade versuchst, die Welt zu beherrschen?“
„Darf ich nicht sagen. Befehl vom Imperator.“
„Verstehe. Dann nimm doch einfach mal den Helm ab.“
„Nee.“ Ich wand mich.
„Muss ich die Sturmtruppen rufen?“
„Wen?“
„Star Wars. Sturmtruppen. Das sind diese weißen Soldaten.“
„Kenn ich nicht. Ich steh ehrlich gesagt gar nicht so auf Science-Fiction. Ich kenne die ganzen Filme nur, weil ich die mit meinem Freund Till gucken musste. Ich … äh … meine, mit meinem Exfreund Till. Also eigentlich waren wir nur Freunde …“ Was machte ich denn da? Mich um Kopf und Kragen reden. Hör auf damit!, dachte ich so laut und eindringlich, wie es ging.
„Aber wenn du dich eh nicht für Star Wars interessierst, kannst du doch auch den Helm absetzen“, meinte der Gorilla.
„Nee, geht nicht.“
„Verstehe. Weil ihr euch reingeschlichen habt und rausfliegt, wenn man euch erkennt.“
Warum sollte ich es leugnen? Schließlich hatte er mich aus dem Klofenster befreit. Also sagte ich nur: „Ja.“
Der Gorilla sah mich an. Ziemlich lang. Und sagte nichts. Ich bildete mir ein, dass er unter seiner Maske grinste.
„Willst du tanzen?“, fragte er mich.
„Nee, lass mal. Ich kann nicht tanzen!“ Was nicht stimmte. Ich konnte super tanzen. Nur nicht schön. Ich hopste eher wie eine Irre, deren Füße in Flammen standen. Was enormen Spaß machte, aber beknackt aussah.
„Quatsch! Komm!“, sagte er, deutete eine Verbeugung an und hielt mir seinen Arm hin. Was für ein vornehmer Affe, dachte ich. Irgendwie altmodisch war das. Was mir echt gefiel. Ich legte meine Hand auf seinen Arm und er führte mich zur Tanzfläche. So wie Opa früher wahrscheinlich Oma zum Schwofen lockte. Opa nannte Tanzen Schwofen. Ein nettes Wort. Ich sagte es gerne. Schwof. Nun war es an mir, zu schwofen.
Zwischen all den hüpfenden, wiegenden Körpern bemühte ich mich heftig, nicht allzu dämlich auszusehen. Der Gorilla tanzte echt gut. Ich eher vorsichtig. Wobei ich darauf achtete, mich nicht zu weit von ihm zu entfernen – nicht dass sich ein anderes Mädchen zwischen uns quetschte. Aber ich durfte ihm auch nicht zu nah kommen. Darth Vader musste cool bleiben.
Ich versuchte krampfhaft, mich zum Rhythmus zu bewegen, ohne mich zu bewegen, also nicht zu doll zu bewegen, um bloß nicht freakig zu wirken. Ich hampelte ein
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