Jungs zum Anbeißen
das Ding rankommen?«
Er ignoriert mich natürlich und leiert weiter. Er würde einen großartigen Geschichtslehrer abgeben. Er ist fast so langweilig wie Miss Dawsen. »Irgendwie ist die uralte Reliquie in die Hände der Dame vom See gefallen, Nimue, die auf der Insel Avalon lebte. Und man vermutet, dass der Gral sich bis auf den heutigen Tag noch dort befindet. Tief in der Erde vergraben, in einer geheimen Höhle unter dem Hügeltor.«
Jetzt kommen wir langsam weiter. »Also ist Avalon tatsächlich ein realer Ort? Existiert es noch immer? Können wir dorthin fahren und den Gral holen?« Ich weiß, dass ich meine Fragen schneller stelle, als Magnus sie beantworten kann, aber ich bin viel zu verzweifelt, um aus meiner Haut zu können.
»Ja, nein vielleicht«, antwortet Magnus sachlich. »In dieser Reihenfolge.«
»Ähm ...«
»Ja, es war ein realer Ort«, erklärt er. »Aber die Priesterinnen der Vergangenheit gibt es schon lange nicht mehr. Es ist technisch gesehen nicht einmal mehr eine Insel.
Im Laufe der Jahre hat das Wasser Avalon in Sumpfland verwandelt und die Sümpfe sind inzwischen ausgetrocknet.
Was früher eine Insel war ist jetzt mit dem englischen Festland verbunden.«
»Kapiert.«
»Das gegenwärtige Avalon liegt an einem Ort namens Glastonbury. Einem kleinen, ruhigen Dorf im Südwesten Englands.«
»Glaubst du, dass der Gral immer noch dort in der Gegend ist?«
»Vielleicht.« Magnus streicht sich nachdenklich übers Kinn.
Ich liebe diesen Anflug eines gefährlichen Stoppelbarts, der auf seinem ansonsten so jungenhaften Gesicht lauert. Ich frage mich, ob Vampire sich rasieren müssen. »Ich habe Gerüchte über einen uralten Druidenorden gehört, der noch immer in dem Dorf beheimatet sein soll. Sie hüten ihre Geheimnisse sehr sorgfältig, aber wenn man die richtige Art von Überredungskunst anwendet, werden sie ihre Weisheit vielleicht teilen.«
»Und das ist gut für uns, ja?«, frage ich hoffnungsvoll. »Ich will dich nicht anlügen, Sunny. Es wird definitiv schwer sein, Erfolg zu haben.«
»Schwer, aber nicht unmöglich.«
»Korrekt.«
»Also«, sagte ich in dem Bedürfnis, das Ganze noch mal zusammenzufassen. »Ich brauche lediglich nach England zu fliegen, dort nach Glastonbury zu fahren, die Mitglieder eines alten versteckten Druidenordens zu finden und sie dazu zu überreden, mich zum Heiligen Gral zu führen, wo ich einen Tropfen reinigenden Blutes trinken und meine Verwandlung in einen Vampir aufhalten kann.«
»Und das alles vor Samstag um Mitternacht«, fügt Magnus mit einem Blick auf seine Armbanduhr hinzu. Ich seufze. Vielleicht ist das Glas doch nicht halb voll, sondern halb leer. Oder in diesem Fall eher so was von leer, dass »staubtrocken« eine angemessene Beschreibung wäre.
Zunächst mal, wie zum Kuckuck soll ich nach England kommen? Ich kann meiner Mom wohl kaum aus heiterem Himmel eine Reise vorschlagen. Sie würde lauter lächerliche Einwände erheben - ihren Job, meine Schule, niemanden, der sich um unsere Katze Missy kümmert, etc. etc. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass diese alte Hippie-Frau der aus der Mode gekommenen Auffassung anhängt, Flugzeuge seien benzinverschlingende Monster, die der Umwelt Schaden zufügen und nur in Notfällen benutzt werden sollten, wie bei Grandmas Beerdigung, als wir keine Zeit hatten, ihren Toyota Prius mit Hybridantrieb zu nehmen.
Vergiss es, meine Chancen, vor Samstag um Mitternacht in das gute alte England zu reisen, tendieren gegen null.
»Ich schätze, du kannst anfangen, mich Vampir Sunny zu nennen«, sage ich mit einem trostlosen Seufzer. Ich nehme noch einen Schluck von dem Blutwein. Wenn es schon mal so ist, kann ich mich auch gleich an das Zeug gewöhnen.
»Einen Moment mal«, sagt Magnus. »So leicht gibst du doch nicht auf, oder?«
Ich blicke von meinem Glas auf. »Ich lebe nicht in einer Fantasiewelt Mag. Ich klammere mich nicht an falsche Hoffnungen. Es gibt nicht die geringste Möglichkeit, wie ich vor Samstag nach Glastonbury kommen kann. Ich bin einfach realistisch.«
Magnus greift nach seinem eigenen Glas, lässt die Flüssigkeit kreisen und starrt es eine Sekunde lang an.
Dann sieht er mich an. »Ich bringe dich hin«, sagt er nach einer langen Pause.
Ich erwidere seinen Blick und versuche, das Saphirblau seiner Augen zu ignorieren. »Was?«, frage ich, obwohl ich ihn sehr gut verstanden habe. Ich kann nur einfach nicht glauben, was er gesagt hat.
»Ich bringe dich nach England. Nach
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