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Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht

Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht

Titel: Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Entscheidung der Schöffen zählt genauso viel wie die des Berufsrichters. Die beiden Schöffen können den Berufsrichter also überstimmen. Hält der Berufsrichter den Angeklagten für schuldig, die beiden Schöffen halten ihn aber für unschuldig, dann muss der Angeklagte freigesprochen werden.
    Das Gericht, das über die Bestrafung von Luka Lissner entscheidet, besteht aus Richter Ramsauer, einem Berufsrichter, und den beiden Schöffen Erika Baumann und Constantin Windmühl. Erika Baumann ist Hausfrau, Constantin Windmühl ist Versicherungsvertreter. Richter Ramsauer schlägt vor, den Angeklagten Luka Lissner mit einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten zu bestrafen. Die beiden Schöffen Erika Baumann und Constantin Windmühl finden das zu wenig. Sie sind der Meinung, dass der Angeklagte Luka Lissner für seinen vierten Einbruch ein Jahr länger als für seinen dritten Einbruch ins Gefängnis muss. Damit er endlich kapiert, dass man nicht in Häuser anderer Leute «einsteigt». Die beiden Schöffen überstimmen den Berufsrichter, und daher ergeht folgendes Urteil: Luka Lissner muss für zwei Jahre und sieben Monate ins Gefängnis.
b. Der Amtsrichter als Zivilrichter
    Das Amtsgericht ist in Zivilsachen zuständig, wenn es um weniger als 5000 Euro geht. Bekommt ein Amtsrichter einen neuen Fall auf den Tisch, prüft er zunächst, ob er überhaupt zuständig ist, ob sich die Parteien also um weniger als um 5000 Euro streiten. Das ist dann einfach, wenn der Kläger vom Beklagten Geld will. Geld, weil er dem Beklagten ein Fahrrad für 800 Euro verkauft hat und dieser nicht zahlt. Hier streiten sich die Parteien um 800 Euro. Manchmal ist es aber gar nicht so einfach zu bestimmen, um wie viel sich die Parteien streiten, denn manchmal streiten sie sich nicht um Geld.
    Der Student Leon Herberger hört jeden Abend bis spät in die Nacht laut Musik. Erna Freise, die unter Leon Herberger wohnt, findet das gar nicht lustig. Sie kann nicht ungestört fernsehen, so laut schallt es von oben herunter. Da alles Bitten nicht hilft, verklagt Erna Freise Herrn Leon Herberger darauf, dass dieser nicht mehr nach 22 Uhr laut Musik hören darf. Richterin Sonnenschein bekommt die Klage auf den Tisch und überlegt, um wie viel Geld es hier geht. Eigentlich um gar kein Geld, denn die Klägerin will ja kein Geld, sondern ihre Ruhe. Daher muss die Richterin schätzen, wie hoch das Interesse der Klägerin an ihrer Ruhe ist und rechnet dieses Interesse in Geld um. Die Richterin kann dazu in eine Tabelle schauen. In dieser Tabelle sind viele Beispiele aus anderen Gerichtsverfahren aufgelistet, in denen es um ähnliche Fälle ging. Die Richterin legt den Streitwert auf 700 Euro fest.
    Nach diesem Streitwert richten sich auch die Gerichtsgebühren. Sie betragen 135 Euro, und bevor Erna Freise diesen Betrag nicht bei der Gerichtskasse eingezahlt hat, schaut sich kein Richter ihren Fall an. Wenn Erna Freise den Fall gegen Leon Herberger gewinnt, bekommt sie die Gerichtsgebühren von Leon Herberger zurück.
    Der Richter am Amtsgericht entscheidet jeden Fall allein. Das ist eine große Verantwortung, denn auch Verfahren, bei denen es um vergleichsweise wenig Geld geht, können rechtlich sehr kniffelig sein. Außerdem sind 3000 oder 4000 Euro vielleicht für einen Millionär wenig Geld, nicht aber für Tante Ida, die von einer Rente von nur 900 Euro im Monat leben muss.
c. Der Bürger braucht keinen Anwalt
    Eine Besonderheit des Amtsgerichts ist, dass die Parteien, also der Kläger und der Beklagte, selbst vor Gericht auftreten können. Sie müssen keinen Rechtsanwalt beauftragen. Die Idee dabei ist, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, ohne großen finanziellen Aufwand ihr Recht zu verfolgen. Wer sich selbst vertritt, spart das Geld für einen Rechtsanwalt. Die Wirklichkeit sieht allerdings anders aus. Es kommt kaum vor, dass sich ein Bürgerselbst vertritt, weil es sich die meisten Menschen nicht zutrauen, mit den vielen verschiedenen Regeln beim Gericht ohne Hilfe eines Anwalts zurecht zu kommen. Und damit haben sie sogar Recht.
    Erna Freise aber spart sich die Kosten für einen Rechtsanwalt und geht allein zur Gerichtsverhandlung. Leon Herberger bestreitet, dass er bis spät nachts laut Musik hört. Also muss Erna Freise dies beweisen. Als Zeugen benennt sie Tobias Friedrich, der die Wohnung über Leon Herberger bewohnt. Tobias Friedrich bestätigt, dass Leon Herberger mitten in der Nacht laut Musik hört. Richterin Sonnenschein

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