Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht
vielleicht nichts dagegen, aber schlechte Noten möchte man ja nicht unbedingt der ganzen Welt zeigen. Da würdest du wahrscheinlich auch sagen, dass es dein Recht ist zu entscheiden, wer von deinem Zeugnis erfahren soll und wer nicht. Juristen sprechen hier vom «Allgemeinen Persönlichkeitsrecht».
Die Betreiber von «spickmich.de» vertraten vor Gericht natürlich die Meinung, dass es möglich sein müsse, einem Lehrer eine Note zu geben. Der Lehrer würde ja nicht beleidigt werden, sondern er bekomme eine ganz normale Schulnote. Dies sei von der Meinungsfreiheit und der Informationsfreiheit gedeckt, beides Rechte, die vom Grundgesetz geschützt seien. Und so mussten die Richter am Landgericht entscheiden, wer von beiden Recht hatte, die Lehrerin oder die Betreiber der Internetseite. Sie gaben den Betreibern der Internetseite Recht.
Damit war die Lehrerin nicht einverstanden. Sie legte Berufung beim Oberlandesgericht ein, und das Oberlandesgericht überprüfte die Entscheidung des Landgerichts. Das Oberlandesgericht sah die Sache so wie das Landgericht. Gleichzeitig sagte aber das Oberlandesgericht, dass es sich um eine wichtige Frage handele, die in Zukunft noch oft auftauchen werde. «Spickmich.de» sei eine von vielen Internetseiten, in denen man seine Meinung über andere veröffentlichen könne, und es werde nicht lange dauern, bis wieder jemand auf Löschung seiner Daten im Internet klage. Damit nicht das eine Gericht «hüh» sage unddas andere «hott», gab das Oberlandesgericht der Lehrerin die Möglichkeit, den Rechtsstreit dem BGH vorzulegen, um zu sehen, was der dazu sagt.
Also beschäftigte sich auch noch der BGH mit der Frage, ob der Name der Lehrerin aus dem Internet gelöscht werden müsse. Der BGH beantwortete diese Frage ebenfalls mit nein. Die Daten der Lehrerin hätten mit ihrem Beruf zu tun und seien daher von allgemeinem Interesse. Es gehe nicht darum, ob sie gut schwimmen könne oder ob sie eine coole Frisur habe, sondern allein darum, ob sie guten Unterricht in den Fächern Deutsch und Religion erteile. Der Name der Lehrerin und ihre Benotung sind noch heute unter www.spickmich.de zu finden.
Urteil vom 23. Juni 2006 (Aktenzeichen VI ZR 196/08).
III. Gerichte der besonderen Gerichtsbarkeit
Die Verwaltungsgerichte, die Arbeitsgerichte, die Finanzgerichte und die Sozialgerichte sind besondere Gerichte. Man merkt es diesen Gerichten schon am Namen an, dass sie spezialisiert sind. Das Arbeitsgericht beschäftigt sich zum Beispiel mit Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis. Oft geht es dabei darum, ob ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigen durfte. Wie im «Maultaschenfall».
Fall 8: «Maultaschen»
Altenpflegerin Schneeberger ist 58 Jahre alt und arbeitet seit fast 20 Jahren in einem Altenheim. Eines Mittags gibt es Maultaschen. Die Heimbewohner essen nicht alles auf, ein paar Maultaschen bleiben übrig. Übrig gebliebenes Essen wird normalerweise weggeworfen. Die Pflegerin steckt sich sechs der übrig gebliebenen Maultaschen im Wert von etwa 4 Euro in die Tasche, um sie zu Hause zu essen. Dabei wird sie erwischt. Das Altenheim kündigt der Pflegerin fristlos, da sie die Maultaschen gestohlen habe. Die Altenpflegerin geht zum Arbeitsgericht und wendet sich gegen die Kündigung. Das Arbeitsgericht sagt, die Kündigung sei in Ordnung. Die Pflegerin sei nicht berechtigt gewesen, die Maultaschen mitzunehmen, niemand habe es ihr erlaubt. Durch ihren Diebstahl könne ihr das Altenheim nicht mehr vertrauen, das Arbeitsverhältnis sei zerstört.
Urteil vom 16. Oktober 2009 (4 Ca 248/09).
Auch bei den besonderen Gerichten gibt es einen Instanzenzug. Denn auch ein Arbeitsrichter kann sich irren. Über dem Arbeitsgericht steht das Landesarbeitsgericht und über dem Landesarbeitsgericht das Bundesarbeitsgericht, das in Erfurt sitzt. Zum Landesarbeitsgericht kann man gehen, wenn man mit einer Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht einverstanden ist. Das macht die Pflegerin. Sie geht zum Landesarbeitsgericht.
Die Altenpflegerin findet es zu streng, dass ihr wegen sechs gestohlener Maultaschen gekündigt wurde. Das Landesarbeitsgericht deutet an, dass es das auch streng findet. Sechs Maultaschen seien nur um die 4 Euro wert, und außerdem wären die Maultaschen sowieso weggeworfen worden. Daraufhin einigen sich das Altenheim und die Altenpflegerin. Die Altenpflegerin nimmt die Kündigung hin, bekommt dafür aber eine Menge Geld vom Altenheim. Man nennt das eine
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