Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht
der Rechtsanwalt mit den vor Gericht geltenden Regeln besser vertraut ist und das Recht kennt. Schließlich geht es um viel Geld oder um eine hohe Strafe, und eine Partei soll nicht deshalb den Prozess verlieren, weil sie sich im Recht nicht auskennt.
Luka Lissner findet den Pfad der Tugend nicht. Gerade aus dem Gefängnis entlassen, bekommt er wieder eine Anklage zugestellt – wieder ein Einbruch, diesmal sein fünfter. Das Landgericht fordert Luka Lissner auf, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der ihn im Strafverfahren verteidigen soll. Luka Lissner hat nur Schulden und möchte an den Kosten eines Strafverteidigers sparen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass er vor Gericht steht. Er kann sich gut selbst verteidigen. Das geht aber nicht. Bei Strafverfahren vor dem Landgericht benötigt der Angeklagte zwingend einen Verteidiger, der darauf achtet, dass seine Rechte gewahrt werden. Hat der Angeklagte kein Geld, einen Verteidiger zu bezahlen, bestellt das Gericht einen Verteidiger und bezahlt ihn auch zunächst. Diesen Verteidiger nennt man Pflichtverteidiger.
3. Das Oberlandesgericht überprüft
Wie der Name schon sagt, das Oberlandesgericht steht oberhalb der Landgerichte. Es überprüft die Zivilentscheidungen des Landgerichts und ist damit fast ausschließlich ein Überprüfungsgericht. Abkürzt wird der Begriff Oberlandesgericht übrigens mit den Buchstaben «OLG»; das OLG Düsseldorf ist also das Oberlandesgericht, das in Düsseldorf seinen Sitz hat. Die Berliner nennen ihr OLG nicht OLG, sondern Kammergericht.
4. Der Bundesgerichtshof
Der «BGH», also der Bundesgerichtshof, ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, also der Gerichte, die sich mit Zivil- und Strafrecht beschäftigen. Es hat seinen Sitz in Karlsruhe.
a. Der Weg zum BGH ist schwer
Nicht jeder, der meint, das Zivilurteil des Land- oder Oberlandesgerichts sei falsch, kann zum BGH marschieren und ihn um eine Überprüfung bitten. Schließlich haben sich schon mindestens zwei Gerichte mit seinem Fall beschäftigt: Das Amtsgerichthat zuerst entschieden, das Landgericht hat die Entscheidung des Amtsgerichts überprüft. Oder das Landgericht hat zuerst entschieden und das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Landgerichts überprüft. Das müsste eigentlich ausreichen. Tut es an sich auch. Mit einer Ausnahme: Meint das zweite Gericht, der Fall habe eine Bedeutung für viele Menschen, kann es zu den Parteien sagen: «Wenn ihr wollt, dann geht mit der Sache zum BGH und fragt ihn, was er davon hält. Es wird noch viele von diesen Streitigkeiten geben, und da wäre es gut zu erfahren, was das höchste deutsche Gericht dazu sagt.» Man nennt das «die Revision zulassen».
b. Fünf Richter entscheiden
Beim BGH gibt es Senate, die aus fünf Richtern bestehen. Diese Richter werden gewählt und vom Bundespräsidenten ernannt. Alle fünf Richter entscheiden jeden Fall gemeinsam. Ein Senat besteht deshalb aus einer ungeraden Anzahl an Richtern, damit es immer zu einer Entscheidung kommt. Wären es nur vier Richter, könnte eine Entscheidung 2:2 unentschieden ausgehen. Die Richter beim BGH tragen nicht schwarze, sondern rote Roben. Einige ihrer Entscheidungen werden in Büchern abgedruckt. Diese Entscheidungen nennt man Leitentscheidungen, weil sie für die Richter der unteren Gerichte interessant sind und sie bei der Urteilsfindung anleiten können. Da Richter aber immer unabhängig sind, müssen sie einer Leitentscheidung des BGH nicht folgen, wenn sie diese für falsch halten. Ein Beispiel für den Instanzenzug mit einer Entscheidung des BGH ist das sogenannte «spickmich–Urteil» aus dem Jahr 2009.
Fall 7: «Spickmich»
Im Internet gibt es eine Seite mit dem Namen www.spickmich.de . Anders als im Schulalltag bewerten dort nicht die Lehrer die Schüler, sondern die Schüler die Lehrer. Gute Lehrer bekommen gute Noten, schlechte Lehrer bekommen schlechte Noten. Die Schüler eines Gymnasiums hatten einer Lehrerin für die Fächer Deutsch und Religion die Note 4,3 gegeben. Da das eine schlechte Note ist, war die Lehrerin alles andere als begeistert. Sie klagte vor dem Landgericht und wollte, dass ihr Name auf der Internetseite gelöscht wird. Es sei ihr Name und ihre Entscheidung, wo ihr Name veröffentlicht werde und wo nicht. Und niemand dürfe ihr eine Schulnote geben, sie habe nicht darum gebeten. Du musst dir das so vorstellen, als wenn jemand deine Zeugnisnoten im Internet veröffentlichen würde. Bei guten Noten hättest du
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