Jurassic Park
entgegnete Muldoon. Er wirbelte seinen Schlüsselbund um die Finger und beobachtete angespannt die Land-Cruiser. Es war das erste Mal, daß Besucher durch den DinoPark fuhren, und Muldoon teilte Arnolds Bedenken. Robert Muldoon war ein großer Mann, 50 Jahre alt, mit einem stahlgrauen Schnurrbart und dunkelblauen Augen. Er war in Kenia aufgewachsen und hatte die meiste Zeit seines Lebens als Führer für Großwildjäger in Afrika verbracht, wie auch schon sein Vater vor ihm. Ab 1980 hatte er jedoch vorwiegend als Berater in Natur- und Wildtierfragen für Umweltgruppen und Zoodesigner gearbeitet. Er war dabei ziemlich berühmt geworden; ein Artikel in der Londoner Sunday Times hatte von ihm behauptet: »Was Robert Trent Jones für Golfplätze ist, das ist Robert Muldoon für Zoos: ein Designer von unübertroffenem Wissen und einer ebensolchen Geschicklichkeit.«
1986 hatte er für eine Firma in San Francisco gearbeitet, die auf einer nordamerikanischen Insel einen privaten Wildtierpark errichten wollte. Muldoon hatte Pläne für die einzelnen Tiergehege ausgearbeitet, dabei die Platz- und Habitatsansprüche für Löwen, Elefanten, Zebras und Flußpferde definiert und festgelegt, welche Tiere zusammen gehalten werden konnten und welche getrennt werden mußten. Es war damals fast ausschließlich Routinearbeit gewesen. Sein Hauptinteresse galt zu jener Zeit einem indischen Projekt namens TigerWorld im südlichen Kaschmir.
Doch vor einem Jahr hatte er dann das Angebot erhalten, im DinoPark als Parkaufseher zu arbeiten. Es fiel mit seinem Wunsch zusammen, Afrika zu verlassen, das Gehalt war ausgezeichnet, und so sagte Muldoon für ein Jahr zu. Er war verblüfft, als er dann merkte, daß es sich bei dem Park in Wirklichkeit um eine Sammlung gentechnisch produzierter prähistorischer Tiere handelte. Natürlich war es eine interessante Arbeit, aber Muldoon hatte in seinen Jahren in Afrika eine eher nüchterne, unromantische Haltung Tieren gegenüber entwickelt, eine Haltung, die ihm öfters Unstimmigkeiten mit der Konzernleitung in Kalifornien einbrachte, und vor allem mit dem kleinen Zuchtmeister, der jetzt neben ihm im Kontrollraum stand. Muldoons Ansicht nach war es eine Sache, Dinosaurier in einem Labor zu klonen, aber eine ganz andere , sie in einem naturähnlichen Park zu betreuen.
Muldoon war davon überzeugt, daß einige Dinosaurier zu gefährlich waren, um sie in einem Park zu halten. Zum Teil bestand die Gefahr darin, daß man immer noch so wenig über die Tiere wußte. Zum Beispiel hatte keiner auch nur vermutet, daß Dilophosaurier giftig seien, bis man sie bei der Jagd auf Ratten beobachtete. Und auch dann kam keiner auf den Gedanken, daß sie spucken könnten, bis einer der Pfleger von der Spucke fast blind geworden wäre. Danach hatte Hammond einer genauen Untersuchung des Dilophosauriergifts zugestimmt, bei der man sieben giftige Enzyme entdeckte. Man fand außerdem heraus, daß Dilophosaurier über 15 Meter weit spucken konnten. Da sich dadurch die Gefahr ergab, daß Besucher in Fahrzeugen durch die Spucke erblinden konnten, beschloß die Geschäftsleitung, den Tieren die Giftdrüsen entfernen zu lassen. Die Tierärzte hatten es zweimal versucht, bei zwei verschiedenen Tieren, aber jedesmal ohne Erfolg. Keiner wußte, wo sich die Drüsen befanden. Und erfahren würde man es erst, wenn man eine Autopsie vornehmen konnte. Doch die Geschäftsleitung lehnte es ab, eines der Tiere töten zu lassen.
Noch größere Sorgen machte sich Muldoon wegen der Velociraptoren. Es waren instinktive Jäger, die keine Gelegenheit zum Beutemachen ausließen. Sie töteten, auch wenn sie keinen Hunger hatten. Sie töteten aus Lust am Töten. Sie waren schnell, kräftige Läufer und erstaunliche Springer. Sie hatten tödliche Klauen an allen vier Gliedern; ein Hieb mit einem Vorderlauf konnte einem Mann den Bauch aufschlitzen und die Eingeweide herausreißen. Und sie besaßen kräftige Kiefer, die das Fleisch herausrissen, anstatt es abzubeißen. Außerdem waren sie viel intelligenter als die anderen Dinosaurier und schienen geborene Ausbrecher zu sein.
Jeder Zooexperte wußte, daß es bestimmten Tieren immer wieder gelang, aus ihren Käfigen zu entkommen. Einige davon, Affen und Elefanten etwa, konnten Käfigtüren öffnen. Andere, wie die Wildschweine zum Beispiel, waren ungewöhnlich intelligent und konnten Torriegel mit ihren Schnauzen anheben. Aber wer würde auf den Gedanken kommen, daß Riesengürteltiere notorische
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