Jurassic Park
sowohl die enorme Anstrengung, die hinter einer solchen Tötung steckte - das stundenlange, geduldige Anpirschen vor dem eigentlichen todbringenden Sprung - als auch die Häufigkeit einer erfolglosen Jagd. Die Vorstellung einer »Natur, blutrot die Zähne und die Klauen« war falsch, denn meistens entwischte die Beute. Wenn ein Raubtier schließlich ein Tier erlegt hatte, sah es sich wachsam nach anderen Räubern um, die es angreifen und ihm die Beute wegnehmen konnten. So fürchtete sich dieser Tyrannosaurier wahrscheinlich ganz einfach vor einem zweiten Exemplar seiner Gattung.
Wieder beugte sich das riesige Tier über die Ziege. Mit einem seiner mächtigen Hinterläufe hielt es den Kadaver fest, während seine Zähne sich in das Fleisch gruben.
»Er bleibt«, sagte Regis. »Hervorragend.«
Der Tyrannosaurier hob den Kopf, Fetzen blutigen Fleischs hingen ihm aus dem Maul. Er starrte die Land-Cruiser an und begann dann zu kauen. Man hörte das ekelerregende Knirschen von brechenden Knochen.
»Iiih!« rief Lex über Funk. »Das ist ja ab-scheu-lich.«
Und plötzlich, so als hätte nun doch die Vorsicht gesiegt, packte der Tyrannosaurier die Überreste seiner Beute mit den Zähnen, hob sie hoch und trug sie geräuschlos in den Schutz der Bäume. »Ladies und Gentlemen, der Tyrannosaurus Rex!« kam die Stimme vom Band. Die Land-Cruiser starteten wieder und fuhren leise durch den Dschungel.
Malcolm lehnte sich zurück. »Verdammt phantastisch!« sagte er. Gennaro wischte sich über die Stirn. Er sah blaß aus.
Kontrollraum
Als Henry Wu den Kontrollraum betrat, saßen alle Anwesenden im Dunkeln und hörten den Stimmen über Funk zu. »Mein Gott, wenn so ein Tier ausbricht«, sagte Gennaro gerade, und seine Stimme kam blechern aus dem Lautsprecher, »dann kann es nichts mehr aufhalten.« »Nichts mehr, nein.« »Riesig, ohne natürliche Feinde..
»O Gott, wenn man sich das vorstellt...«, sagte Gennaros Stimme. Im Kontrollraum sagte Hammond: »Diese blöden Leute. Die sind so negativ.«
»Reden die immer noch davon, daß eins der Tiere ausbrechen könnte?« fragte Wu. »Ich verstehe das nicht. Inzwischen müssen die doch gesehen haben, daß wir alles unter Kontrolle haben. Wir haben die Tiere konstruiert und den Park konstruiert...« Er zuckte die Achseln.
Wu war der festen Überzeugung, daß der Park im wesentlichen in Ordnung sei, so wie er glaubte, daß seine Paläo-DNS im wesentlichen in Ordnung sei. Wenn Probleme in der DNS auftauchten, waren es hauptsächlich punktuelle Probleme im Code, die im Phänotyp spezifische Defekte verursachten: ein Enzym, das nicht aktiviert wurde, oder das Fehlen eines bestimmten Hormons. Aber was es auch war, es ließ sich in der nächsten Version mit einer relativ geringfügigen Korrektur beheben.
Analog dazu wußte er, daß es im DinoPark viele Probleme gab, aber es waren Probleme einer bestimmten Ordnung. Es waren keine fundamentalen Probleme. Es waren keine Kontrollprobleme. Nicht so Grundlegendes oder so Ernstes wie das Ausbrechen eines Tiers. Wu betrachtete es als Beleidigung, daß jemand glauben konnte, er würde an einem System mitarbeiten, in dem so etwas passieren konnte.
»Es ist dieser Malcolm«, sagte Hammond düster. »Er steckt hinter der ganzen Sache. Sie wissen doch, er war von Anfang an gegen uns. Er hat diese Theorie, daß ein komplexes System nicht kontrolliert und die Natur nicht imitiert werden kann. Ich weiß auch nicht, was mit ihm los ist. Verdammt, wir bauen doch hier nur einen Zoo. Die Welt ist voll davon, und sie funktionieren alle hervorragend. Aber dieser Malcolm würde sogar sein Leben riskieren, um seine Theorie zu beweisen. Ich hoffe nur, daß er Gennaro nicht Angst macht und ihm einredet, den Park zu schließen.«
»Kann er das?« fragte Wu.
»Nein«, erwiderte Hammond. »Aber er kann es versuchen. Er kann die japanischen Investoren einschüchtern, damit die ihre Mittel abziehen. Oder er kann bei der Regierung in San José Stunk machen. Er kann uns in Schwierigkeiten bringen.«
Arnold drückte seine Zigarette aus. »Warten wir erst mal ab und sehen, was passiert«, sagte er. »Wir glauben an den Park. Mal sehen, wie die ganze Sache ausgeht.«
Muldoon stieg aus dem Aufzug, nickte dem Wachposten im Erdgeschoß zu und ging in den Keller. Er schaltete das Licht an und sah sich um.
Im Keller standen in ordentlichen Reihen zwei Dutzend LandCruiser. Es waren die Elektroautos, die irgendwann Besucher in einer endlosen Schleife durch den
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