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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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In so einem Fall lügt man nicht. So was tut sich kein Mensch ohne Grund an.«
    Ich erstarrte: Sie sprachen über Emily.
    »Wie lautet die Anklage?«
    »Sexuelle Nötigung. Oder minderschwere Vergewaltigung. Keine Ahnung, eins von beidem.«
    »Ich fasse es nicht, dass er tatsächlich verhaftet wurde.«
    »Ja, im
A-Frame
! Meghan sagte, als die Bullen aufschlugen, liefen alle davon wie die Hasen. Jeder dachte wohl, es wäre eine Alkohol-Razzia.«
    »Blöder Witz.« Der Reißverschluss eines Rucksacks wurde geöffnet. »Hast du schon mit Sophie geredet?«
    »Nö. Ich glaube auch nicht, dass sie heute in die Schule gekommen ist. Würdest du etwa, an ihrer Stelle?«
    Die Antwort darauf hörte ich nicht mehr, weil sie auf laut klappernden Absätzen die Toilette verließen. Ich blieb stehen, wo ich war, stützte mich mit der Hand an der Kabinenwand ab, an die jemand mit blauem Kuli ICH HASSE DIESEN ORT geschmiert hatte. Direkt neben meiner Hand. Ich nahm sie weg, klappte den Klodeckel runter, setzte mich. Rekapitulierte, was ich gerade gehört hatte. Versuchte, mir einen Reim darauf zu machen.
    Emily war zur Polizei gegangen. Emily hatte Anzeige erstattet. Emily hatte
es
erzählt.
    Ich begriff. Und konnte nur noch dasitzen, wie gelähmt, die Hände im Schoß. Will war verhaftet worden. Die Leute wussten Bescheid. Seit Samstagabend, auf der Modenschau,war ich davon ausgegangen, dass Emily, wie ich, den Mund halten würde. Die Geschichte in sich reinfressen, sie dort in ihrem Inneren begraben würde. Wie ich. Aber das hatte sie nicht getan.
    Den Rest des Nachmittags über hörte ich genauer hin, wenn über den Skandal geredet und getuschelt wurde, setzte mir die Geschichte auf die Weise Stück für Stück zusammen: Emily wollte wohl vom
A-Frame
aus mit Sophie zu dieser Party fahren, aber die wurde aus irgendeinem Grund woanders aufgehalten, deshalb bot Will Emily an, sie hinzukutschieren. Er habe dann auf der Straße vor dem Haus angehalten und sich   – je nachdem, welcher Seite man Glauben schenken wollte   – entweder auf Emily gestürzt oder völlig überrascht reagiert, weil sie sich an ihn ranmachte. Einer Frau, die gerade mit ihrem Hund vorbeispazierte, fiel auf, was in dem parkenden Wagen abging, und sie drohte, die Bullen zu rufen, falls die beiden nicht weiterfuhren. So sei Emily aus dem Auto rausgekommen, habe es geschafft, sich nach Hause bringen zu lassen, und ihrer Mutter alles erzählt. Den Samstagvormittag verbrachte sie auf der Wache, erstattete Anzeige, füllte Formulare aus. Als die Bullen Will Samstagabend abholten und ihm Handschellen anlegten, habe er angeblich angefangen zu weinen. Wills Vater holte ihn innerhalb weniger Stunden durch Hinterlegung einer Kaution aus dem Gefängnis und besorgte ihm den besten Anwalt der Stadt. Und Sophie erzähle jedem, Emily sei schon immer scharf auf Will gewesen und fasele jetzt bloß deshalb was von Vergewaltigung, weil er sich nicht die Bohne für sie interessiere. Und was ich auch noch mitkriegte: Emily war heute in die Schule gekommen. Sophie nicht.
    Ich sah Emily erst beim letzten Klingeln. Nahm gerade ein Schulbuch aus meinem Spind, als mir die unvermittelte,eigenartige Ruhe auffiel, die inmitten des üblichen Endlich-ist-die-Schule-aus-Tumults am Ende des Tages entstand. Es wurde nicht völlig still. Nur leiser, gedämpfter. Ich wandte den Kopf. Emily kam den Gang entlang auf mich zu. Versteckte sich nicht, war auch nicht allein, sondern hatte zwei Begleiterinnen, auf jeder Seite eine. Mit beiden Mädchen war sie schon vor der Zeit mit Sophie befreundet gewesen. Ich hatte damals, nach Wills Angriff, automatisch angenommen, dass niemand auf meiner Seite stehen und alle ausschließlich Sophies Version der Geschichte glauben würden. Es war mir nicht einmal in den Sinn gekommen, dass möglicherweise auch meine Version nicht sofort verworfen würde.
    In den folgenden Tagen war die Sache mit Emily und Will
das
Thema überhaupt. Ich versuchte, mich so weit wie möglich rauszuhalten, das Geschwätz zu ignorieren. Doch manchmal klappte es einfach nicht. Zum Beispiel, als ich mir in Englisch, kurz vor einer entscheidenden Klassenarbeit, rasch noch ein paar Fakten einprägen wollte. Doch Jessica Norfolk und Tabitha Johnson, die hinter mir saßen, fingen auf einmal an, sich über Will zu unterhalten.
    »Nach allem, was ich gehört habe«, sagte Jessica, Koordinatorin aller Sonderaktivitäten unserer Stufe und eigentlich nicht der Typ Waschweib, »hat er so etwas schon

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