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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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mindestens einmal gebracht.«
    »Echt?«, erwiderte Tabitha. Sie saß schon das ganze Jahr hinter mir und hatte die nervige Angewohnheit, ununterbrochen mit ihrem Kuli
klick
zu machen, was mich schier in den Wahnsinn trieb. Jetzt gerade klickte sie auch.
    »Ja. Es gab anscheinend Gerüchte in die Richtung, als er noch auf die
Perkins Day
ging. Du weißt schon, Mädchen, die behauptet haben, ihnen sei Ähnliches passiert.«
    »Aber niemand hat ihn je angezeigt.«
    »Nein, stimmt«, meinte Jessica. »Trotzdem könnte es heißen, dass es so etwas wie ein wiederkehrendes Muster gibt.«
    Tabitha, die immer noch mit ihrem blöden Kuli klickte, stieß einen leisen Seufzer zwischen den Zähnen hervor. »Arme Sophie.«
    »Allerdings. Stell dir vor, du bist mit jemandem zusammen   – und dann so was?!«
    Viele der Gespräche, die ich zufällig mitbekam, endeten früher oder später beim Thema Sophie, was nicht weiter verwunderlich war. Sie und Will gehörten zu jener Sorte Pärchen, die jeder kannte, und sei es auch nur wegen der regelmäßigen Beziehungsdramen, die sie in aller Öffentlichkeit austrugen. Umso merkwürdiger, dass sie an jenem ersten Schultag nach dem Vorfall überhaupt nicht auftauchte. Emilys Verhalten hatte mich überrascht, Sophies allerdings ebenfalls. Nicht nur, weil sie
nicht
zur Schule kam, sondern vor allem auch wegen der Art, wie sie sich benahm, als sie schließlich doch wieder aufkreuzte.
    Sie postierte sich nicht mitten auf dem Schulhof, um jedem, der es nicht hören wollte, unmissverständlich klarzumachen, das Geschehene mache ihr nicht im Geringsten etwas aus. Auch konfrontierte sie Emily nicht in aller Öffentlichkeit, so wie sie es mit mir getan hatte. Als ich sie das erste Mal nach jenem Wochenende wiedersah, ging sie ganz allein einen Flur im Hauptgebäude entlang, Handy ans Ohr gepresst. In der Mittagspause warf ich aus dem Fenster in der Bibliothek einen Blick auf ihren Stammplatz auf der Bank; doch dort hatten sich ein paar Mädels aus der Stufe unter uns breitgemacht, die ich nicht einmal kannte. Sophie hingegen hockte auf dem Bordstein derWendebucht am Ende des Zufahrtswegs zur Schule, wartete darauf, dass sie abgeholt wurde, während Emily, von diversen Freundinnen und Bekannten umringt, an einem Tisch auf dem Schulhof saß, Mineralwasser trank und Kartoffelchips aß.
    Sophie war also allein. Ich war allein. Und Owen ebenfalls. Nahm ich jedenfalls an. Ab und an erhaschte ich kurz vor oder nach der Schule einen Blick auf ihn. Entdeckte ihn   – da er ja alle überragte   –, wenn er sich seinen Weg quer durch die Leute bahnte oder um eine Ecke verschwand. In solchen Momenten wünschte ich mir manchmal nichts sehnlicher, als ihm alles zu erzählen. Die Vorstellung schlug wie eine Welle über mir zusammen, plötzlich und unerwartet. Doch schon im nächsten Augenblick sagte ich mir selbst, jetzt würde er es vermutlich nicht einmal mehr hören wollen. Er schien sich, wie er dort mit unergründlicher Miene und Kopfhörern an den Ohren über den Schulhof ging, vor meinen Augen in den Menschen zurückzuverwandeln, der er vor all diesen Ereignissen für mich gewesen war: Jemand, den ich nicht kannte, ein weiteres anonymes Gesicht in der Menge, ein unergründliches Rätsel. Wie so vieles andere.
    Die Schule war schon Stress genug, aber zu Hause erging es mir nicht viel besser. Was allerdings tatsächlich wohl nur für mich galt. Für alle anderen Familienmitglieder lief es gerade richtig gut. Meine Mutter zum Beispiel, die in diesem Moment fröhlich unseren Einkaufswagen neben mir her durch das Schlaraffenland schob, das die Obst- und Gemüseabteilung im Supermarkt für sie darstellte: Sie freute sich total, weil die ganze Familie demnächst endlich einmal wieder zusammen sein würde. Denn auch an Thanksgiving hatte Kirsten erst angekündigt heimzukommen,dann allerdings doch beschlossen, in New York zu bleiben, angeblich, um einige Extraschichten bei ihrem Kellnerjob einzuschieben und jede Menge Zeug für die Uni zu lernen, wozu sie sonst nicht komme. Erst später erwähnte sie eher beiläufig etwas von einem Truthahnessen mit ihrem Dozenten Brian. Weitere Einzelheiten spuckte sie indes nicht aus   – völlig untypisch für Kirsten. Jetzt kam sie endlich nach Hause, sogar deutlich
vor
Weihnachten, und meine Mutter war völlig aus dem Häuschen.
    »Wir haben uns gedacht, es gibt zweierlei Kartoffeln.« Sie signalisierte mir, bitte mehrere Plastiktüten aus dem Spender zu ziehen. »Ich

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