Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)
kühl.
»Hm.« Pollock kratzte sich an seinem Backenbart. »Darf ich’s nochmal sehen?«
»Klar.« Ein feines Lächeln stahl sich auf Madonnas Lippen. »So oft du willst.«
Diesmal bekam Pollock einen kleinen Audiokommentar von Madonna. »Der Typ, der gleich mit der Schale ausrastet, ist Colt Nadar. Bis zu seinem Rückzug aus der Geschäftswelt ein extrem hohes Tier bei BaIn . Hält zwei, drei Patente in interstellarer Komtechnologie. Geschätztes Privatvermögen 35 Milliarden Tois.«
Pollock pfiff leise durch die Zähne. Mit diesem Taschengeld geht man doch gern in Pension. Auf dem Bildschirm blitzte der Gegenstand auf, um den sich Nadar mit seinem Opfer gestritten hatte. Pollock führte mit dem linken Auge eine rasche Abfolge blickgesteuerter Befehle aus. Sein Datenmonokel griff auf ein Physik-Wiki zu und spuckte eine Spektralanalyse des schillernden Blitzes aus. Reiner Kohlenstoff . Kein Bor, kein Stickstoff, kein gar nix. »Haben sich diese zwei Vögel etwa wegen eines einfachen Kunstdiamanten so in die Haare gekriegt?«
»Das ist Nadars Frau. Oder das, was von ihr übrig ist.« Madonna grinste breit. »Alexis Nadar hatte vor vier Jahren nach einem Charity-Event in Mumbai einen echt unschönen Unfall in einer Antigrav-Limousine. Er hat sie einäschern und zu diesem Stein pressen lassen. Und nebenbei anscheinend diesen Schrein für sie in seinem Wohnzimmer errichtet. Muss wohl wahre Liebe gewesen sein, was?«
Ein Unfall? Ein tragischer Unfall vielleicht ? Pollock wehrte sich nicht gegen seine alten Instinkte. »Und wofür wurde bei diesem Charity-Event gesammelt?«
»Für die Rattenkinder von Mumbai.«
»Eine Wohltätigkeitsgala für Betas?«, wunderte sich Pollock. Habe ich als Einsiedler tatsächlich so viel verpasst?
»Für Betas?« Madonna lachte. »Entschuldige mal. Da ging’s um das Schicksal echter Menschen, nicht um das irgendwelcher im Genkessel zusammengebrauter Freaks. Die Rattenkinder sind eine Gruppe von Unberührbaren, die am Fuß der Müllkippen in der Downtown von Mumbai vor sich hinvegetieren. Die gute Alexis wollte eine Impfkampagne ins Rollen bringen, damit die armen Leutchen wenigstens nicht mehr krank werden, wenn sie schon Dreck fressen müssen.«
»Verstehe.« Er nippte an seinem Wodka. »Aber was macht der andere Kerl da mit dem Alexis-Diamant? Wer ist das überhaupt?«
»Cayce Blavatsky«, sagte Madonna im Plauderton.
»Moment!« Pollock richtete sich ein Stück in seinem Sessel auf. » Der Cayce Blavatsky von Cayce’s Cases ? Der Psi-Detektiv? Den hat sein Alter aber mit Überlichtgeschwindigkeit eingeholt.«
»Ein Konkurrent weniger für dich und deine Quoten, Süßer. Und so taufrisch wie du kann eben nicht jeder bleiben.« Madonna grinste noch breiter. »Also freu dich.«
Ich soll mich freuen? Und was grinst sie eigentlich so blöd? »Ich dachte, er wäre auch bei Knowledge Alliance unter Vertrag.«
»Erstens hat uns Colt Nadar kurz nach dem Tod seiner Göttergattin ein Angebot für Cayce unterbreitet, das der Vorstand nicht ausschlagen konnte.« Madonna spreizte die Finger beider Hände und inspizierte ihre Henna-Tattoos. »Und zweitens war ich nicht sein PA. Also kümmert es mich auch nicht, dass er sich jetzt die Radieschen von unten anguckt.«
»Ein Exklusivvertrag bei einem Milliardär.« Pollock hob anerkennend sein Glas. »Nicht schlecht, Caycie-Boy.«
»Komm mir bloß nicht auf dumme Gedanken«, zischte Madonna. »Außerdem fehlt dir ein wesentliches Talent, um trauernde Ultrareiche abzuzocken.«
»Das stimmt.« Pollock nickte. »Ich kann mich nicht vor so einen emotional angeschlagenen Klienten stellen, ein wenig in seinen Gedanken lesen und dann vortäuschen, ich stünde mit seiner toten Frau in Kontakt. Das war doch bestimmt die Masche, mit der er Nadar auf sich aufmerksam gemacht hat, oder bin ich da schiefgewickelt?«
»Es freut mich sehr zu sehen, dass dir dein Hirn auf deiner albernen Station nicht eingerostet ist«, sagte Madonna. »Das war exakt seine Masche. Und wenn du dich fragst, warum es bei Nadar so komisch aussieht – die blinden Fenster, die Treppen ins Nichts –, dafür war auch Cayce verantwortlich. Er hat sich da eine These über geometrische Formen zusammengesponnen, mit denen man es den Geistern von Verstorbenen erleichtern kann, sich ihren Hinterbliebenen zu zeigen.«
»Dann ist der Fall doch klar«, stellte Pollock fest. »Cayce führt Nadar eine Weile an der Nase herum und nimmt ihn aus wie ein Pessach-Lamm. Das geht so lange
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