Justin Mallory 01 - Jäger des verlorenen Einhorns
Mallory. »Verzeihen Sie mir, dass ich starre«, sagte er. »Sie haben mich erschrocken.«
»Das ist schon in Ordnung«, sagte der Mann müde. »Das geschieht ständig. Gestatten Sie mir, mich vorzustellen: Ich bin Thelonius Seltsam.«
»John J. Mallory«, sagte der Detektiv. »Ich suche nach einer Frau, die Winnifred Carruthers heißt.«
»Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Sie hier an der falschen Stelle sind.«
»Aber man hat mich hierhergeschickt«, wandte Mallory ein.
Seltsam schüttelte traurig den Kopf. »Schon die Tatsache, dass Sie nach ihr suchen, verrät, dass sie nicht hier ist. Hat niemand Sie gefragt, ob nach ihr gefahndet wird?«
»Ich vermute, das bezieht sich auf die Polizei?«
»Es bezieht sich auf jeden«, entgegnete Seltsam. »Wir sind die Nichtgesuchten Personen.«
»Was sind die Nichtgesuchten Personen?«
»Männer und Frauen, die nicht mehr nützlich sind oder die überhaupt nie einem Zweck dienten.« Seltsam zögerte. »Ich selbst bin der Außenseiter, der nirgendwo dazugehört und von dem Sie schon so viel gehört haben.« Er seufzte. »In der Schule konnten sich meine Lehrer nie auf ihren Unterricht konzentrieren. Sie hoben an zu sprechen, und dann starrten sie mich an und vergaßen, was sie sagen wollten. Jedes Mal, wenn ich mich um eine Stelle bewarb, lief es genauso: Irgendwann im Verlauf des Einstellungsgesprächs hörte der Personalchef einfach mitten im Satz auf zu reden und starrte mich an. Falls neunzehn Leute zu einem Baseballspiel erschienen oder dreiundzwanzig zu einem Fußballspiel oder elf zum Basketball, war ich stets derjenige, der draußen blieb. Das ging bis zu dem Punkt, an dem niemand mich mehr um sich haben wollte, also endete ich hier.«
»Das tut mir leid«, sagte Mallory.
»Mit der Zeit gewöhnt man sich daran.«
»Einige dieser Leute sehen ganz normal aus«, sagte Mallory, während er sich im Zimmer umsah. »Weshalb sind sie hier?«
»Jeder aus einem anderen Grund.«
»Nehmen wir ihn zum Beispiel«, sagte Mallory und deutete auf einen kräftig gebauten jungen Mann, der auf einem Sofa saß, einen Baseballhandschuh an der Linken, und mechanisch einen Baseball immer wieder ein paar Zoll hochwarf und auffing. »Er sieht ganz schön fit aus. Weshalb ist er hier?«
Seltsam zog eine Packung bunter Karten aus der Tasche, blätterte sie durch, bis er die gesuchte Karte fand, und reichte sie Mallory.
»Das ist er«, sagte Seltsam. »Jason McGee.«
»Das sieht nach einer Baseball-Spielerkarte aus«, sagte der Detektiv. »Wie man sie immer mit einer Packung Kaugummi bekam.«
»Das ist sie auch.«
»Also ist er in einer unterklassigen Liga gelandet«, sagte Mallory. »Das geschieht doch ständig. Wieso macht ihn das zu einer Nichtgesuchten Person?«
»Lesen Sie die Rückseite«, schlug Seltsam vor.
Mallory drehte die Karte um. »Jason McGee«, las er. »Drei Spielzeiten. At bats, keine. Hits, keine. Runs, keine.« Er blickte auf. »Drei Jahre, und er wurde nie eingewechselt?«
»Das ist richtig.«
»Wie kommt es?«
»Lesen Sie mal, welche Position er hatte«, schlug Seltsam vor.
Mallory blickte erneut auf die Karte. »Position: Fünfter Baseman.« Er gab Seltsam die Karte zurück. »Was zum Teufel ist ein Fünfter Baseman?«
»Ich«, sagte McGee und blickte zu dem Detektiv herüber. »Ich war der einzige Fünfte Baseman auf der ganzen verdammten Welt, und sie haben mir nie Gelegenheit gegeben zu zeigen, was ich kann.«
»Vielleicht liegt es daran, dass es nur vier Bases gibt«, gab Mallory zu bedenken.
»Gäbe es jedoch fünf, hätte ich mich vielleicht als der Größte erweisen können!«, erklärte McGee leidenschaftlich. »Ich gehörte drei Spielzeiten nacheinander zum Team, und dann haben sie mich in die Wüste geschickt. Ich wanderte ein paar Spielzeiten lang durch die unterklassigen Ligen und wechselte sogar in die mexikanische Liga.« Er blickte Mallory mit gequälter Miene an. »Sechs Jahre als Profi, und nie konnte ich an einem Spiel mitwirken! Das ganze Training den Bach hinunter!« Er schüttelte traurig den Kopf. »All diese Hoffnungen und Träume sind zu Staub geworden.«
»Und so sind Sie letztlich hier gelandet?«, fragte Mallory.
McGee nickte. »So ist es.«
»Wie lange sind Sie jetzt hier?«
»Ich weiß es im Grunde nicht. Hier verliert man leicht das Gespür für die Zeit.«
»Warum bleiben Sie?«
»Wer braucht schon einen Fünften Baseman?«, fragte McGee.
»Es muss doch noch anderes geben, was Sie tun
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