Juwel meines Herzens
viel netter aus, als wenn er zahnlos lächelte. »Vielleicht lerne ich das ja noch gegen meinen Willen.«
Sie neigte den Kopf und lachte. »Zu lange in Nolans Nähe gewesen, hm?«
»Nein, eher in deiner.«
Jewel schaute ihn an. Machte er sich über sie lustig? Er sah weg, als hätte es den Anflug von Offenheit zwischen ihnen nie gegeben. »Hör nicht auf mich. Ich habe in meinem Leben schon viel zu viel Kill-devil getrunken. Ich wünschte nur, Bellamy hätte dich so kennenlernen können. Das hätte ihm gutgetan, hätte ihm sicher gutgetan.« Wayland schickte sich an, die Unterhaltung zu beenden.
Jewel lächelte. Was ihren Vater betraf, war sie noch nie so zufrieden gewesen. »Ihr meint, ich hätte auf ihn die gleiche Wirkung gehabt wie auf Euch?«, rief sie ihm nach.
Wayland drehte sich um, dann kam er wieder ein paar Schritte auf sie zu. »Das will ich doch schwer hoffen.«
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Kapitel siebzehn
K urz vor der Morgendämmerung erreichten sie die Insel. Nolan hatte erwartet, dass bei der Einfahrt in die geschützte Bucht die grauenvolle Erinnerung sich wie ein Schleier über ihn legen würde, lag aber damit falsch. Vielmehr war es so, dass die Gewissheit, die Reise, die er im Alter von vierzehn Jahren begonnen hatte, bald beenden zu können, seine Gedanken bestimmte.
Nolan und Tyrell ließen die Beiboote im trüben Licht des anbrechenden Tages hinab. Niemand wollte noch länger warten, alle waren viel zu aufgeregt. Wenn die Gerüchte auch nur ansatzweise stimmten, war der Schatz groß genug für jeden von ihnen – und noch wichtiger: Sein Wert würde genügen, um den Krieg zu finanzieren. Zumindest einen guten Teil davon.
Nolan hielt inne, um die Brise sein müdes Gesicht kühlen zu lassen. Der tropische Duft der Insel vertrieb den abgestandenen Geruch von Meer und Salzlake, eine willkommene Abwechslung. Während der langen Überfahrt hatte Nolan zu seiner jungen Crew Vertrauen gefasst. Alle, vor allem Nolan selbst, waren in den letzten Monaten, die sie zusammen verbracht hatten, gewachsen. Endlich war er sein eigener Herr. Er musste nur sich selbst gehorchen – nicht Bellamy, nicht seinem Vater und ganz sicher auch keinem Geist.
Er nahm Jewels Hand und küsste sie auf deren Knöchel. Für den Fall, dass sie ausrutschen sollte, hielt er ihren Arm fest und half ihr, den Fuß auf die erste Sprosse der Strickleiter zu setzen. Sie kletterte ruhig hinunter, während er die Laterne hielt, um ihr zu leuchten, und Tyrell schon am unteren Ende wartete, damit er ihr ins Boot helfen konnte. Er griff um ihre schmale Hüfte und hob sie hinüber. Jewel blickte zu Nolan hinauf, der ihr aufmunternd zulächelte. Seine Eifersucht zeigte nicht mehr länger bei der kleinsten Gelegenheit ihre Klauen. Die Angst, sie an einen anderen Mann verlieren zu können, schlich sich nicht mehr in seine Gedanken ein, zumindest nicht, wenn es um Tyrell ging.
Nolans Lächeln verblasste, als Jewel zum Ufer hinübersah. Er würde sie an niemanden verlieren, beruhigte er sich und folgte ihrem Blick. Die Insel lag im Schatten – ein hervorragendes Zuhause für den Geist, als den er sich Bellamy vorstellte.
»Hast du ihr endlich gesagt, dass du sie liebst?«
Nolan drehte sich ruckartig um und entdeckte Wayland direkt hinter sich. »Habt Ihr noch nicht gelernt, dass man sich nicht einfach so an Leute heranschleicht?«
»Schwachsinn, ich stehe hier schon die ganze Zeit. Du hast es ihr noch nicht gesagt, stimmt’s?«
»Ihr solltet Euch schleunigst ins Boot begeben, wenn Ihr mitkommen wollt.«
»Du kannst dir ihrer nicht sicher sein, du musst dem Mädchen endlich sagen, was du fühlst. Frauen brauchen mehr als körperliche Zuneigungsbeweise im Bett, um zu wissen, dass ihr Mann sie liebt.« Wayland drängelte sich zwischen seinen Kapitän und die Strickleiter. Als Nolan den Fehler beging, einzuatmen, fuhr er mit dem Kopf ruckartig zurück. »Wie viel habt Ihr getrunken?«
Wayland stieß ihn weg. »Ich rieche immer nach Rum und bin verdammt stolz drauf. Er ist gut für die Haut.«
Nolan hob die Laterne. »Aber Euer Gesicht kann doch ohnehin niemand sehen, wenn Ihr Euch nie rasiert.«
»Im Gegensatz dazu kann man deines jedoch sehr gut sehen, und ich frage mich, warum du auf die Insel starrst, als ob dich dort etwas erwarten würde, das vorhat, dich bei lebendigem Leib zu verschlingen.«
Nolan fixierte das dunkle Ufer und wurde tatsächlich nervös. Entgegen seinem anfänglichen Optimismus bemächtigte sich ihm jetzt ein ungutes
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