Juwel meines Herzens
lächelte sie statt zu erröten. »Vielleicht. Und was habt Ihr zu Eurer eigenen Verteidigung anzuführen? Seid Ihr schon in jungen Jahren dieser Art von Vergnügungen verlustig gegangen?«
Sein gesundes Auge weitete sich. »Bisschen mehr Biss gekriegt, was? Aber den brauchst du wahrscheinlich auch, um den da drüben im Zaum zu halten.« Er deutete mit dem Kopf auf Nolan.
Jewel legte die Hand auf seinen Ärmel. »Ich wollte Euch nur etwas ärgern.«
»Ich weiß es zwar besser, aber das halte ich schon aus. Zumindest lächelst du mich wieder an.«
Jewel zuckte die Schultern und machte ein paar Schritte. »Es war alles nicht so einfach. Euer Ratschlag, der bewirken sollte, dass Nolan und ich zusammenkommen, hat mir überhaupt nicht gefallen, aber ich glaube, er hat funktioniert.«
Wayland folgte ihr, hielt sie aber mit einer sanften Berührung am Arm auf. Sein ernster Blick und das Stirnrunzeln auf seinem Gesicht verunsicherten sie. Sie schenkte ihm ihre volle Aufmerksamkeit. »Bist du glücklich?«
Jewels bejahendes Lächeln schwand unter seinem prüfenden Blick. »Schaut mich nicht so verdrießlich an. Ich dachte, genau das hattet Ihr die ganze Zeit über hinterhältig geplant?«
Wayland legte die Hand auf sein Herz, als wäre er von ihren Worten schwer getroffen. »Hinterhältig? Hat dir Nolan etwa eine falsche Vorstellung von dem alten Wayland eingeimpft?«
Jewel blickte nach unten und war plötzlich von der Art gefangen, wie ihr Saum über ihre braunen Lederschuhe strich. Nolan hatte viele Dinge angedeutet, aber nichts davon hatte etwas mit Wayland zu tun gehabt. Sie sah ihn schräg aus den Augenwinkeln an. »Ich bin nur nicht mehr so naiv, das ist alles. Ihr wusstet viel mehr über meinen Vater und Nolan, als Ihr preisgegeben habt. Ihr habt uns zusammengebracht, als Nolan Abstand wahren wollte.«
Wayland sah hinaus aufs Meer – ein durchschaubarer Versuch, ihrem Blick auszuweichen. Einen Augenblick lang glaubte Jewel, der alte Pirat würde sich tatsächlich schämen, doch dieses Verhalten würde eigentlich allem widersprechen, was sie bisher über ihn wusste. Er war schlicht und einfach ein Opportunist, und sie war wirklich etwas schlauer geworden. Die Menschen waren selten so, wie sie sich ihr gegenüber darstellten. Aber wie sehr hatte sie sich dann in ihrem eigenen Vater getäuscht?
»Wayland, warum hat Nolan meinen Vater getötet?« Die Frage, die sie noch immer quälte, war ausgesprochen, ehe sie selbst gewusst hatte, dass sie sie stellen wollte.
Wayland legte seinen Kopf zur Seite, und Jewel bekam Angst vor ihrer eigenen Forschheit. Sie fürchtete sich davor, die Wahrheit zu hören, wollte ihre Frage zurücknehmen.
Wayland schob die Hände tief in seine Taschen. »Das hat er nicht. Nicht wirklich, jedenfalls.«
Jewel blinzelte, von seiner Antwort überrascht. An Waylands Arm drehte sie ihn zu sich herum. »Sagt das noch mal.«
»Es war nicht so, dass Nolan Bellamy umbringen wollte, er wollte nur nicht mehr länger zu seiner Besatzung gehören.« Wayland sah über Jewels Kopf hinweg, wich ihrem Blick aus.
Erneut zog sie an seinem Ärmel. Versuchte, ihm in die Augen zu sehen. »Das weiß ich bereits. Ich habe sie damals streiten hören.«
Wayland wandte ihr sein Gesicht zu. Sein kaltes blaues Auge blickte in ihre Richtung, das braune sah über ihre Schulter hinweg. »Wahrscheinlich hast du auch die Narbe gesehen? Nolan wäre an der Wunde beinah gestorben. Er hat sich damals eine schlimme Entzündung eingefangen. Deswegen ist sie auch nicht richtig verheilt. Ich habe für diesen Jungen alles getan, was in meiner Macht lag.«
Bei dem Gedanken, Nolan zu verlieren, setzte Jewels Herz einen Schlag aus. Wayland und sie sprachen zwar über den Tod ihres Vaters, aber die eigentliche Qual dabei war die Vorstellung, Nolan zu verlieren, noch ehe sie ihn wirklich kennengelernt hatte. »Und weiter? Was meintet Ihr damit, dass Nolan meinen Vater nicht wirklich getötet hat?«
Wayland trat verlegen von einem Fuß auf den anderen, dann hielt er inne und schien seine Worte sorgfältig abzuwägen. »Es gab eine Meuterei, das war alles, und Nolan hat mit seiner Meinung, dass er Bellamy nicht als Kapitän akzeptierte, nicht hinter dem Berg gehalten. Er wollte die Mannschaft schon verlassen, noch ehe Bellamy ihn mit einem Messer durchbohrte, und als die Wunde endlich verheilt war, war er nicht mehr derselbe. Der Junge begann, seine Zeit abzusitzen, und Bellamy, Schiffe mit Frauen und Rum denen mit guter Beute
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