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Juwel meines Herzens

Juwel meines Herzens

Titel: Juwel meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cheryl Howe
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betrachtete, wurde die Erinnerung an ihre erste Begegnung wieder klarer. Sein finsterer Blick war derselbe geblieben, auch wenn sein Gesicht jetzt sauber rasiert und sein dunkelblauer Rock und die gebügelten hellbraunen Kniehosen die eines Gentlemans waren. Er trug sogar weiße Strümpfe. Oder war das alles nur eine Verkleidung?
    »Ich bin wegen der Schatzkarte gekommen. Hast du sie noch?« Nolans gebräunte Haut hatte einen hellen Olivton, mit dem der geheimnisvolle Junge, an den Jewel sich erinnerte, fast schon wie ein seriöser Mann erschien.
    Sie beugte sich über den Tisch. Die Aufregung darüber, die einzig andere Person zu treffen, die von dem letzten Besuch ihres Vaters wusste, ließ sie einen Augenblick lang die bohrende Ungewissheit über sein Anliegen des Gesprächs beiseiteschieben. »Wie ich sehe, sind deine Wunden geheilt«, flüsterte sie. »Aber falls du dich mit meinem Vater noch immer überworfen hast, wirst du bei mir keine Hilfe finden, was immer du von mir willst.«
    In seinem Kiefer zuckte ein Muskel. Unbewusst kratzte er sich unterhalb seiner linken Schulter, wo ihr Vater ihn damals verletzt hatte. »Die Wunde hat sich entzündet, so dass ich beinahe gestorben wäre. Aber dein Vater hat mich wieder gesund gepflegt. Sehr freundlich von ihm, schließlich war er derjenige, der den Dolch überhaupt erst in meiner Brust versenkt hat.«
    »Du wolltest nicht, dass er mir die Karte gibt.«
    »Die Karte gehört mir. Der Schatz ist der meines Großvaters, nicht Bellamys. Er hat mir die Karte gestohlen, als ich noch zu jung und dumm war, um mich gegen ihn zu wehren. Trotzdem bin ich bereit, dich dafür zu bezahlen – und für dein Schweigen, das du all die Jahre über bewahrt hast. Du kannst dir nicht vorstellen, zu welchen Dingen manche Männer fähig wären, um an die Karte zu gelangen, die zu Captain Kents verlorenem Schatz führt.«
    Wie jeder andere auch hatte Jewel von Captain Kents Schatz gehört. Der Kapitän, ein Pirat, war gehängt worden, ohne dass er das Versteck preisgegeben hätte. Seit siebzig Jahren waren Schatzjäger an der Küste auf und ab gesegelt und hatten nach der versteckten Beute gesucht, die angeblich mehr als eine Million Pfund wert sein sollte – eine Summe, die sich Jewel nicht einmal vorstellen konnte. Ihr Vater und Nolan hatten sich damals darüber gestritten, wem die Karte, die sie aufbewahrte, gehörte, aber keiner von beiden hatte es für nötig erachtet zu erwähnen, dass sie der Schlüssel zu dem berühmten verlorenen Schatz war. Jewel wischte sich die Schweißperlen fort, die sich auf ihrer Stirn gebildet hatten. Gott sei Dank hatte sie ihrem Drang widerstanden, sich jemandem anzuvertrauen, sonst hätte sie die Karte vielleicht an irgendeinen skrupellosen Opportunisten verloren.
    In der Hoffnung, sich davon zu überzeugen, dass Nolan log, blickte sie auf. Sein dunkler, ernster Blick trat eine weitere Lawine von Erinnerungen los: Nolan, wie er sein Schwert in die Scheide schob, nachdem ihn der gezielt geworfene Dolch niedergestreckt hatte. Ihr Vater, der erklärte, warum er den Jungen, den er seinen Protegé nannte, verwundet hatte. Und ihre offenkundige Freundschaft, die vor all diesen Ereignissen zwischen ihnen geherrscht hatte.
    Plötzliche Zweifel drohten, Jewels Traum von ihrem Entkommen vor Latimer zu zerstören, aber sie schob sie beiseite. Wenige Augenblicke zuvor war schon ihr anderer, verzweifelter Wunsch unvermittelt in Erfüllung gegangen, und nichts in der Welt, noch nicht einmal ihre eigenen Bedenken, würde sie dazu bringen, Nolan alleine wieder gehen zu lassen. Sie würde diesem Ort für immer Lebewohl sagen und beides finden – den Schatz und ihren Vater.
    Ein Hauch von Misstrauen huschte über Nolans Gesicht, ehe er seinen Blick wieder auf den Eichentisch heftete. Stille legte sich über die zusammenhanglose Geräuschkulisse in der Taverne.
    Jewel starrte auf die Tische um sie herum. Sie war fest davon überzeugt, dass jemand gehört hatte, wie sie über den Schatz gesprochen hatten. Doch als eine Gruppe von britischen Soldaten dicht an ihr vorüberging, erschreckte diese sie mehr, als es ein unerwünschter Zuhörer jemals vermocht hätte. Der Marineoffizier in seinem blauen Mantel war kein ungewöhnlicher Anblick in der Gastwirtschaft, aber die fünf Soldaten in seiner Begleitung mit ihren roten Umhängen, die sich ihre Musketen samt Bajonett über die Schultern gehängt hatten, konnten nur Ärger bedeuten. Bestimmt waren sie nicht zu einem

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