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Titel: K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McCarthy
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»Chlorodyn?«
    »Nein, Chloroform«, antwortet Learmont. Er spricht deutlich und mit Nachdruck, während er eine Gazemaske aus dem
Koffer nimmt, sie mit dem Schlauch des Inhalationsapparates verbindet und Mrs Karrefax über das Gesicht streift. Sobald er das Ventil am Behälterhals öffnet, entweicht das Gas mit einem lang anhaltenden, ruhigen Zischen und sucht sich einen Weg durch den Segeltuchkorridor zu Nase und Mund. Die Muskeln in Mrs Karrefax‘ Wangen erschlaffen; ihre Pupillen weiten sich. Nach einer halben Minute schließt Learmont das Ventil und zieht die Maske ab. Bald setzt eine weitere Wehe ein; wieder windet sich der Körper der Frau, doch zeigt sich auf ihrem Gesicht kaum noch Schmerz. Ein zweites Mal setzt er ihr die Maske auf, verabreicht erneut Chloroform und sieht, wie sich ihre Züge unter dem Knebel noch ein wenig mehr entspannen, die Pupillen noch etwas erweitern. Als er die Maske wieder abnimmt, murmelt sie: »… un fleuve … un serpent d’eau noir …«
    »Wie bitte?«
    »Ein samtener Vorhang«, antwortet sie. »Wie schwarzer Samt… der über eine Kamera fällt …«
    »Das ist das Chloroform.«
    »… eine Kamera«, sagt sie, »die ins Dunkel schaut… Da ist ein Fluss mit einer Wasserschlange, die auf mich zuschwimmt … Noch mehr.« Ihre Hand lässt die des Dienstmädchens los und deutet auf den Behälter.
    »Ich will nicht, dass Sie das Bewusstsein verlieren«, sagt Dr. Learmont. »Ich lasse Sie …«
    »Sophie!«, entfährt es Maureen. Learmont folgt ihrem Blick zur Tür, in der das Kind steht und ihnen zusieht. Maureen geht zu der Kleinen, stellt sich vor sie und versperrt ihr so den Blick ins Zimmer. »Du solltest nicht hier sein!«, schimpft sie, beruhigt sich aber gleich wieder, nimmt die Kleine auf den Arm und sagt: »Komm, wir gehen und helfen Frieda beim Geburtskuchen.« Während Learmont hört, wie sie mit schwerem Schritt die Treppe hinabgeht, erfasst Mrs Karrefax eine
weitere Wehe. Er entnimmt seinem Koffer ein Fläschchen Karbolsäure und sagt dem am Bett sitzenden Dienstmädchen, es solle ihm Olivenöl holen.
    »Olivenöl, Sir?«, wiederholt sie.
    »Ja«, antwortet er und krempelt die Ärmel auf. »Jetzt dauert es nicht mehr lang.«
    Doch es sollte noch lang dauern, den ganzen Nachmittag und länger. Zweimal verlässt er das Zimmer: einmal, um sich die Beine zu vertreten, wobei er durch die Flurfenster Mr Karrefax und Mr Dean sieht, wie sie Kupferrollen und Flaschenkisten durch den ummauerten Garten zu den Ställen tragen; ein zweites Mal, um einige Klappbrote zu essen, die das Dienstmädchen für ihn zubereitet hat. Er verabreicht noch mehr Chloroform und hört trotz des Zischens, wie Mr Deans Einspänner über den Kiesweg rumpelt und davonfährt. Die Wehen dauern an; Mrs Karrefax versinkt immer wieder in Halbschlaf. Die Dämmerung wird zum Abend, dann zur Nacht.
    Die letzten Presswehen kommen um halb drei. Das Dienstmädchen hält Mrs Karrefax an den Schultern fest, und Mrs Karrefax klammert sich ans Bettlaken, als endlich der Kopf des Babys zwischen ihren Beinen auftaucht – genau genommen ist er nur undeutlich unter einem schimmernden Plasmafilm zu erkennen, einer Hautmembran. Learmont hat von diesem Phänomen gehört, es aber nie zuvor gesehen. Das Baby trägt eine Glückskappe. Die Fruchtblase umschließt den ganzen Kopf mit einer silbrigen Haube. Kaum ist das Kind draußen, entfernt Learmont die Kappe, krempelt sie vom Hals aufwärts nach oben und streift sie ab. Dann wäscht er den grünroten Schleim fort, der den restlichen Körper bedeckt, klemmt die Nabelschnur ab, durchtrennt sie, wickelt das Baby in ein Tuch und reicht den Kleinen der Mutter.
    »Ein Junge«, sagt er. »Jetzt müssen wir uns noch um die Nachgeburt kümmern.«

    Er zieht Epithemalodine auf eine Spritze auf, nimmt dann der Mutter das Baby ab und legt es in die Hände des Dienstmädchens. Das Baby beginnt zu weinen.
    »Das hier wird ein bisschen wehtun«, sagt Learmont und pocht die Luftblasen fort, legt der Mutter wieder die Gazemaske an, dreht erneut das Chloroform auf und spritzt ihr dann das Epithemalodine in die Vaginallippen. Sie zuckt zusammen, krümmt sich, entspannt sich aber gleich wieder. Kurz darauf kommt die Nachgeburt. Learmont dreht das Ventil zu, blickt der Frau ins vermummte Gesicht und sagt: »Ich entsorg das hier – falls Sie es nicht vergrabenmöchten. Einige Leute wollen das. Manche braten es sogar, um es dann zu essen. Und die Kappe soll so etwas wie ein Glücksbringer

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