Kabal: Gesamtausgabe der Order of Burning Blood Trilogie Band I bis III (German Edition)
Keller des Weingutes. Sie überlegte genau, wann und wie sie die knarrende Treppe hinabschlich und was sie dort unternahm.
»Halt doch mal still! Du bist furchtbar nervös«, sagte Jaosti und legte endlich den Kajalstift beiseite.
Sie hielt Seraphia einen kleinen Spiegel hin.
»Verdammt. Ich seh gar nicht so übel aus.«
»Gar nicht so übel? Herrje!«, sagte ihre Freundin und verdrehte genervt die Augen. »Du siehst umwerfend aus! Wenn Iskar dich nicht haben will, ist er ein Idiot.«
»Er ist ein Idiot und er will mich trotzdem. Weißt du, was er mich gefragt hat? Ob ich nackt in seinem Bett lag, um dort irgendwas zu machen, bei dem er gerne zugesehen hätte. Der spinnt doch!«
»Und?«
»Und was?«
»Hast du?«
Sie starrte Jaosti mit offenem Mund an. »Ich habe geschlafen! Wie kommst du überhaupt auf sowas?«
»Hm, ich erinnere mich an letztes Jahr, als du so betrunken warst, dass ...«
Seraphia räusperte sich laut.
Jaosti grinste.
»Wir reden nicht darüber!«
Ihre Freundin verdrehte ihre Augen.
Seraphia hob ihre nackten Füße an. »Hilf mir lieber, ein paar Schuhe zu finden. Ich habe nur noch alte Treter.«
»Warte!«, sagte Jaosti und kramte in ihrer Truhe herum. Sie holte ein paar schwarzer Sandalen hervor, die mit langen Bändern um die Waden gewickelt wurden. Ein kleiner Absatz war unter dem Hacken angesetzt.
»Wo hast du denn diese schicken Dinger her?«
»Ein Geschenk von meiner Tante. Pass bloß gut drauf auf, sonst zieh ich dir das Fell über die Ohren!«
Seraphia brummte eine Erwiderung und starrte aus dem Fenster. »Es ist schon dunkel! Ich muss endlich los!«
»Warte! Hier, nimm diesen dunklen Umhang, der passt gut dazu!«
»Danke!«
»Pass bloß auf dich auf!«
Seraphia hauchte ihr einen Kuss auf die Wange, drehte sich um und eilte gleich darauf zum Fahrstuhl. Sie ging hinein und marschierte unruhig darin auf und ab, rief sich nochmals ihren Plan ins Gedächtnis, während der Gitterkorb klappernd und ratternd langsam in die Tiefe hinabglitt. Plötzlich sah sie eine Silhouette außerhalb der Kabine vorbeigleiten - beunruhigt trat sie sofort ans Gitter und erkannte im Schein der Fackel, wie die Äbtissin auf den Boden fiel, der hundert Schritt unter dem Kloster lag.
Wie hat sie das gemacht? Unglaublich! Mit so einer Rückendeckung muss ich keine Angst haben.
Cendrine lief die Treppen hinab und war plötzlich verschwunden.
Augenblicke später hielt die Kabine hielt auf dem Boden an und Seraphia eilte in die Ortschaft. Nebel fiel jetzt in feuchten Schwaden ins Tal hinab, ein Geruch von Kaminfeuer und nassem Laub mit sich tragend. Heute hatte kaum jemand Licht in den Straßen gemacht und sie war froh, als sie das hell erleuchtete Weingut erreichte. Ein Diener erwartete sie am Tor und geleitete sie hinein. Der Speisesaal war ein großer Raum mit holzvertäfelter Decke, Wandmalereien und einem mehr als stattlichen Kamin, der sein Licht und seine Wärme in den ganzen Saal verteilte. Kerzen brannten in Dutzenden Leuchtern und demonstrierten einmal mehr, welch verschwenderischen Luxus sich die Senaas leisten konnten.
Seraphia wurde nervös, als sie die zahlreichen Leute erblickte, die anwesend waren. Iskar sah sie in den Saal kommen und öffnete den Mund für einen Augenblick. Sein Gesichtsausdruck war göttlich. Er biss sich unruhig auf die Unterlippe und lächelte dann mit glitzernden Augen.
Oh verdammt. Daran habe ich überhaupt nicht gedacht. Er wird meine Aufmachung völlig falsch verstehen.
Iskar erwartete sie mit aufgerissenen Augen und lachte sie nervös an. »Du siehst fantastisch aus! Ich freue mich, dass du gekommen bist.«
Als ob das meine Idee gewesen wäre. Armer Iskar. Er hat sich richtig herausgeputzt. Ich muss zugeben, er hat seine Qualitäten. Aber das habe ich schon im Badehaus gedacht ... verflucht! Ich muss bei meiner Aufgabe bleiben!
»Sei nicht nervös, du bist hier sehr willkommen!«, sagte er und ergriff Seraphias Hand, um sie zu ihrem Platz zu führen. Minoskus sah es und lächelte zufrieden. Iskars Mutter war zurückhaltender, aber nickte ihr höflich zu.
Hervorragend. Einfach nur toll. Das kann ja heiter werden. Hoffentlich ist das Essen bald vorbei.
Der lange Tisch war pompös gedeckt, der Apfel im Maul des Spanferkels sogar kandiert. Seraphia zählte mehr als zwanzig Gäste, darunter auch eine Vertreterin des Ordens, ein Hauptmann der örtlichen Mikarianer, der jedoch kein Zentaur war, und etliche Männer und Frauen, die aus fernen Gefilden
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