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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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Abstraktes für uns war, wussten wir zumindest, wo die beiden Endpunkte waren, auch wenn wir den Aufbau des Ganzen nicht durchschauten.«
    Das leuchtete mir einigermaßen ein. Die Welt ist real: London ist London, New York ist New York, und die beiden haben sich in der Regel viel zu sagen. Aber ich hing noch an einer scheinbar einfachen Frage: Wofür standen all diese Linien ganz konkret? Und wo genau verliefen sie? Wenn TeleGeography recht damit hatte, dass das Internet ein Netz war, das einzelne Punkte miteinander verband, was und wo waren dann die Punkte?
    Was die Analysten von TeleGeography betrifft, so laufen sie keineswegs mit Navigationssystem und Skizzenblock in der Gegend herum. Sie schließen auch keine Sensoren an das Internet an, um die Geschwindigkeit der vorbeirauschenden Bits zu messen, wie bei einem Wasserzähler. Ihre Methode ist ziemlich altmodisch: Sie verteilen einen schlichten Fragebogen an die Manager von Telekommunikationsfirmen und versprechen ihnen, die Informationen vertraulich zu behandeln und ihnen die Ergebnisse zugänglich zu machen. Außerdem befragt TeleGeography das Internet selbst.
    Damit ich sah, wie das funktioniert, führte mich Krisetya zum perfekt aufgeräumten Schreibtisch seiner jungen Kollegin Bonnie Crouch, die für TeleGeography Daten über Asien sammelt und auswertet. Der diplomatische Teil der Arbeit war abgeschlossen, die Informationen den Telekommunikationsunternehmen durch gutes Zureden abgerungen, die Antworten in der Datenbank von TeleGeography gespeichert. Die Aufgabe von Bonnie Crouch bestand nun darin, die Richtigkeit der Angaben zu bestätigen, indem sie diese mit dem tatsächlichen Internettraffic abglich. Kartographen sprechen von der »Ground Truth« und meinen damit persönliche Messungen vor Ort, mit denen Daten überprüft werden, die durch »Fernerkundung« gewonnen wurden – was sich in der Kartographie von heute meist auf Luftbilder und Satellitenaufnahmen bezieht. Bei TeleGeography hat man eine eigene Methode, um der »Ground Truth« auf die Spur zu kommen.
    Wenn ich in meinem Internetbrowser eine Adresse eingebe, löst das eine Vielzahl kleiner Prozesse aus. Aber grob gesprochen fordere ich einen weit entfernten Computer auf, einem anderen Computer (nämlich dem vor meiner Nase) bestimmte Informationen zu schicken. Beim Surfen im Internet heißt das in der Regel, dass als Antwort auf einen kurzen Befehl – »Schick mir den Blogeintrag XY « – meist ein sehr viel umfangreicherer Fund zurückkommt, der Blogeintrag. Zusammen mit der Internetadresse (wie zum Beispiel www.mapgeeks.com) wird ein selbstadressierter Rückumschlag versendet, der die Anleitung für die Verbindung zwischen zwei Computern enthält. Jedes »Datenpaket«, das über das Internet verschickt wird, trägt ein Etikett, auf dem das Ziel vermerkt ist, die sogenannte IP -Adresse. Diese Adressen werden von der Internet Assigned Numbers Authority ( IANA ) vergeben und sind nach »Präfixen« gruppiert, die mit Postleitzahlenbereichen vergleichbar sind. Die genaue Route wird dagegen von niemandem vorgegeben. Vielmehr gibt jeder Router bekannt, welche Computer und Router über ihn erreichbar sind, in etwa so, als würde der Router ein Schild mit der Aufschrift »Für diesen Bereich des Internets hier entlang« aufstellen. Diese Bekanntmachungen werden von Router zu Router weitergesagt wie Klatschgeschichten. Der Router von Jon Auer in Milwaukee ist zum Beispiel das Tor zu seinen 25 000 Kunden, die zu lediglich vier Präfixen zusammengefasst sind. Dieser Router macht sich bei seinen zwei Nachbarn bemerkbar, den Routern von Cogent und Time Warner. Die beiden machen sich eine Notiz und geben die Info weiter an ihre jeweiligen Nachbarn – und das geht immer so weiter, bis jeder Router des Internets weiß, wer wo erreichbar ist. Die gesamte Liste aller Adressen bezeichnet man als »Routingtabelle«. Ende 2010 umfasste sie fast 400 000 Einträge, Tendenz steigend. Das Ganze wird in der Regel im Arbeitsspeicher eines Routers gespeichert, während das Betriebssystem auf einer Speicherkarte abgelegt ist, wie sie auch in Digitalkameras zum Einsatz kommt. Auer kauft seine Speicherkarten im Drogeriemarkt an der Ecke, wenn sie gerade im Sonderangebot sind.
    Über zwei Dinge war ich überrascht. Erstens, dass IP -Adressen per definitionem allgemein bekannt sind; wer im Internet ist, will gefunden werden. Zweitens, dass das »Ausschildern« von Routen reine Vertrauenssache ist. Die IANA vergibt die

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