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Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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aus, warf die Zeitung auf den Altpapierhaufen, wischte die Müdigkeit beiseite, packte ihre Badesachen zusammen und verließ das Haus.
    So früh morgens lag das Hainbad fast verwaist da. Katinka suchte sich einen Platz nah am Fluss. Noch behielt sie ihren Pullover an, aber die Sonnenstrahlen neckten und lockten und nährten die Hoffnung, dass das Wetter bald sommerlicher und wärmer würde.
    Sie hatte sich ein Buch mitgenommen, konnte sich jedoch auf die Figuren in den Erzählungen nicht konzentrieren. Sie sah wieder das eingetrocknete Ketchup auf der Karosserie und den schön geformten Griff des Schwertes vor sich, den glatten Schnitt im Dach des Cabrios. Entnervt legte sie das Buch mit den Seiten nach unten auf ihre Isomatte, rollte sich auf den Bauch und sah den wenigen Eisenbereiften zu, die sich in das braune, kalte Flusswasser wagten.
    Die Käfermorde strahlten etwas Beklemmendes aus. Es kam ihr vor, als reflektierte in ihnen Bösartigkeit und Heimtücke, etwas, das noch nicht ins Sichtfeld gekrochen war, aber nur darauf lauerte, bei passender Gelegenheit sein brutales Gesicht zu zeigen. Wer ein Auto rituell ›ermordete‹, ging der unter Umständen auch auf Menschen los? Sollte das Ganze ein Vorspann sein? Eine aufwendige Warnung mit scharfen Umrissen, direkter und angsteinflößender als ein Drohbrief? Katinka fragte sich, warum der Täter Käfer gewählt hatte. Warum Cabrios. Vermutlich, weil das Schwert besser ins Dach eindrang.
    »Youngtimer«, murmelte sie vor sich hin. »Käfer. Wagen fürs Volk. Papas Autogeneration. Samurai-Schwert. Ketchup. Zwei Leichen pro Woche.«
    »Katinka?«
    Sie schrak zusammen, wälzte sich auf die Seite und richtete sich auf. Vor ihrer Matte stand eine Frau ihres Alters, mit unsicherem Gesichtsausdruck und schwarzen, zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haaren.
    »Helfen Sie mir mal auf die Sprünge?« Katinka stand auf und wischte sich die Hände an den Shorts ab.
    »Es wird ein Satz reichen, damit du mich erkennst«, sagte sie. »Oder schau meine Hände an. Solche Schwielen findest du nicht häufig, nicht bei einer Frau.«
    »Dani!« Der unverwechselbare, weiche Wiener Akzent, Klang ihrer Kindheit, schmeichelte Katinkas Ohren. »Hat’s dich mal wieder nach Franken verschlagen? Warum hast du nicht angerufen!«
    Sie fielen einander um den Hals. Katinka konnte es kaum glauben: Ihre alte Freundin aus Kindertagen, Dani Zanini, wie Katinka selbst gebürtige Wienerin, stand vor ihr.
    »Letztes Mal hattest du aber blonde Haare«, grinste Katinka.
    »Walnussbraun«, verbesserte Dani. »Ich probiere ab und zu mal was anderes aus. Jetzt habe ich meiner Naturfarbe ein wenig die Hand gereicht. Und du hattest längere Haare.«
    Katinka fuhr sich durch den braunen Haarschopf. »Die Länge ist eine Sache des Lebensgefühls«, sagte sie. »Je kürzer, desto frischer.«
    »Du bist also absolut gut drauf«, stellte Dani lachend fest. »Stehen dir gut, die Fransen.«
    »Bist du zum Schwimmen hergekommen?«, fragte Katinka.
    »Und du bist hergekommen, um mit den Flussgeistern zu verhandeln? Oder warum sprichst du mit dir selbst!«
    Katinka lachte. »Das kommt später. Erzähl du zuerst.«
    Dani warf ihre Sachen auf das Gras. Sie rollte eine Bastmatte aus, schlüpfte aus ihrem Kleid und machte es sich im knappen Bikini auf ihrer Unterlage bequem. Ungeduldig setzte Katinka sich wieder hin. Gedankenfetzen wirbelten durch ihren Kopf. Dani, die schöne, erfolgreiche Dani.
    »Bist du Bildhauerin geblieben?«, fragte sie, immer noch atemlos vor Überraschung. Beim Anblick von Danis perfekten Formen erinnerte sie sich wieder, wie Dani während ihrer Studienzeit Katinka als Aktmodell gewonnen hatte. Beide mussten sich in jenem Januar erst ein wenig Mut antrinken, bevor sie in einer Werkstatt des Lehrstuhls für Kunstpädagogik an die Arbeit gegangen waren. Eine halbe Flasche Cognac war draufgegangen, und sie hatten gekichert wie die Teenager. Die fertige Plastik hatte Dani nie zum Verkauf gegeben. Katinka besaß sogar ein Foto von ihrem Ebenbild aus Speckstein.
    Dani ölte ihre Beine mit Sonnenschutz ein.
    »Weißt du noch, deine Plastik? Damals war ich ein paar Wochen in Bamberg, weil ich ein Seminar über Bildhauerei an der Uni gegeben habe. Jedenfalls, die nackte Katinka, die steht in meinem neuen, eigenen Haus.«
    »Ich habe eben auch dran gedacht. Aber wieso eigenes Haus?«
    »Das ist der Grund meines Besuches in Bamberg«, sagte Dani und lächelte sybillinisch. »Soll ich von Anfang an erzählen?

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