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Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Oder holen wir uns erst einen Kaffee!«
    »Den Kaffee hole ich«, sagte Katinka. Danis Vorbereitungen dauerten ihr entschieden zu lange.
    Als sie wenige Minuten später wieder zurück war, hatte Dani sich wie hingegossen auf ihrer Matte platziert. Ihre kräftigen Armmuskeln standen in eigentümlichem Gegensatz zu ihrem grazilen, schlanken Körper. Katinka wusste, dass Bildhauer unter großem Körpereinsatz arbeiteten. Dani sah man die Kraft an.
    Katinka stellte die Tassen ab.
    »Schieß los.«
    Träge griff Dani nach der Kaffeetasse und nahm einen Schluck.
    »Hm, feines Stöffchen. Also. Eigentlich bin ich die letzten Jahre so durch die Welt getingelt. Du hast meine Mails wohl bekommen.«
    »Eine pro Jahr, wenn’s hoch kommt«, lachte Katin-
    ka. »Außerdem waren das Massenmails, so eine Art detaillierter Lebensbericht für circa hundert Freunde in aller Welt.«
    »Du hast schon recht, das ist nicht die feine Art. Aber ich hatte wenig Zeit. Ich war in Berlin, in Kiew, in Warschau. Seit meine Eltern gestorben sind, hat es mich nicht mehr in Wien gehalten. Ich habe Ausstellungen meiner Plastiken gemacht. Es ging immer um das Thema ›Frau‹. Ich bin keine erklärte Feministin, aber für Frauenthemen kriegst du in der Kunst überall Förderungen.«
    »Klingt spannend.« Katinka nippte an ihrem Kaffee und verbrannte sich prompt die Lippen. Sie wusste, dass Danis Eltern vor vier Jahren bei einem Fährunfall im Mittelmeer umgekommen waren. Gänsehaut kroch über ihre Schultern, wenn sie an Danis lange Trauerzeit dachte und an die Krisen, die sie der Reihe nach durchmachte, ohne Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Umso besser, dass sie mittlerweile in ihrem Beruf Erfüllung gefunden hatte.
    »Inzwischen wurden mir ziemlich viele Stücke weggekauft. Ich habe echt viel Geld verdient, also fragte ich mich, ob ich eine teure Studienreise nach Vietnam mache, wo ich schon immer mal hinwollte, oder ob ich in meine berufliche Zukunft investiere.«
    Dani räkelte sich und blickte auf den Fluss.
    »Sag bloß, die schwimmen da drin. Der Fluss muss ja voller Wasserratten sein.« Sie warf einen zweifelnden Blick auf die wenigen Badenden, die sich in der braunen Strömung treiben ließen.
    »Und Bisamratten«, sagte Katinka ernsthaft.
    Dani nickte anerkennend.
    »Tolle Fauna, die ihr hier habt. Also: Ich habe mich für meine berufliche Zukunft entschieden. Meine Investition ging von der Überlegung aus, dass ich ein neues Konzept für zukünftige Ausstellungen brauchte. Die nächste findet im Oktober in Straßburg statt. Immer nur im Frauenbrei rumrühren, das ist nichts für mich. Und nach langem Überlegen habe ich mein Motto gefunden.«
    Katinka reagierte nicht. Dani käme schneller ohne Zwischenfragen zum Thema.
    »Ich packe das Frauenfähnlein ein und konzentriere mich auf Mensch und Natur. Doziere ich dir zuviel?«
    »Keineswegs.« Katinka unterdrückte ein Grinsen.
    »Ich verbinde in meinen Skulpturen Mensch und Natur. Der Mensch geht in Muster, Konturen und Formen aus der Natur über. Kannst du dir eine Vorstellung machen? Sag schon!«
    »Nein. Gib mir ein Beispiel.«
    »Ein Menschentorso. Die Schultern werden ganz allmählich zu Flügeln eines Schmetterlings. Alles Überflüssige wird weggelassen. Das meiste ist überflüssig. Nur der Kern, das lebende Innere der Form, wird dargestellt.«
    Katinka tat so, als habe sie eine ungefähre Vorstellung.
    »Das Motto heißt: ›Mensch – Kontur – Natur‹. Ich habe drei Prototypen geschaffen, zwei aus Gips, eine aus Holz, alles eingeschickt und bin vom Straßburger Kunstverein genommen worden. Sie waren regelrecht enthusiastisch. Brrr.« Sie zog fröstelnd die Schultern hoch. »Doch noch ein bisschen kalt fürs Ganzkörper-Sonnenbad.«
    »Ein toller Erfolg. Aber wo kommt Bamberg ins Spiel, und was ist das für ein Haus?« Katinka krempelte schaudernd die Ärmel ihres Pullovers wieder herunter. Wie Dani im Bikini herumsitzen konnte, war ihr völlig unverständlich.
    »Du bist immer noch so neugierig und ungeduldig wie früher«, lächelte Dani und genoss es sichtlich, Katinka auf die Folter zu spannen. »Deswegen hast du dir auch einen neuen Beruf gesucht, richtig? Wegen der Neugier.«
    »Erzähl du mir deins, dann erzähl’ ich dir meins«, sagte Katinka beherrscht. Sie mochte es nicht, wenn man ihr Neugier als Motivation für die Tätigkeit als Privatdetektivin vorwarf. Das war fast so schlimm wie die Bezeichnung ›Schnüffelnase‹ und hatte mit ihrem Beruf überhaupt nichts

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