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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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erfuhr. Magnús musste erwähnt haben, dass ich Bescheid wusste. Ich hielt es aber für richtig, dass sie es von ihm selbst hörte. Leonóra konnte sehr hart und nachtragend sein. Auch nach all diesen Jahren war es, als hätte ich sie betrogen. Als sie starb … Ich habe mich einfach nicht getraut, zur Beerdigung zu gehen. Ich bereue es jetzt. Wegen María.«
    »Hast du jemals mit María über den Unfall gesprochen?«
    »Nein.«
    »Kannst du mir sagen, mit welcher anderen Frau Magnús sich eingelassen hatte?«
    Kristín trank wieder einen Schluck Aquavit. »Spielt das eine Rolle?«, fragte sie.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Erlendur.
    »Ich glaube, das war wohl auch ein Grund dafür, weshalb Magnús es so lange hinausgezögert hat. Wer diese Frau war.«
    »Inwiefern?«
    »Die Frau, mit der Magnús fremdging, war eine sehr enge Freundin von Leonóra.«
    »Ich verstehe.«
    »Sie hat nie wieder ein Wort mit ihr gesprochen.«
    »Hast du irgendwann einmal diese Sache mit dem Unfall in Verbindung gebracht?«
    Kristín sah Erlendur ernst an. »Nein. Was meinst du damit?«
    »Ich …«
    »Weshalb befasst du dich jetzt wieder mit diesem Unfall?«
    »Ich habe gehört, dass …«
    »Hat sich im Zusammenhang mit Marías Tod etwas herausgestellt?«
    »Nein«, antwortete Erlendur.
    »Aber María hat einer Freundin erzählt, dass Magnús vielleicht sterben musste?«
    »Ja.«
    »Ich habe das, was da am See geschah, immer als einen schrecklichen Unfall betrachtet. Es wäre mir nie eingefallen, dass es sich um etwas anderes gehandelt haben könnte.«
    »Aber …?«
    »Nein, kein Aber. Es ist zu spät, um daran zu rühren.«
    Die Taxizentrale befand sich im Stadtzentrum in einem niedrigen Haus, das schon einmal bessere Tage gesehen hatte. Es war früher ein Versammlungssaal gewesen, zu den Zeiten, als junge Männer Brillantine verwendeten, um sich eine Tolle zu verpassen, und ihre Freundinnen sich die Haare toupierten und brandneue Rockmusik aus Amerika die jungen Leute aus dem Häuschen brachte. Um das Haus war es schon lange stiller geworden. In der einen Hälfte war jetzt eine Taxizentrale untergebracht, in der es im Augenblick friedlich und ruhig zuging. Zwei ältere Männer spielten Rommé. Der bräunliche Linoleumbelag auf dem Fußboden war verschlissen, der glänzende weiße Lack an den Wänden hatte schon längst vor dem Schmutz kapituliert, und das Duftbäumchen, das imstande gewesen wäre, den muffigen Geruch aus dem Boden und den Wänden zu überdecken, war noch nicht erfunden. Beim Eintreten fühlte man sich um fünfzig Jahre zurückversetzt. Erlendur genoss das. Er hielt einen Augenblick mitten im Raum inne und ließ den Geist dieses Hauses auf sich einwirken.
    Die Frau an der Telefonschaltanlage blickte auf, und als sie sah, dass die Romméspieler sich nicht stören ließen, fragte sie, ob er ein Taxi bräuchte. Erlendur ging zu ihr hinüber und erkundigte sich nach einem der Fahrer, Elmar.
    »Elmar auf Nummer zweiunddreißig?«, sagte die Frau, die wohl ungefähr um die gleiche Zeit wie das Haus in der Blüte ihres Lebens gestanden hatte.
    »Ja, wahrscheinlich«, sagte Erlendur.
    »Ich weiß, dass er auf dem Weg zur Zentrale ist. Willst du nicht einfach auf ihn warten? Er wird bald da sein. Er isst abends immer hier.«
    »Ja, das wurde mir gesagt«, antwortete Erlendur.
    Er bedankte sich und setzte sich an einen Tisch. Der eine Romméspieler blickte hoch und sah zu ihm herüber. Erlendur nickte ihm zu, erhielt aber keine Reaktion. Die beiden Männer waren völlig vertieft in das Spiel. Erlendur blätterte in einer alten Zeitschrift, als ein Taxifahrer den Raum betrat.
    »Er hat nach dir gefragt«, rief die Frau an der Schaltanlage und deutete auf Erlendur, der aufstand und den Mann begrüßte. Der gab ihm die Hand und sagte, dass er Elmar sei, der Bruder des verschollenen Davið. Er war über fünfzig, ziemlich korpulent und hatte ein rundes Gesicht. Das Haar begann, schütter zu werden, und der Hintern, auf dem er ewig saß, war praktisch nicht mehr vorhanden. Erlendur trug sein Anliegen halblaut vor. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass die Romméspieler die Ohren spitzten.
    »Seid ihr etwa immer noch an dem Fall dran?«, fragte Elmar.
    »Wir wollen ihn endgültig zu den Akten legen«, sagte Erlendur, ohne näher darauf einzugehen.
    »Macht es dir etwas aus, wenn ich das hier esse, während wir uns unterhalten?«, fragte Elmar und setzte sich an den Tisch, der am weitesten von den Romméspielern entfernt

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