Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaeltezone

Kaeltezone

Titel: Kaeltezone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
Vom Netzwerk:
gehabt, aber ich weiß nicht genau, was das besagt.«
    »Er war nicht ganz zurechnungsfähig, wenn ich mich recht erinnere. Groß und stark, aber er hatte einen Verstand wie ein kleines Kind. Ich glaube, er konnte kaum richtig sprechen. Hat nur so dummes Zeug vor sich hin gebrabbelt.«
    »Warum wurde in diesem Fall damals nicht gründlicher ermittelt, Marian?«, fragte Erlendur. »Warum ließ man das einfach so vor sich hindümpeln? Man hätte so viel mehr tun können.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Man hätte auf dem Besitz der Brüder nach ihm suchen sollen. Aber stattdessen hat man ihnen einfach geglaubt, dass der Mann nie dort aufgetaucht ist. Niemand hat irgendwelche Zweifel daran gehabt. Alles lag sonnenklar zutage, und es wurde einfach angenommen, dass der Mann sich umgebracht hatte oder aufs Land gefahren war und wieder in der Stadt auftauchen würde, wenn es ihm passte. Er tauchte aber nie wieder auf, und ich bin mir keineswegs sicher, dass er Selbstmord begangen hat.«
    »Du bist der Ansicht, dass die Brüder ihn umgebracht haben?«
    »Dem würde ich zumindest gern auf den Grund gehen. Der geistig Zurückgebliebene ist tot, aber der andere Bruder lebt in einem Altersheim in Reykjavík. Irgendwie macht er auf mich den Eindruck, als sei ihm ohne weiteres zuzutrauen, wegen einer Lappalie über einen Menschen herzufallen.«
    »Und worin sollte diese Lappalie bestanden haben? Du weißt, dass du nichts in der Hand hast. Der Mann wollte ihnen einen Trecker verkaufen. Sie hatten nicht den geringsten Grund, ihn zu töten.«
    »Ist mir klar«, sagte Erlendur. »Falls sie es getan haben, muss es so gewesen sein, dass bei ihnen auf dem Hof etwas vorgefallen ist, nachdem der Mann zu ihnen gekommen war. Es kam zu einer Kette von Ereignissen, vielleicht aus purem Zufall, was schließlich zum Tod des Mannes führte.«
    »Erlendur, du solltest es besser wissen«, sagte Marian Briem. »Das sind doch reine Hirngespinste. Hör auf mit diesem Unsinn.«
    »Ich weiß, ich habe keinerlei Anhaltspunkte und keine Leiche, und es ist viele Jahre her, aber irgendetwas stimmt da nicht, und ich möchte herausfinden, was.«
    »Es gibt doch immer solche Unstimmigkeiten, Erlendur. Man kann nicht immer alle Posten subsumieren. Dazu ist das Leben etwas zu kompliziert, und das solltest gerade du am besten wissen. Wie soll der Bauer in Mosfellssveit an ein russisches Abhörgerät gekommen sein, um damit den Mann im Kleifarvatn zu versenken?«
    »Ja, das weiß ich, aber die beiden Fälle müssen ja gar nichts miteinander zu tun haben.«
    Marian blickte Erlendur forschend an. Es war ein durchaus bekanntes Phänomen, dass jemand ein derartig brennendes Interesse an einem Fall bekommen konnte und dass er davon völlig gefangen genommen wurde. Marian war es selbst oft so gegangen. Erlendur engagierte sich bei den ernsthafteren Fällen voll und ganz, und er verfügte über eine Sensibilität, die nicht allen gegeben war, was sowohl ein Vorteil als auch ein Fluch sein konnte.
    »Du hast neulich über John Wayne geredet«, sagte Erlendur. »Als wir uns den Western angeschaut haben.«
    »Du hast es also herausgefunden?«
    Erlendur nickte. Er hatte Sigurður Óli gefragt, der sich bestens in Amerika auskannte und über Filmstars Bescheid wusste.
    »Er hieß in Wirklichkeit Marion mit Vornamen«, sagte er. »Stimmt das nicht? Ihr habt also fast den gleichen Namen.«
    »Komisch, findest du nicht?«, sagte Marian. »Weil ich nun mal so bin, wie ich bin.«

Sechsundzwanzig
    Benedikt Jónsson, der ehemalige Inhaber des Landmaschinenimporthandels, nahm Erlendur an der Tür in Empfang. Dieser Besuch konnte erst jetzt stattfinden, weil Benedikt seine Tochter in Dänemark besucht hatte, die in einer Vorstadt von Kopenhagen lebte. Er war gerade erst nach Island zurückgekommen, und ihm war anzumerken, dass er durchaus gerne länger geblieben wäre, weil er sich in Dänemark außerordentlich wohl fühlte.
    Während Benedikt sich über Dänemark ausließ, nickte Erlendur an den Stellen, wo es angebracht zu sein schien. Benedikt war Witwer und schien mit seinem Leben zufrieden zu sein. Er war klein und gedrungen, hatte ein rotes, rundliches und unschuldiges Gesicht und kurze, dickliche Finger. Er lebte allein in einem gepflegten kleinen Einfamilienhaus. Erlendur hatte vor der Garage einen funkelnagelneuen Mercedes-Geländewagen bemerkt. Wahrscheinlich war der ehemalige Firmeninhaber vorausschauend gewesen und hatte für seine alten Tage etwas auf die hohe Kante

Weitere Kostenlose Bücher