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Kaeltezone

Kaeltezone

Titel: Kaeltezone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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sogar zum Verkauf, falls jemand Interesse hat«, sagte Erlendur. »Als das Auto seinerzeit gefunden wurde, fehlte eine Radkappe. Weißt du, was aus dieser Radkappe geworden sein könnte? Hast du da eine Idee?«
    »Was soll denn dieser Blödsinn, Mensch«, sagte Haraldur und sah Erlendur in die Augen. »Ich weiß nichts über diesen Mann. Und was quasselst du da über dieses Auto? Was hat das mit mir zu tun?«
    »Ich hoffe, dass du uns weiterhelfen kannst«, sagte Erlendur. »Solche Autos können bis in alle Ewigkeiten Beweismaterial aufbewahren. Also wenn beispielsweise dieser Mann zu dir auf den Hof gekommen, da ausgestiegen und über den Hofplatz gegangen wäre, würde er wahrscheinlich irgendwas von dort an oder unter den Schuhen gehabt haben, was sich jetzt noch im Auto befände, sogar nach all diesen Jahren. Es braucht nichts Besonderes zu sein. Ein Sandkörnchen reicht, wenn es derselbe Sand ist wie bei dir auf dem Hofplatz. Verstehst du, was ich meine?«
    Der alte Mann starrte auf den Boden und gab keine Antwort.
    »Steht das Haus noch?«, fragte Erlendur.
    »Halt die Klappe«, sagte Haraldur.
    Erlendur blickte sich im Zimmer um. Er wusste kaum etwas über diesen Mann, der vor ihm auf der Bettkante saß, außer dass er unangenehm und grob war und dass es in seinem Zimmer stank. Er las Einar Benediktsson, aber Erlendur dachte im Stillen, dass er wohl äußerst selten in seinem Leben die Worte des Dichters beherzigt hatte: Mit einem Lächeln wandelt Dunkel sich in lichten Tag.
    »Hast du dort allein auf dem Hof gelebt?«
    »Hau ab, sage ich!«
    »Hast du eine Wirtschafterin gehabt?«
    »Wir waren zu zweit, mein Bruder und ich. Jói ist tot. Lass mich in Ruhe.«
    »Jói?« Erlendur konnte sich nicht erinnern, dass in den Polizeiprotokollen außer Haraldur noch jemand anderes erwähnt worden war. »Wer war das?«
    »Mein Bruder Jóhann«, sagte Haraldur. »Er ist vor zwanzig Jahren gestorben. Mach, dass du rauskommst. Himmelherrgott nochmal, verschwinde jetzt endlich und lass mich in Ruhe!«

Siebzehn
    Er öffnete den Karton mit den Briefen und nahm einen nach dem anderen heraus. Bei einigen überflog er nur den Absender, andere nahm er aus dem Umschlag und las sie langsam durch. Er hatte die Briefe jahrelang nicht angeschaut. Es waren Briefe von zu Hause, von seinen Eltern, seiner Schwester und den Kameraden in der Jugendorganisation, die wissen wollten, wie das Leben in Leipzig war. Er konnte sich auch an die Antwortbriefe erinnern, die er ihnen geschickt hatte, in denen er die Stadt beschrieb, den Wiederaufbau und die Einstellung der Menschen, und wie positiv alles war. Er schrieb über die Geschlossenheit in der Arbeiterschaft und die sozialistische Solidarität – all diese klischeehaften Floskeln. Er schrieb nie über die Zweifel, die sich in seinem Inneren zu rühren begannen. Er schrieb nie über Hannes.
    Er grub sich tiefer in den Karton hinein. Da war der Brief von Rut und darunter lag das Schreiben von Hannes.
    Und ganz zuunterst waren die Briefe von Ilonas Eltern.

    In den ersten Wochen und Monaten, in denen sie zusammen waren, dachte er an kaum etwas anderes als an Ilona. Er war immer knapp bei Kasse und lebte äußerst sparsam, aber es gelang ihm, verschiedene Kleinigkeiten aufzutreiben, mit denen er ihr eine Freude machen konnte. Eines Tages, als sein Geburtstag sich näherte, bekam er ein Paket von zu Hause, und darin war auch ein kleines Bändchen mit Gedichten von Jónas Hallgrímsson, das er ihr schenkte. Er sagte ihr, dass es die Werke des Mannes enthielt, der jene schönsten Worte in isländischer Sprache gedichtet hatte. Sie sagte, sie würde sich darauf freuen, Isländisch mit ihm zu lernen, um die Gedichte verstehen zu können. Sie sagte, sie hätte nichts für ihn. Er lächelte kopfschüttelnd. Er hatte ihr nicht gesagt, dass er Geburtstag hatte.
    »Es ist genug, dich zu haben«, sagte er.
    »Na, na«, sagte sie.
    »Was?«
    »Du mit deiner schmutzigen Fantasie.«
    Sie legte das Buch zur Seite, zog ihn aufs Bett und setzte sich rittlings auf ihn. Sie küsste ihn lange und intensiv. Es sollte sich zeigen, dass er noch nie in seinem Leben einen so schönen Geburtstag gehabt hatte.
    In diesem Winter unternahmen Emíl und er viel zusammen, und ihre Freundschaft wurde enger. Er mochte Emíl gern. Aber je länger sie in Leipzig waren, und je besser sie das gesellschaftliche System kennen lernten, desto härter wurde Emíl in seinen sozialistischen Überzeugungen. Trotz der Diskussionen unter den

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