Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaeltezone

Kaeltezone

Titel: Kaeltezone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
Vom Netzwerk:
eine Möglichkeit, dass er mit Kuhscheiße an den Schuhen eingestiegen und weggefahren ist. Ich bin aber eher der Ansicht, dass jemand anderes das gemacht hat. Jemand, der auf dem Hof lebte, jemand, der in einen Streit mit ihm geriet. Jemand, der über ihn herfiel und sich dann ins Auto setzte, um es zum Busbahnhof zu bringen.«
    »Lass mich in Ruhe. Ich weiß nichts von Kuhscheiße.«
    »Ganz bestimmt nicht?«
    »Nein. Hau ab, und bleib mir vom Leib.«
    Erlendur sah auf Haraldur herunter.
    »Da ist nur ein Haken an meiner Theorie«, fuhr er fort.
    »Pah«, ließ Haraldur sich vernehmen.
    »Und zwar die Sache mit dem Busbahnhof.«
    »Was damit?«
    »Da sind zwei Dinge, die nicht zusammengehen.«
    »Es interessiert mich nicht, was du da quasselst. Hau ab!« »Das ist nämlich viel zu genial eingefädelt.«
    »Pah.«
    »Und dazu bist du viel zu blöd.«

    Die Firma, bei der Leopold bis zu seinem Verschwinden gearbeitet hatte, existierte immer noch, war aber jetzt Teil eines großen Autoimportunternehmens. Der ehemalige Besitzer hatte die Firma vor vielen Jahren verkauft. Sein Sohn hatte Erlendur zu verstehen gegeben, dass er sich lange damit abgestrampelt hatte, den Betrieb am Laufen zu halten, aber es sei so hoffnungslos gewesen, dass er ihn schließlich verkaufte, bevor es zum Bankrott kam. Der Sohn war beim Verkauf mit in die neue Firma gewechselt und hatte nun die Abteilung für Bau-und Landmaschinen unter sich. Diese Veränderungen waren vor mehr als zehn Jahren eingetreten. Ein paar der alten Mitarbeiter waren wie er übernommen worden, aber von denen arbeitete niemand mehr in der Firma. Erlendur erfuhr den Namen des früheren Eigentümers – und eines Mannes, der über den insgesamt längsten Zeitraum in der Firma tätig gewesen war, eben auch zu der Zeit, als Leopold dort arbeitete.
    Als Erlendur wieder in seinem Büro war, suchte er im Telefonbuch die Nummern heraus. Er versuchte es bei dem ehemaligen Verkäufer, aber niemand ging an den Apparat. Das Gleiche war der Fall, als er beim früheren Besitzer der Firma anrief.
    Erlendur nahm noch einmal den Hörer auf. Er schaute aus dem Fenster und sah den Sommer auf den Straßen von Reykjavík. Er wusste nicht, warum ihn der Fall des Falcon-Manns nicht losließ. Der Mann hatte bestimmt Selbstmord begangen. Es gab kaum Hinweise, die in eine andere Richtung deuteten, und trotzdem hatte er bereits den Hörer in der Hand und war im Begriff, die Genehmigung zu beantragen, das ehemalige Land der beiden Brüder in einer groß angelegten Suchaktion zu durchkämmen, zu der mindestens fünfzig Polizisten und Angehörige von Rettungsmannschaften benötigt wurden, was wiederum ein gefundenes Fressen für die Medien sein würde.
    Aber es war nicht auszuschließen, dass der Vertreter dieser Lothar war, und es war denkbar, dass er die ganzen Jahre auf dem Grund des Sees gelegen hatte. Vielleicht handelte es sich tatsächlich um ein und denselben Mann?
    Langsam legte er den Hörer wieder auf die Gabel. War er so besessen davon, das spurlose Verschwinden von Menschen aufzuklären, dass er nun weit über das Ziel hinausschoss? In seinem Innersten wusste er, dass es vernünftiger wäre, den Fall Leopold in die Schublade zu packen und da vergammeln zu lassen, genau wie die anderen Vermisstenmeldungen, für die es keine plausible Erklärung gab.
    Das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte, während sich Erlendur diese Gedanken durch den Kopf gehen ließ. Es war Patrick Quinn aus der amerikanischen Botschaft. Sie tauschten ein paar Höflichkeiten aus, aber dann kam der Botschaftsangehörige zur Sache.
    »Ihre Leute haben von uns die Informationen erhalten, die wir damals zur Verfügung stellen konnten«, erklärte Quinn. »Jetzt haben wir aber die Erlaubnis erhalten, diesbezüglich noch etwas weiter zu gehen.«
    »Es sind wohl kaum ›meine Leute‹«, sagte Erlendur und dachte an Elínborg und Sigurður Óli.
    »Yes, whatever«, erwiderte Quinn. »Wenn ich richtig verstanden habe, leiten Sie diese Ermittlung wegen des Skeletts in diesem See. Die beiden waren nicht ganz überzeugt von dem, was ich ihnen über das Verschwinden von Lothar Weiser gesagt habe. Uns lagen Informationen vor, dass er ins Land eingereist, aber nicht wieder ausgereist sei. In meiner Darstellung mag es sich vielleicht auch so angehört haben, als wären sie, wie soll ich mich ausdrücken, nicht besonders zuverlässig. Ich habe noch einmal mit meinem Ministerium in Washington Rücksprache genommen und habe die

Weitere Kostenlose Bücher