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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Mädchen in Rot-Kreuz-Schwesterntracht auf, das ihn schon einige Zeit, am Rand des Tanzparketts stehend, schamlos anstarrte. Um sich seine Probleme aus dem Kopf zu schlagen und sich gleichzeitig schmeicheln zu können, er hätte ihr die Nacht unvergeßlich gemacht, fragte er sie impulsiv:
    «Darf ich Sie zum Tanz auffordern?»
    Seufzend sank sie ihm in die Arme.
    «Sie müssen mich für ganz schrecklich dumm halten», sagte sie, sobald er sie in routinierten Kreisen um das Tanzparkett zu führen begann, «aber - aber ich kann's wirklich kaum glauben.»
    «Was können Sie kaum glauben?»
    «Na, bei all diesen Mädeln an Bord hätt ich nicht einen einzigen Augenblick gedacht, daß Sie mich armseliges kleines Nichts je beachten würden.»
    «Das stimmt durchaus nicht», sagte Shawe-Wilson automatisch und trachtete, ein Gähnen zu unterdrücken. «Was dies betrifft, so habe ich mich, seit wir London verließen, direkt wahnsinnig danach gesehnt, mit Ihnen tanzen zu können. Aber ich mußte selbstverständlich eine jede der Reihe nach drannehmen.»
    «Wirklich? Ist das wahr?» Sie blickte ihn aufgeregt an. «Daß Sie mit mir tanzen wollten, meine ich? Wissen Sie, wovon ich die ganze Zeit geträumt hab? Während der ganzen Reise - schon seit Tilbury - wünschte ich mir, daß Sie irgend etwas zu mir sprächen. Daß Sie mir ein Wort oder ein Lächeln schenkten - sonst nichts. Nicht mehr als das. Wenn Sie gerade an Deck an mir vorübergingen. Und nun... und nun tanzen Sie sogar wirklich mit mir! Ist das nicht wundervoll? »
    «Wo leben Sie in England?» fragte er, da er das Gefühl hatte, es sei besser, das Thema zu wechseln.
    «In Warwickton. Ich möchte wetten, daß Sie den Namen noch nie gehört haben.»
    «O doch», sagte er höflich und inspizierte eingehend über ihre Schulter hinweg andere Mädchen in Sichtweite. «Ist dort nicht ein Schloß oder so was Ähnliches?»
    «Ja, dort leben wir.»
    «Das sagten Sie mir bereits, meine Liebe. In Warwickton.»
    «Nein, ich meine, im Schloß.»
    «Oh, wirklich?» Shawe-Wilson wandte mit einemmal seinen Blick wieder ausschließlich ihrem Gesicht zu.
    «Daddy hat es vergangenes Jahr gekauft. Es steht in der Nähe von seinen ganzen Fabriken und anderen Unternehmungen in Birmingham.»
    «Es ist schrecklich ungeschickt von mir, aber ich habe im Augenblick Ihren Namen ganz vergessen...»
    «Sally heiße ich - Sally Pritchett.»
    «Sie haben doch nicht irgendwie mit den Pritchett-Motoren zu tun...?»
    «Gewiß, Daddy fabriziert eine Menge Autos. Aber daneben auch noch eine Masse anderer Dinge, natürlich.»
    «Ich glaube, ich bin Ihrem Bruder schon begegnet», sagte er, indem er Schritt zu halten versuchte.
    «Aber ich bin doch das einzige Kind! »
    «Und wie geht es Ihren Eltern? »
    Sie seufzte. «Mummy ist jetzt schrecklich arm. Deswegen bring ich sie aus Australien heim.»
    «Und Ihr Vater?»
    «Ach, der liebe arme Daddy! Der Doktor sagt, er kann jeden Augenblick tot umfallen. Na also! Jetzt hat die Musik zu spielen aufgehört! Ist das ein Jammer! Nun müssen Sie wohl gehen?»
    Shawe-Wilson packte sie fest an der Hand. «Sie sollen auch den nächsten Tanz mit mir tanzen, meine Liebe. Und den übernächsten. Und den überübernächsten. Und den überüberübernächsten. Ich hab nicht jede Nacht das Vergnügen, mit der schönsten Frau an Bord zu tanzen.»
    «Schön, sagten Sie?» Sie blickte erstaunt zu ihm empor. «Aber ich bin doch gar nicht wirklich schön.»
    «Für mich», sagte er, «sind Sie die schönste Frau der Welt. Wollen wir uns das Bootsdeck im Mondschein ansehen gehen, ja?»
    Er warf einen Blick auf seine Uhr. Es war bereits elf. Die Charlemagne sollte morgen um Mitternacht Fremantle anlaufen, und er mußte auch noch die Sache mit Mrs. Porteous in Ordnung bringen. Höchste Eile war geboten.

    Ebbs war indessen bei seinem Liebeswerben weniger glücklich. In dieser Nacht war das Bootsdeck von Lampions hell erleuchtet und von Pärchen reichlich besucht, und Ebbs hatte gerade Mrs. Judd in ein schattiges Plätzchen zwischen dem Farbenlager und der Maschinen-raumluke bugsiert und sich einleitend geschneuzt, als Kanonikus Swingle und seine Turnerinnen sie aufstöberten und unter Freudengeheul zu ihrem Tisch beim Tanzparkett zurückschleppten. Seiner Pflichten dem Schiff gegenüber voll bewußt, setzte Ebbs sich folgsam nieder und empfahl den Champagner, während Mrs. Judd verstohlen unter den Papiergirlanden seine Hand streichelte. Nach den Turnerinnen kam ihn eine Reihe

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