Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe
ertappte, wie er mittels seiner glühenden Zigarre Luftballons zerknallte. «Heute nacht gibt's wirklich nur wenige kummervolle Herzen an Bord.»
Doch eins der kummervollen Herzen schlug ängstlich auf der Brücke. Shawe-Wilson lehnte einsam an einem Windfang und blickte grollend gegen den dunklen Bug. Selten tauchte er auf See hier auf, war er doch der Ansicht, daß die stumpfsinnige Alltagsarbeit der Navigation besser den rangjüngeren Offizieren zu überlassen sei; doch nun war dieses Plätzchen seine einzige Zuflucht geworden, das Allerheiligste, das Mrs. Porteous unzugänglich war.
Leise schimpfte er in die sanfte Brise hinein. Er konnte nur sich selbst dafür tadeln, daß er einen so verhängnisvollen Fehler in der Bewertung Mrs. Porteous' begangen hatte. Sie war ihm als eine reife Frau erschienen, die eine Liebesaffäre ebenso leicht starten und stoppen konnte wie den Motor ihres Wagens, und nun hatte sich dieses verdammte Weibsbild in ihn verliebt. Sie folgte ihm an Deck dicht auf den Fersen, schlüpfte des Nachts ungerufen in seine Kabine und tauchte im Schwimmbassin so eifrig nach ihm wie ein Otterhund. Und was noch schlimmer war: nur das Aufbieten seines energischsten Charmes hatte es verhindert, daß sie ihrem Gatten nach Fremantle kabelte, er möge sie nicht erwarten.
«Der Alte ist wohl heute nacht gut versorgt?» sagte Jay aufgeräumt, der in der Tür des Kartenhauses mit einer Schachtel Zigaretten erschien.
Shawe-Wilson brummte etwas.
«Bei Gott, ich wünschte, ich wäre du, Erster», fuhr Jay vergnügt fort. «Dann würd ich nicht hier oben stehn! Keine Angst, das tät ich gewiß nicht! » Shawe-Wilson war bei seinen Untergebenen beliebt, da er viel zu träge war, um sich darum zu kümmern, ob sie ihre Arbeit erledigten oder nicht. «Sobald meine Wache aus ist, geh ich hinunter, mein Tanzbein schwingen. Drauf kannst du Gift nehmen! Was hältst du von meiner Adjustierung?» Er hatte auf sein Nachmittagsschläfchen verzichtet, um sich des elektrischen Bügeleisens der Offiziere bemächtigen zu können, und nun war seine weiße Uniform so messerscharf gebügelt, als wäre sie aus Papier, und alle paar Minuten inspizierte er sie eingehend unter der Lampe des Navigationsraums, ob sie nicht mit Rost- oder Farbflecken verunziert sei.
«Du siehst geradezu imposant aus», sagte Shawe-Wilson beißend.
«Weißt du, Erster», sprach Jay ernsten Tones weiter. «Ich bin froh, daß du heraufgekommen bist. Ich wollte dich nämlich schon um deinen Rat bitten. Du kennst dich gut - na, in den Weibern und so Sachen aus, nicht wahr? Ich mein - na, jedermann weiß davon. Und siehst du-» Er rieb sich langsam die Hände. «Siehst du, Erster, ich hab an Bord ein entzückendes kleines Mädel kennengelernt. Eine richtige Bombe. Aber eine - eine Art vergeistigte Bombe, wenn du verstehst, was ich mein. Sie sitzt am Tisch vom Alten. Annette heißt sie. Ich treff sie jeden Vormittag, wenn ich auf dem Square die Mittagsposition anschlag. Richtig - richtig miteinander gesprochen haben wir zwar noch nicht, weißt du. Vorschriften et cetera. Aber sie ist offenbar ein schrecklich zurückhaltendes Mädel - schrecklich zurückhaltend.»
«Laß dich nie», sagte Shawe-Wilson nachdrücklich, «in irgendeine Weiberaffäre an Bord ein. »
«Aber, Erster -! » Jay starrte ihn verblüfft an. «Ich mein, es gibt doch eine Menge schrecklich netter Frauen an Bord, nein? Ich mein - na, die richtige, anständige Sorte Mädels. Nicht - nicht deine Sorte Weiber, Erster. Ich mein - ich mein ja nicht - na, will sagen, die Sorte Mädels, die ein Bursch - sozusagen liebhaben kann, weißt du? Hast du mitgekriegt, was ich will, Erster?» fragte er verzweifelt. «Was soll ich nun mit Annette anfangen? »
«Gib der kleinen Nutte einen Tritt in den Hintern, daß sie ins Wasser fliegt», sagte Shawe-Wilson.
Da er fühlte, daß er Jays Anwesenheit nicht länger ertragen konnte, stieg er die Leiter hinab, um sich unter die Gesellschaft zu mischen. Er blieb am Rand der Tanzfläche stehen, eine Zigarette im Mund, die Hände in den Hosentaschen, seine Pumps bleischwer von Melancholie. Mrs. Porteous war noch nicht in Sicht; doch er wußte nur zu sicher, daß sie bald an Deck auftauchen und ihm, von Liebesbeteue-rungen übersprudelnd, nachlaufen würde.
«So ein verdammtes Leben! » stöhnte er innerlich. Traurig kam ihm zu Bewußtsein, wie bitter er für seine Hübschheit und seinen Charme büßen mußte.
Beim Umherblicken fiel ihm ein einfaches
Weitere Kostenlose Bücher