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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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hat sich den Tod gewünscht.«
    »Dein Vater ist gestorben?«
    »Vor kurzem«, sage ich. »Vor ganz kurzem.«
    »Warum hat sich dein Vater den Tod gewünscht?«
    Ich hole tief Luft. »Den Grund dafür wusste ich nie. Aber jetzt weiß ich ihn. Seit ich hier bin, begreife ich ihn endlich.«
    »Warum?«
    »Ich glaube, mein Vater hat Sie geliebt. Aber er konnte Sie niemals für sich gewinnen. Das heißt, von Anfang an war er nicht imstande, Sie wirklich zu erreichen. Mein Vater wusste das. Deshalb hat er sich gewünscht zu sterben. Deshalb wollte er, dass ich mich mit Ihnen und meiner Schwester vereinige. Das waren die Prophezeiung und der Fluch, die er mir einprogrammiert hat.«
    Sie stellt die Kaffeetasse, die sie in der Hand hält, auf die Untertasse zurück. Das Klappern klingt sehr neutral. Sie starrt mir direkt von vorne ins Gesicht. Aber sie sieht mich nicht. Sie blickt irgendwohin ins Leere.
    »Habe ich deinen Vater gekannt?«
    Ich schüttle den Kopf. »Es ist, wie gesagt, nur eine Hypothese.«
    Sie legt ihre Hände übereinander auf den Schreibtisch. Immer noch liegt ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen.
    »Deiner Hypothese zufolge wäre ich deine Mutter, nicht wahr?«
    »Ja«, sage ich. »Sie hätten mit meinem Vater zusammengelebt, mich bekommen und mich dann zurückgelassen. In dem Sommer, in dem ich vier wurde.«
    »Nach deiner Hypothese.«
    Ich nicke.
    »Deshalb hast du mich auch gestern gefragt, ob ich Kinder hätte, ja?«
    Ich nicke.
    »Und ich sagte, ich könne darauf nicht antworten. Weder mit Ja noch mit Nein.«
    »Ja.«
    »Und deshalb funktioniert deine Hypothese noch.«
    Abermals nicke ich. »Ja.«
    »Und … wie ist dein Vater gestorben?«
    »Jemand hat ihn getötet.«
    »Du doch sicher nicht?«
    »Nein. Ich habe ihn nicht angerührt. Eigentlich habe ich sogar ein Alibi.«
    »Aber du bist davon nicht ganz überzeugt?«
    Ich schüttle den Kopf. »Nein.«
    Wieder nimmt Frau Saeki einen kleinen Schluck aus ihrer Tasse. Aber sie achtet nicht auf den Geschmack.
    »Warum hat dein Vater diesen Fluch über dich verhängt?«
    »Vielleicht, weil er seinen Willen auf mich übertragen wollte«, sage ich.
    »Also, mich zu begehren?«
    »Ja«, sage ich.
    Frau Saeki schaut in die Tasse, die sie noch in der Hand hält, und hebt dann wieder das Gesicht.
    »Und nun – begehrst du mich?«
    Ich nicke nur einmal und mit Nachdruck. Sie schließt die Augen. Ich starre auf ihre geschlossenen Lider und sehe durch sie hindurch das Dunkel, das sie sieht. Verschiedene seltsame Gebilde tauchen aus ihm auf und verschwinden wieder. Kurz darauf öffnet sie langsam wieder die Augen.
    »Hypothetisch?«
    »Das hat nichts mehr mit der Hypothese zu tun. Dass ich Sie begehre, geht darüber hinaus.«
    »Möchtest du mit mir schlafen?«
    Ich nicke.
    Wie geblendet kneift sie die Augen zusammen. »Hast du schon einmal mit einer Frau geschlafen?«
    Wieder nicke ich und denke, gestern Nacht, mit dir. Aber es kommt mir nicht über die Lippen. Sie erinnert sich an nichts.
    Frau Saeki seufzt ein bisschen. »Kafka, du weißt es ja selbst – du bist fünfzehn, und ich bin über fünfzig.«
    »So simpel ist das nicht. Wir sprechen nicht von der Zeit. Ich kenne Sie mit fünfzehn. Ich habe mich in Sie als Fünfzehnjährige verliebt. Zutiefst. Durch dieses Mädchen liebe ich Sie. Sie schlummert auch jetzt noch in Ihnen. Sie wird immer in Ihnen sein. Und wenn Sie schlafen, beginnt sie sich zu bewegen. Ich habe sie gesehen.«
    Frau Saeki schließt wieder die Augen. Ihre Lider beben ein wenig.
    »Ich liebe Sie, und das ist das Wichtigste. Das sollten Sie wissen, Saeki-san.«
    Sie ringt nach Luft, wie jemand, der vom Meeresgrund auftaucht, und sucht nach Worten. Aber sie findet sie nicht.
    »Kafka, es tut mir leid, aber kannst du bitte gehen? Ich möchte eine Weile allein sein«, sagt sie. »Wenn du hinausgehst, schließ die Tür.«
    Ich nicke und stehe auf, um den Raum zu verlassen. Aber etwas hält mich zurück. In der Tür mache ich wieder kehrt und gehe durch den Raum zu ihr. Ich berühre ihr Haar. Meine Finger berühren ihr kleines Ohr unter ihrem Haar. Ich kann einfach nicht anders. Sie hebt überrascht den Kopf und legt ein wenig verwirrt ihre Hand auf meine.
    »In jedem Fall schießt du mit deiner Hypothese weit über das Ziel hinaus. Das weißt du doch?«
    Ich nicke. »Ich weiß es. Aber die Distanz ist viel kürzer geworden – metaphorisch ausgedrückt.«
    »Aber weder du noch ich sind Metaphern.«
    »Natürlich nicht«, sage ich. »Aber

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