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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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fuhr der junge Mann fort. »Von jetzt an will ich mir immer, wenn irgendwas Unangenehmes passiert, genau überlegen, was du sagen oder machen würdest. Ich glaub, das mach ich. Was meinst du, das ist doch eine ziemlich große Sache, oder? Im Grunde lebt auf diese Weise ein Teil von dir jetzt in mir weiter. Ich gebe zwar kein besonders gutes Gefäß ab, aber immerhin besser als nichts, oder?«
    Freilich war es nur noch Nakatas leere Hülle, mit der er sich da unterhielt. Das Wichtigste von ihm war längst irgendwohin verschwunden. Der junge Mann wusste das.
    »He, Stein«, sprach Hoshino den Stein an und streichelte seine Oberfläche. Der Stein hatte sich wieder in einen gewöhnlichen Stein verwandelt und fühlte sich rau und kühl an.
    »Ich gehe jetzt. Ich fahre nach Nagoya zurück und vertraue dich und Nakata der Polizei an. Eigentlich müsste ich dich ja in deinen Schrein zurückbringen, wenn ich nur nicht so ein schlechtes Gedächtnis hätte. Ich hab keine Ahnung mehr, wo dieser Schrein war. Hoffentlich verzeihst du mir. Bitte, verfluch mich nicht. Ich hab alles nur so gemacht, wie Colonel Sanders es gesagt hat. Also verfluche ihn, wenn du schon jemanden verfluchen musst. Jedenfalls hat es mich gefreut, dich kennen zu lernen, Stein. Dich werd ich auch nicht vergessen.«
    Dann zog der junge Mann seine Nike-Turnschuhe mit den dicken Sohlen an und verließ das Apartment. Die Tür schloss er nicht ab. In der rechten Hand trug er seine Tasche und in der linken den Sack mit dem Kadaver des weißen Dings.
    »Meine Herrschaften«, sagte er und schaute gen Osten zum heller werdenden Himmel. »Zeit für ein Feuerchen.«

49
    Am nächsten Morgen gegen neun Uhr höre ich, wie ein Fahrzeug sich nähert, und trete vor die Tür. Kurz darauf taucht ein kleiner Truck mit hohem Fahrgestell und robusten Reifen auf. Es ist ein Datsun mit Vierradantrieb, der nicht so aussieht, als sei er im letzten halben Jahr gewaschen worden. Auf dem Gepäckträger sind zwei abgenutzte lange Surfbretter befestigt. Der Wagen hält vor der Hütte. Der Motor wird abgeschaltet, in der Umgebung kehrt wieder Ruhe ein, die Tür geht auf, und ein großer Mann steigt aus. Er trägt ein weites, weißes T-Shirt, khakifarbene, knielange Hosen und an den Fersen heruntergetretene Turnschuhe. Auf seinem ölverschmierten T-Shirt steht NO FEAR. Der Mann ist etwa dreißig Jahre alt, breitschultrig, braun gebrannt und hat einen Drei-Tage-Bart. Seine Haare gehen ihm über die Ohren. Ich vermute, dass es sich um Oshimas älteren Bruder handelt, der das Surf-Geschäft in Kochi hat.
    »Hallo«, sagt er.
    Er streckt mir seine große, kräftige Hand entgegen, und wir schütteln uns auf der Veranda die Hände. Ich habe richtig getippt, er ist wirklich Oshimas Bruder. Alle nennen mich Sada, sagt er. Er spricht langsam und bedächtig. An ihm ist nichts Hektisches – als hätte er alle Zeit der Welt.
    »Ich habe einen Anruf aus Takamatsu bekommen. Ich soll dich abholen und zurückbringen«, sagt er. »Dort scheint sich etwas Wichtiges ereignet zu haben.«
    »Etwas Wichtiges?«
    »Ja, aber was, weiß ich nicht.«
    »Tut mir leid, dass Sie extra herkommen mussten.«
    »Das braucht dir nicht leid zu tun«, sagt er. »Kannst du dich gleich fertig machen?«
    »In fünf Minuten bin ich so weit.«
    Während ich mich für den Aufbruch rüste, bringt er pfeifend das Haus in Ordnung. Er schließt das Fenster, zieht die Vorhänge zu, prüft, ob der Gashahn zugedreht ist, sammelt die restlichen Lebensmittel ein und säubert kurz das Waschbecken. Aus jeder seiner Bewegungen spricht seine Vertrautheit mit der Hütte.
    »Mein Bruder scheint dich sehr gern zu haben«, sagt er. »Für die meisten Leute hat er nicht viel übrig. Er ist ein etwas schwieriger Charakter.«
    »Zu mir war er immer sehr freundlich.«
    Sada nickt. »Wenn er will, kann er sehr nett sein«, sagt er knapp.
    Ich klettere auf den Beifahrersitz des Trucks und stelle meinen Rucksack auf den Boden. Sada lässt den Motor an, legt den Gang ein, steckt zuletzt noch einmal den Kopf aus dem Fenster und lässt den Blick langsam und prüfend über die Hütte schweifen. Dann gibt er Gas.
    »Die einzige Gemeinsamkeit zwischen uns ist diese Hütte«, erzählt Sada, während er den Wagen routiniert die Bergpiste hinuntersteuert. »Hin und wieder verbringen wir hier ein paar Tage allein.«
    Er scheint kurz über das, was er gerade gesagt hat, nachzudenken. Erst dann fährt er fort.
    »Dieser Platz hat uns beiden immer viel bedeutet, und

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